• Kapitel 1 •

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"Mila... aufwachen", etwas rüttelte mich sanft an der Schulter.

"Lass mich noch, Fynn", grummelte ich und zog mir meine Decke über den Kopf, "Meine Lehrer juckt es doch eh nicht, ob ich da sitze oder nich".

"Aber heute ist doch Samstag... das Auswärtsspiel gegen St. Pauli", mein kleiner Bruder riss mir die Decke weg.

Sofort war ich hell wach. Genau! Heute war ja das Auswärtsspiel, auf das ich mich schon seit Saisonstart tierisch freute. Ich sprang aus dem Bett und hob Fynn freudestrahlend hoch.

Das Frühstück fiel, wie immer an Auswärtsspielen, ziemlich kurz aus, da wir zwischendurch immer mal wieder im Auto etwas essen würden.

Ich zog mir mein mehrere Schichten an T-shirts an, worüber ein Bochum-Pulli kam. Mein blaues Heimtrikot mit dem Flock "Dornebusch" würde erst in Hamburg angezogen werden.

Mit ins Auto nahmen meine Eltern, mein Bruder und ich noch unsere insgesamt acht Schals und drapierten sie angemessen vor der Windschutzscheibe.

Fynn zuliebe hörten wir uns geschlagene eineinhalb Stunden lang die 'Drei ??? Kids" an, welche ich verabscheute. Aber mein kleiner Bruder bedeutete mir mehr, als man in Worte fassen kann, da hört man sich auch mal die drei ??? Kids an. Meine 10jährige Lieblingsnervensäge geht mir nicht nur bis zur Nase, er ist auch noch ein kleiner Seelenklempner. Wenn auch ein ziemlich ungewöhnlicher, da er ja noch verhältnismäßig unerfahren ist. Trotzdem tut es mir gut, mit ihm Zeit zu verbringen. Wenn irgendjemand ihm je auch nur ein Haar krümmt, schwöre ich beim VfL, dass demjenigen Hören und Sehen vergeht.

In Hamburg angekommen zogen wir uns vollständig an und liefen dann noch kurz über die Reeperbahn. Schön ist ja nun wirklich was anderes, aber als wir um halb elf im Burger King neben ein paar übrig gebliebenen, unheimlichen Gestalten der Nacht saßen und uns je zwei Cheeseburger gönnten, hatte Fynn seinen ersten Kulturschock. Als er dann auch noch das ultraviolette Licht auf den Toiletten entdeckte, wollte er nur noch raus.

Aber wer kann es ihm verübeln?

Direkt danach begaben wir uns zum Millerton. Auf dem Weg dorthin wurden wir mehrmals ausgiebig von Polizisten begutachtet.

Ich ging die Betonstufen hoch und stellte mich wie selbstverständlich in die Mitte des Gästeblocks, gefolgt von Mama, Papa und Fynn. Immer mehr Ultras gesellten sich zu uns und so begannen wir, über die mögliche Aufstellung, die eventuellen Wintertransfers und die bevorstehenden Winterpause zu reden.

Im Laufe des Spiels erwiesen sich die Bochumer als robuste Leute, die auch gerne mal foulten und so flog Perthel nach gut einer halben Stunde mit Glatt Rot vom Platz. Zu diesem Zeitpunkt führten wir 1-0. Durch einen späteren Ausgleich St. Paulis ging das Spiel 1-1 aus.

Immer noch die euphorische Stimmung im Hinterkopf habend, liefen wir wieder zu unserem Auto und fuhren gen Bochum.

Wir wohnten nicht direkt in Bochum, sondern eher in fast-Gelsenkirchen. Wenn ich in meinem Bett lag, waren meine Beine in Gelsenkirchen und mein Oberkörper noch in Bochum, da die Stadtgrenze direkt durch mein Zimmer verlief. Schaute ich aus dem Fenster, so hatte ich einen exzellenten Blick auf einen gelsenkirchener Friedhof.

** zwei Tage später **

Müde schwang ich meine Gliedmaßen aus dem Bett und stapfte zu meinen Kleiderschrank, aus welchem ich einen grauen Pulli und eine schwarze Jeans zog, welche ich dementsprechend auch anzog.

Ich liebte tote Farben, wie schwarz und grau. Mein ganzer Kleiderschrank bestand aus diesen.

Als ich an diesem Morgen in meinen theoretischen Sport-LK kam und mich auf den freien Platz neben meiner besten Freundin Kerstin, von allen aber nur Kiki genannt, fallen ließ, streifte mein Blick die aufgeklappte Tafel. "Ausflugsziele - Sport-LK Kacar" stand dort. Dunkel erinnerte ich mich daran, dass Herr Kacar letzte Stunde so etwas in der Richtung erwähnt hatte.

Wenn man gerade vom Teufel sprach, da kam Herr Kacar wie von der Tarantel gestochen durch die Tür geschossen und bremste abrupt vor dem Pult.

"MOIN", brüllte er einmal kurz, dann war alles still, "wie letzte Stunde angekündigt, werden wir uns heute zuerst mit dem oder den Ausflugszielen beschäftigen, während wir danach uns nochmal genau die Vorgänge beim Sprintprozess anschauen. Ich bitte Sie nun, sich zu melden und Ihren Wunsch zu äußern".

Herr Kacar hatte die skurrile Angewohnheit, jeden Oberstufenschüler zu siezen. Er war ein gut gebauter, muskulöser Mann Mitte 30, welcher eine Vorliebe für Schlaghosen besaß. Vermutlich hatte er es seiner ausgeprägten Attraktivität zu verdanken, dass die ein oder anderen Mädchen unseres Sport-LKs Sympathien für ihn hegten.

Von meiner guten Idee überzeugt, meldete ich mich und sagte, "Trampolinhalle". Ich persönlich fand die Idee wirklich gut.

Der Schalker Und Die Bochumerin Where stories live. Discover now