Eine Flamme im Schatten

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Den Rückweg verbrachten die Vier schweigend, sie alle dachten über die Geschehnisse in der Mine nach, und bildeten sich ihre eigenen Theorien dazu. Gwyne verfluchte sich selbst, so unsorgsam und hitzköpfig gewesen zu sein, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihr Pferd je wiedersehen würde, war äußerst gering. All ihr Gepäck war damit für sie aus der Welt entschwunden.

Als sie nur kurz darauf, etwas die Straße hinunter, bereits ihr Lager für die Nacht aufschlugen, hatte sich ihre Laune kaum gebessert. Zusammen mit Yeren suchte sie trockenes Holz für ein Feuer, während über ihnen langsam die Nacht hereinbrach. Saruil hatte noch etwas Reiseproviant im Gepäck. So mussten sie alle zwar nicht hungern, doch ein gutes Mahl sah anders aus als Nüsse und Brot, welche sie über den Flammen rösteten. Umso schneller sie Mahngrad erreichen würden, desto besser, denn neben ihren Vorräten, leerten sich langsam ihre Wasserbeutel.

So saß sie nun dort, mit dem Rücken gegen einen Baum gelehnt, Kettenhemd, Stiefel und Strümpfe abgestreift, und die nackten Füße gegen das Lagerfeuer gestreckt.

Gegenüber von ihr hatte sich ihr elfischer Gefährte bereits in seinen Schlafsack gelegt, abgewandt vom Rest der Gruppe. Loeki schärfte derweilen sein Beil, das Wetzen gepaart mit dem Zirpen der Grillen und dem gelegentlichen Knacken des Feuers kombinierten sich zu einer schon fast hypnotisierenden Melodie, welche im Hintergrund spielte.

Gwyne blickte ins Feuer, beobachtete die tanzenden Flammen und die Funken, welche hier und da ausgestoßen wurden. Einen davon verfolgte sie, als er gen Himmel getragen wurde, immer höher, bis er in der Luft erlosch. Doch ihr Blick endete nicht dort, denn sie führte ihn weiter, weiter zu den Ästen der Bäume, und noch weiter über die Wipfel, bis sich ihre Augen auf dem Sternenhimmel niederließen. Sie suchte sich einen aus den unzählbar vielen Sternen heraus, und betrachtete ihn lange. Man hatte ihr einst erzählt, jeder dieser Sterne eine Welt wie die ihre sei, nur etwas anders. Sie fand den Gedanken immer lächerlich. Doch trotzdem stellte sie sich vor, dass genau jetzt, in diesem Moment, eine andere Gwyne von dort auf ihre Welt blickte. Wäre ihr Leben genau wie das ihre jetzt, oder anders? Sie ließ ihre Gedanken schweifen, über alles was hätte sein können, wäre sie die andere Gwyne. Und während sie noch darüber nachdachte, schlief sie langsam ein.

Als sie am nächsten Morgen aufwachte, dachte sie ihr Rücken brächte sie um. Nie wieder würde sie ohne weniger als einem Schlafsack in der Wildnis übernachten. Sie richtete sich ächzend auf, und rieb sich die Stellen an denen die raue Rinde des Baumes ihr ins Fleisch geschnitten hatte.

„Hast du überhaupt etwas geschlafen?", fragte sie Yeren stutzig. Dieser saß noch immer so da wie am Vorabend. Im Schneidersitz, das Schwert vor sich hingelegt und die Augen halb zusammengekniffen.

„Ich werde schlafen sobald wir wieder innerhalb einer Stadtmauer sind"

Yeren stand auf, und streckte sich durch. Ihm konnte dieser Wald, sogar das gesamte Tal gestohlen bleiben. Untote, Nekromanten, Magie – alles Dinge die ihr in seinem Leben nicht brauchte, das war schon ohne solchem Zeug mit Problemen gefüllt.

Er zog Loeki hoch, während dieser sich noch im Halbschlaff befand.

„Umso früher wir losziehen, umso früher kommen wir auch in Mahngrad an"

Und umso früher konnte er vom Grafen belohnt werden und mit dem Geld verschwinden, doch dass sprach er nicht laut aus. Er, und mit ziemlicher Sicherheit ging es Loeki genauso, wollte keine Spannung mehr erzeugen. Für ihn war es schwer abzuschätzen was sich das Mädchen und der Elf noch erwarteten, mit ihrem Ring und dem großen Mysterium um ein einfaches Schmuckstück. Natürlich hegte er keinen Groll gegen die Beiden, sie hatten sich mehr als einmal bewiesen, aber am Ende kamen ihm aus irgendeinem Grund die Worte des Nekromanten in den Sinn.

Eine Flamme im SchattenWhere stories live. Discover now