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Diese Geschichte entstand im Religionsunterricht. Unser Unterrichtsthema war Leben und Tod.

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Nur 4 Minuten

Wütend und plötzlich beendete Daniel das Gespräch mit seiner Frau und legte auf. Er warf sein Handy achtlos auf seinen tadellos aufgeräumten Schreibtisch. Eine weile verharrte er in genau dieser Position, bevor er sich mit einem Seufzen dem riesigen Panoramafenster zu wandte. Aberhunderte Meter unter ihm wimmelte es von Autos auf den überfüllten Straßen New Yorks und Menschen tummelten sich wie Ameisen in den riesigen Shopping-Meilen. 

Er drehte den Kopf um einige Grad nach links und erblickte die ausladenden Weiten des Central Parks in Manhatten.

Noch immer wütend auf seine Frau rückte er seien Krawatte zurecht und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. 10: 30 Uhr. Noch eine Stunde bis zu dem großen Meeting, für welches er von Deutschland bis nach New York geflogen war.

Daniel lebte hier in einem winzigen Apartment für einen Monat. Seine Firma hatte ihn hier her gebeten um sie bei diesem äußerst wichtigen Meeting zu vertreten und ihre Arbeit zu präsentieren. Es war ein großer Tag für Daniel. Da konnte er keinen Anruf von seiner Frau gebrauchen. Sie wusste, dass dieses Meeting höchstwahrscheinlich ein entscheidender Schritt zu seiner Beförderung sein könnte. Wenn er dieses Meeting, erfolgreich über die Bühne brachte, wartete nicht nur eine Beförderung auf ihn, sondern auch eine dicke Gehaltserhöhung. Denn dann, war er Vorsitzender einer ganzen Abteilung einer riesigen, erfolgreichen Firma.

Er selbst konnte es immer noch nicht glauben. Er hatte sich so angestrengt und endlich würde er dafür belohnt werden. Er hatte Monate, Wochen auf diesen einen Tag hin gearbeitet. Unzählige male Überstunden gemacht, bis tief in die Nacht gearbeitet. Und heute war sein großer Tag.

Ja… heute.

Daniel war sich sicher. Er sah sich schon jetzt seiner Frau und seinen 2 - Nein, 3 Kindern die tolle Nachricht verkünden. Er sah seine Kinder, wie sie sich freuten, seine Frau wie sie ihn lachend vor Glück in die Arme nahm…

Er schüttelte den Kopf, diese Gedanken konnte er ebenso wenig gebrauchen wie sein Lampenfieber. Wieder ein Blick auf die Uhr, diesmal die auf seinem Schreibtisch. 10: 35. Er hatte noch Zeit. Er schenkte sich ein Glas Wasser ein und setzte sich auf den schwarzen Drehstuhl an seinem Schreibtisch. 

Ein Wink mit der Maus und der Bildschirm seines Computers wurde hell.

Ein paar Dokumente und Dateien zierten seinen Computer-Schreibtisch. 

Er warf ein paar Unbrauchbare weg und ordnete die anderen nach Daten und Anlässen in verschiedene Ordner ein.

Dann öffnete er seinen Postkasten. 32 neue Mails. Wieder sortierte er Werbung aus, las ein paar wichtige von seinem Chef und speicherte diese in einem andere Ordner. Noch sieben waren übrig.

Der Absender: Susan Becker. Er warf allesamt ungeöffnet fort. Ein Tippen mit der Maus, alles gelöscht. Daniel hatte kein schlechtes Gewissen dabei. Diese Mails von seiner Frau sahen doch alle gleich aus.

„Wie geht es dir? Wann kommst du wieder? Wir vermissen dich” So hatten sie jedenfalls früher ausgesehen. Mit der Zeit wurden die Nachrichten immer ungeduldiger und am Ende beschimpfte sie ihn nur noch, er sei ja nie da. Nicht mal bei der Geburt seines Jüngsten Sohnes war er dabei. Er war auf Geschäftsreise auf einem anderen Kontinent gewesen. 

Wie er da so saß, schlich ihm die Erinnerung an ihr letztes Gespräch miteinander vor wenigen Minuten in den Sinn. 

Seine Frau hatte ihn angerufen, wollte einfach mal wieder von ihm hören, da er ja die Mails von ihr nicht beantworte, was sie auch sehr deutlich vor brachte. Sie hatte ihm von ihren gemeinsamen Kindern erzählt, wie toll sich Sophie auf dem Gymnasium und Ethan in der Grundschule machte. Und von Josh hatte sie ihm erzählt. Er hatte gerade Krabbeln gelernt und war unheimlich stolz darauf.

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