"Es tut mir leid", begann ich, merkte jedoch selbst, wie bescheuert das klang. Beth schnaubte, was mich in gewisser Weise erleicherte. Wenigstens reagierte sie auf meine Worte. "Als ich... als das passiert ist... da kannte ich dich noch nicht. Ich wusste nicht, dass Harry eine Freundin hat. Hatte. Hätte ich das gewusst, wäre das alles niemals passiert." Kopfschüttelnd sah Beth mich an. "Weißt du wie egal mir das ist? Du hast Recht, damals kanntest du mich nicht. Und ich kann mir gut vorstellen, dass Harry dir nichts von mir erzählt hat. Er hat mich ja nicht einmal seinen Eltern vorgestellt. Aber jetzt kennst du mich. Wir leben jetzt schon seit über einem Monat zusammen in diesem Zimmer. Und kein einziges Mal ist es dir in den Sinn gekommen zu erwähnen, dass mein Freund mich betrogen hat?" - "Doch! Ich wollte es dir sagen. Am ersten Tag. Aber Harry... " Ich hielt inne. Zwar stimmte es, dass Harry mich quasi dazu gezwungen hatte, unser Geheimnis zu bewahren, doch gleichzeitig war es bescheuert, jetzt noch Schuld von mir zu weisen. "Aber... ich war zu feige. Und das tut mir leid." Noch immer sah Beth mich abwertend an. "Das stimmt, du warst feige. Du und Harry... ihr beide. Die ganze Zeit über habt ihr mir was vorgespielt. Dass ihr euch nicht kennt, dass ihr euch nicht mögt. Und dann, als er sich endlich von mir trennt, erzählst du mir, wie toll du für mich da sein wirst, wie sehr ich mich auf dich verlassen kann. So etwas hinterhältiges und verlogenens habe ich echt noch nie erlebt." Mit diesen Worten stand sie auf und verließ ohne innezuhalten den Raum. Ich wusste, dass es zwecklos war, ihr hinterher zu laufen. Wenn sie mir überhaupt jemals würde verzeihen können, dann brauchte sie dafür Zeit. Und die würde ich ihr geben.

Nachdem ich mich gewaschen und angezogen hatte, machte ich mich erneut auf den Weg zu Harrys Zimmer. Abe auch dieses Mal war er nicht da. Und auch dieses Mal war die Tür komplett verschlossen. Was ungewöhnlich war, denn bis jetzt hatte ich sie nur geöffnet erlebt.

Der Rest des Tages verging überraschend schnell. Die meiste Zeit verbrachte ich, feige wie ich war, in der Bibliothek. Hier war ich so gut wie allein und musste mit niemandem reden. Gleichzeitig bekam ich all meine offenen Aufgaben für die nächste Woche fertig, sodass ich am Abend früh schlafen ging.

Die nächsten drei Tage waren der blanke Horror. Niall und Beth ignorierten mich komplett, was ich ihnen nicht verübeln konnte. Louis schien die einzige Person zu sein, die noch bereits war mit mir zu reden, doch sein Gesichtsausdruck sagte die ganze Zeit über nur eins: 'Ich habe es dir ja gleich gesagt'.

Harry erschien zu keinem einzigen Kurs, den ich mit ihm zusammen hatte. Auch in den Pausen sah ich ihn nie, weshalb ich vermutete, dass er auch sonst keine Kurse besuchte. In Verbindung mit seinem verschlossenen Zimmer versetzte mich das etwas in Sorge. Seit Samstagabend schien er wie vom Erdboden verschluckt zu sen.

Doch erst am Mittwoch fasste ich genug Mut, um mit der Person zu sprechen, die mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit mehr über seinen aktuellen Aufenthaltsort wusste als ich.

Nach Literatur wartete ich vor dem Hörsaal, nervöser als ich eigentlich sein sollte. Schließlich erschien er auf dem Gang. Niemand war bei ihm, was ich sofort ausnutze. "Zayn? Kann ich kurz mit dir reden?", fragte ich und ging neben ihm her. Er wirkte überrascht, nickte jedoch. "Du bist Lizzy, oder? Was gibt's?" Zögernd sah ich zu Boden. "Naja, ich habe mich gefragt ob du vielleicht weißt, wo Harry steckt? Ich habe ihn seit Tagen nicht gesehen und in seinem Zimmer scheint er auch nicht zu sein." Zayn zuckte mit den Schultern. "Bei Harry ist es nichts ungewöhnlich wenn er mal für ein paar Tage unauffindbar ist. Also mach dir keine Sorgen." - "Ich mach mir aber Sorgen.", entgegnete ich und blieb stehen. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Zayn mich an. "Wieso? Denkst du ihm ist etwas passiert? Er kann eigentlich ganz gut auf sich selbst aufpassen..." Ich schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht. Aber am Samstagabend... er hat getrunken." Zayn wusste über Harrys Vergangenheit Bescheid, er wusste was mit seinen Eltern passiert war. Dementsprechend reagierte er auch. Seine Augen weiteten sich, zeigten eine Mischung aus Schock und Verwirrung. "Harry hat Alkohol getrunken? Und ist seit dem verschwunden?" Langsam nickte ich. Zayn stöhnte auf und griff nach meinem Arm. "Komm mit."

"Was machst du da?", fragte ich entgeistert, als er mit irgendetwas im Schlüsselloch zu Harrys Zimmer herumstocherte. Er verdrehte die Augen. "Wonach sieht es denn aus?" - "Aber das ist strafbar!", gab ich zu Bedenken, worauf Zayn gar nicht erst reagierte. Nervös beobachtete ich den Gang, doch niemand war in Sichtweite. Wenige Sekunden später knackte es leise und die Tür sprang auf. Schnell betraten wir das Zimmer. Wie gewöhnlich war es leer. Dieses Mal jedoch, war sogar sein Schreibtisch wie leergefegt und das war durchaus ungewöhnlich. Es sah ganz so aus, als sei dieses Zimmer unbewohnt. "Und jetzt?", fragte ich hoffnungslos. Wo konnte Harry sein? War er bei seiner Familie? Was ihm tatsächlich etwas zugestoßen? Zayn reagierte nicht auf meine Frage, stattdessen öffnete er jede einzelne Schublade und Schranktür. Als wenn das etwas bringen würde. Harry war weg. Die Frage war nur... wo befand er sich jetzt?

In dem Moment, in dem ich Zayn zum Gehen überreden wollte, hob dieser Harrys Kopfkissen hoch. Sofort griff er nach dem kleinen Zettel, der zum Vorschein kam. "Lizzy...", murmelte er, ohne mich anzusehen. "Ist das zufällig die Kurzform von Eliza?" Blitzschnell war ich an seiner Seite. Ohne zu zögern reichte er mir den zusammen gefalteten Zettel, auf dessen Außenseite mein Name stand. Mit zitternden Fingern faltete ich den Zettel auseinander. Es dauerte eine Weile bis ich realisierte, was dort stand. Vier Worte. Vier Worte, die alles mögliche bedeuten könnten.

'Es tut mir leid.'

DARK turns to LIGHTWhere stories live. Discover now