Gleichnis 2

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Es zogen Tage vorbei, das Tier umkreiste seine Beute, welche ihre Kehle preisgab und ihn schräg anlächelte. Das Biest wusste welche Gefahren im Dickicht lauerten und brauchte deshalb seine Zeit.

Eine dieser Gefahren war die Sinnestrübung, sie sollte seinen Verstand verunreinen und seine Klauen das Ziel nicht treffen lassen. Auch so traf diese Gefahr die Gejagte. Sie schien zu taumeln immer wenn derjenige, der Skalli gleicht, anhielt um sie genauer zu betrachten, doch lief er weiterhin um sie, so waren ihre Beine voll Mut und Angst zu gleich, keine Bewegung, lediglich das Fließen ihres Blutes.

Die nächste der Gefahren war die Unschuld, welche das umkreiste Wesen, zwar nicht in den Augen, aber in ihrer Seele trug. Er könne ihr diese nicht nehmen, da dieses Geschenk ihr Wesen prägte und nicht wich, obgleich er sie reißen würde und diese Unschuld ihn auf ewig strafen könnte, würde sein Opfer ihre Missgunst auf ihn fallen lassen.

Die nächste Hürde, die vor ihm war, war die der Befangenheit. Das unebene Terrain, ließ ihn wanken. So wie seine Beine schlechten Halt fanden, so war auch sein Geist im Wandel und balancierte zwischen Vernunft und Fessellosigkeit.

Die tückischste aller Fährnisse zeigte sich nur, wenn man wagt den Anderen zu trotzen, die Erkenntnis. Besucht Erkenntnis in solch einem Moment sein eigenes Fleisch, so treibt sie entweder schiere Angst in Mark und Bein oder sie heilt jene Narben, die der Wald bringt. In jedem Fall würde sie ihn für einen Moment angreifbarer machen als jede zärtliche Blume der Weiden.

Und es roch nach Erkenntnis. Überall um ihn roch es so schrecklich danach, fast als würde der Wind Hand in Hand mit ihr tanzen. Sein Durst nach Wissen und sein Willen brachten ihn zu seiner nächsten Tat.

Das Untier sprang in den Kreis der Erkenntnis, der seine Sinne trübte, seine Schuld aufzeigte, seine Sicherheit fordete.

Als seine Fangzähne sein Ziel bereits leicht am Hals berührten und sich langsam in ihr Fleisch bohrten, ließ er ab. Er saß sich ruhig neben seine, vorher noch so klar erkennbare, Beute und sah sie als das was sie wirklich war, als Spiegel seiner Selbst, in anderem Fleisch, von einer anderen Welt.

Gleichnis 2Where stories live. Discover now