Kapitel 2

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Damn. Ich war gefesselt. Das merkte ich, als ich von dem Stuhl hier aufstehen wollte. Ich schaute an meinem Körper herab - nichts fehlte. Schmerzen hatte ich auch nicht, nur etwas Schwindelgefühl. Meine Arme waren am Stuhl gekettet, meine Füße mit Seilen befestigt. Ich versuchte mich mit ganzer Kraft zu befreien, jedoch bewegten sich die Seile für keinen Millimeter. Dann schaute ich mich um - wo zur Hölle war ich? Es war ein riesiger Raum. Die Decke war so hoch, wie in noch keinem Haus, das ich gesehen habe. Dieser Raum hatte einen wunderschön glänzenden Boden, dieser so poliert war, dass man vom Boden essen konnte. Das war jedoch nicht das Erstaunliche. Dieser Raum war voll mit Schränken, und einige davon waren geöffnet, sodass ich sehen konnte, was ich darin befand.
Wundervolle, pompöse und teure Kleider in allen Farben und Formen. Dieser Raum sah so aus wie das Ankleide Zimmer von Prinzessinnen - Barbies, die man in Spielzeug Läden im Schaufenster sehen konnte. Der Raum war hell erleuchtet durch die riesigen und wunderschönen Fenster, die ich in dieser Form noch nie gesehen habe. Dieser Raum war wunderschön. Zu schön, dass es schon Surrealismus für mich war. Und plötzlich geriet ich in Panik. In welche Drogensache bin ich hier gelandet? Welche reichen Menschen kannte ich? Mit wem habe ich mich mal angelegt?
Ich atmete in Stößen und versuchte mich mit aller Kraft von diesen Seilen zu lösen.
"My Lady, es ist alles gut.", sagte plötzlich jemand hinter mir. Die Schritte kamen näher und eine junge Frau, die einen rosa Kittel und dazu noch eine komische Haube auf dem Kopf trug, kam auf mich zu.
"Wer bist du? Und wieso bin ich hier verdammt nochmal?" Ich schaute mich um. Was war das hier?
"Ich bin Ihre Zofe. Und hier ist das Ankleide Suite."
"What the fuck? Zofe? Wieso bin ich gefesselt?!" Die Fragen sprudelten schon fast aus mir. Wie konnte ich von dem einen Tag und den anderen entführt worden sein?! Und wo war Curtis? Ging es ihm überhaupt gut?
Ich schaute diese 'Zofe' vor mir an und bemerkte, dass sie völlig überfordert und hilflos war. Okay, Abby das war nicht der richtige Zeitpunkt Mitleid zu haben.
Oder doch?
"Hören Sie zu, My Lady. Ich habe nichts mit Ihrer Entführung zu tun, meine Aufgabe ist es, Sie zu säubern und anschließend anzukleiden. Gestatten Sie mir Ihre Erlaubnis dazu?"
Säubern gleich Dusche? Wie sehr ich mich nach einem heißen Bad und neuer Kleidung, die nicht nach Schweiß und Drogen roch, sehnte. Sie sah nicht so aus wie jemand der meinen Tod wollte. Und so komisch es auch klang, bei einem Duell würde ich gewinnen, auch wenn ich keine Waffe bei mir trug. Ich beruhigte mich also und schaute diese junge Frau vor mir an.
"Sie dürfen mich säubern und ankleiden, wenn Sie mir meine Fragen beantworten.", sagte ich.
"My Lady, ich weiß nicht viel, aber das, was ich weiß kann ich Ihnen sagen."
"Okay.", sagte ich. "Einverstanden."
Ich beobachtete still wie diese Zofe mich von den Seilen befreite und ehrlich gesagt tat es gut.
„Lady Abigail bitte folgen Sie mir." Ich wollte gerade fragen, wieso sie mich mit Lady anspricht, aber da verschlug sich meine Sprache.
Wir standen in dem schönsten Badezimmer, was ich je in meinem Leben gesehen, geschweige denn betreten habe.
Ich konnte mich nicht richtig umschauen, sah nur die vorbereitete Badewanne und die Dampfwolken, die nach oben stiegen und nahm den himmlichen Geruch von süßen Früchten wahr.
"Da darf ich rein?", fragte ich die junge Frau, diese auf meine Frage nickte. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und war in ein paar Sekunden schon drinnen. Es war der Himmel. Die perfekte Temperatur und ein himmlisch, süßer Geruch.
"Ich wasche währenddessen Ihre Haare, Lady Abigail."
Irgendwie tat sie mir schon leid. Wann habe ich das letzte Mal meine Haare gekämmt oder gewaschen? Aber mit der Seife, mit dieser sie meinen Kopf und meine Haare schrubbte schien alles sauber zu werden. Ich wurde noch nie so verwöhnt und am Kopf massiert, sodass ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte und die Augen schloss. Aber ich musste mich konzentrieren, ermahnt ich mich. Auch wenn dies einer der entspanntesten Momente meines Lebens war - es war auch der komischste Moment meines Lebens.
