"Du willst mich nicht als Schwester. Das verstehe ich.", murmelte ich leise, den Blick geradeaus gerichtet. Coles Kopf schoss ruckartig zu mir und er sagte schnell: "Nein! Natürlich will ich dich als Schwester. Nur, es kam vollkommen unerwartet und ich kenne dich kaum."
Ich blickte ihn von der Seite an: "Du findest es nicht schlimm?"
Cole lachte und meinte dazwischen: "Nein, wie kommst du darauf?"
Etwas beschämt knetete ich meine Hände: "Ich habe jemanden an die Wand geworfen, nur weil er mich wütend gemacht hat."
"Deswegen bist du noch lange keine schlechte Schwester!"
Er lächelte leicht bevor er wieder ernster meinte: "Mum hat nie etwas von einer Schwester gesagt."
"Wieso fragen wir sie nicht? Vielleicht könnten wir... unsere Familie besuchen. Ich würde sie gerne kennenlernen.", schlug ich vor. Eigentlich hatte ich gedacht, er würde das als eine gute Idee empfinden, aber plötzlich wurde er traurig: "Wir haben keine Familie mehr. Sie sind alle tot."
Die Art, wie er das sagte, so traurig und trocken, sagte mir, dass er nicht darüber reden wollte.
Auch wenn ich mich bemühte, ich konnte keine Trauer für jemanden aufbringen, den ich nicht kannte, aber ich hatte Mitleid mit Cole.

Etwas unbeholfen legte ich eine Hand auf seine Schulter, worauf er mich ansah. Ich versuchte aufmunternd zu lächeln und er lächelte schwach zurück.
Vielleicht wird er es mir irgendwann erzählen.
Cole seufzte einmal schwer, bevor er sich räusperte und sagte: "Also, wir sind zum Training hier. Woran denkst du, sollst du arbeiten?"
Ich brauchte nicht lange um zu überlegen: "Kontrolle. Ich möchte mein Element bewusst und gezielt einsetzen können."
Mein Bruder nickte bedächtig und schien zu überlegen, wie wir die Sache angehen sollten. Während er grübelte, schaute ich ihn an. Seine Augen und sein Gesicht unterschieden sich von meinem. Von den Farben mal abgesehen, hatte er ganz andere Züge als ich. Wen ähnelte ich wohl mehr? Unserem Vater, oder unserer Mutter?

Cole hatte eine Idee und riss mich aus meinen Grübeleien: "Ich hätte eine Idee, womit wir anfangen könnten. Wir fangen ganz einfach an." Kurz ging er weg, um ein Blatt vom Busch zu pflücken und kehrte zurück. Er reichte mir das dunkelgrüne Blatt. Etwas verwirrt nahm ich es und zog fragend eine Augenbrauen hoch: "Was soll ich damit?"
"Du sollst es schweben lassen.", erklärte Cole prompt, "schweben nicht wegfegen, zerreißen oder sonst was."
Ich nickte und fragte: "Wie mach ich das?"

Er öffnete seine Handfläche in der mich ein zweites Blatt war. "Du musst wie beim letzten mal mit dem Windpfeil", er warf mir einen vielsagenden Blick zu, "deine Magie spüren und dann einen kleinen Teil in deine Hand lenken." Sein Blatt schwebte einmal und landete dann sanft wieder in seinem Handteller.

Ich nickte einmal und machte mich bereit. So wie er es gesagt hatte, suchte ich nach dem Gefühl der Magie in mir. Dann plötzlich hielt ich inne und blickte zu Cole: "Könntest du vielleicht etwas zurück gehen? Falls ich wieder ausrasten sollte. Ich will dich nicht verletzen." Mein neuer Bruder nickte und trat ein paar Meter zurück.
Als ich mich vergewissert hatte, dass er weit genug weg war, versuchte ich wieder nach meiner Magie zu greifen und schloss zu Hilfe die Augen.
Ich spürte das selbe Kribbeln, was mich erfüllte, wenn ich die Kontrolle verlor, nur war es ruhig und still. Mir war klar, dass wenn ich zu viel davon nahm, ich entweder ausrastete, oder ein Tornado oder so ähnliches passierte. Ehrlichgesagt, fiel es mir schwer nur einen kleinen Teil zu nehmen, es wäre ein so wunderschönes Gefühl alles zu benutzen, aber es ging nicht. Zu gefährlich.

Ruhig und konzentriert atmete ich einmal ein und aus, bevor ich einen winzigen Teil meiner Magie nahm und ihn in meine Hand schickte. Ein angenehmen Kribbeln lief durch meinen Arm, bis in meiner geöffnete Handfläche. Aus ihr kam die Luft und das Blatt flog kurz nach oben. Tanzend landete es wieder auf meinen Handteller.

"Es soll schweben!",rief Cole, "du musst die Magie gleichmäßig in deine Hand fließen lassen."
Ich nickte und versuchte es erneut. Diesmal nahm ich nacheinander kleine Mengen meiner Magie und ließ das Blatt schweben.
Es klappte!
Auch wenn es anstrengend war sich durchgängig zu konzentrieren, dass man nicht zu viel von der Magie nahm, schaffte ich es durchzuhalten. Ein kleines, stolzes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Während ich das Blatt immernoch schweben ließ, kam Cole wieder näher. "Das lief doch gut!", lobte er mich als er bei mir war.

Ich lies das Blatt in meine Hand fallen und hörte auf etwas von meiner Magie abzuzapfen.
Ich habe es geschafft ohne auszurasten!
Cole schickte mir plötzlich sein Blatt ins Gesicht, mit Hilfe seiner Luft natürlich. Es landete genau in der Mitte meiner Stirn. "Hey!", rief ich und wischte es mir runter. Bevor ich allerdings mein Blatt in sein Gesicht fegen konnte, hörte ich ein Geräusch. Als würde jemand einen Kieselstein anstoßen.

Sofort fuhr ich herum und schaute zu den großen Büschen auf der Wiese. Beobachtete uns jemand? Was wenn es Devon war?
Doch zwischen den den dichten grünen Blättern konnte ich nichts erkennen, oder hören.
Cole tippte mich fragend an der Schulter an: "Was ist?" Ich wandte mich wieder Cole zu und murmelte: "Ich dachte, ich hätte was gehört."
Vermutlich hatte ich mir das nur eingebildet.

Lillith das schwarze Element Where stories live. Discover now