"Haben Sie einen Namen?", fragte ich die Zofe dann.
"Ja, ich heiße Mona."
"Okay Mona, warum bin ich hier?"
"Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Wir Dienstleute werden in solchen Angelegenheiten nicht eingeweiht."
Ich seufzte. Worauf sie mit dem Reden fortfuhr. "Aber Sie sehen genauso aus wie Lady Eleonore."
"Und das ist?"
"Es soll eine arrangierte Ehe zwischen ihr und Prinz Paul geben."
"Prinz Paul?"
"Der Sohn des Königs, dem hier alle gehört."
"Okay Stopp. Was habe ich hier zu suchen, wenn ich das Double einer Frau bin? Und was für ein König?"
"Das weiß ich nicht."
"Denken Sie die werden mir wehtun?"
"Meinen Sie körperlich oder psychisch?"
"... Beides."
"Körperlich nein. Alle Männer in diesem Palast sind Gentlemen und solche Männer schlagen keine Frauen."
"Aber psychisch schon?"
"Ja, das schon, ich bin Ihnen ehrlich. Jedoch wirken Sie auf mich wie eine starke Persönlichkeit, deswegen werden Sie das sicherlich alles durchstehen."
Ich schwieg. Ich hatte zu viele Fragen und wusste nicht welche ich stellen sollte. Am liebsten würde ich alle gleichzeitig stellen.
"Wo sind wir?"
"Im rechten Suite. Lady Eleonores Ankleidezimmer." Oh Gott. Wenn die wüsste, dass ich hier bin, würde sie mir sicherlich die Augen auskratzen. Sie war ja kein Gentleman und würde zuschlagen.
"Nein ich meine ob wir in New York sind."
"New York?" Sie lachte. "Nein, Lady Abigail, wir sind in England."
"The fuck? Ich bin in einem anderen Land? Sogar Kontinent?!" Ich musste an Curtis denken. Ich wusste ganz genau, dass er nach mir suchen würde, aber sicherlich würde England nicht in seinen Sinn kommen. Ist auch verständlich - was zum Teufel machte ich in England? Warum machte man sich die Mühe mich zu entführen?
"Lady Abigail wir sind dann mit dem Bad fertig." Sie reichte mir einen roten, weichen und warmen Bademantel der schon teurer war, als alles andere was ich je in der Hand gehalten habe.
"Wenn Sie mir bitte folgen." Sie führte mich zu einem bequemen Sessel und dort fing sie an, an meinen Haaren zu schnibbeln und sie zu frisieren. Anschließend gab sie mir ein Kleid, was ich für einige Zeit lang nur anstarrte.
"Das soll ich anziehen?", fragte ich und berührte den zarten Stoff des wunderschönen Kleides. Es war ein langes, pompöses, rosa Kleid.
"Terani Couture, trägerloses Ballkleid. Das hatte Lady Eleonore an ihrem ersten Tag hier an."
"Wow. Ich... ich bin sprachlos."
"Kommen Sie, ich helfe Ihnen da rein."
Es war eine schwere Geburt und es dauerte so lange bis alles perfekt saß. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es Frauen gab, die jeden Tag solche Kleidung trugen und sich jeden verdammten Tag so viel Mühe gaben.
"Voila, Sie sind nun fertig."
Der Anblick im Spiegel verschlug mir die Sprache. Das war ich nicht. Abby trug nur Baggy Pants, Kappen und Sneaker. Aber diese fremde Person im Spiegel war wirklich schön, musste ich zugeben. Eleganz pur, edler Schmuck, schöne Hochsteck Frisur. Ich erkannte mich kaum wieder. Und für mich wirkte es sehr stark nach einer Verkleidung, mit der ich mich nicht anfreunden konnte.
"Sie sehen fabelhaft aus." Fabelhaft, ja. So wie die Prinzessinnen in den Märchen, die nichts Besseres zu tun haben als sich einen Prinzen zu krallen.
Diese Sorte Frau, die nicht alleine zurechtkam und einen Mann brauchte um sie zu küssen.
Eine verletzliche, schwache Person, die nichts über Waffen wusste, und nie Drogen gesehen hat.
Diese Person war ich nicht.
Und was auch immer die von mir wollten, ich könnte es diesen Leuten, die Geld als Klopapier verwenden, nicht recht machen.
"Okay Lady Abigail, dann sind Sie jetzt bereit den König zu treffen."
"Nennen Sie mich bitte nicht Lady. Und nicht Abigail. Ich heiße Abby.", sagte ich um ganz cool und relaxed zu wirken. Dabei wurde mir komischerweise mulmig, ich wollte diesen blöden König nicht treffen.

Lady Ghetto Where stories live. Discover now