„Bleibst du über Nacht?"

„Ich...ähm..."

Verdammt! Seine großen Augen wurden noch größer während er einen Schmollmund zog.

„Bitte. Wir haben uns so lange nicht gesehen und ich will wieder mit dir malen."

„Na schön, ich bleibe." Die Worte platzen aus mir raus, ohne dass ich mir Gedanken darüber machte. Ich wollte tatsächlich bleiben. Für Nando und für keinen sonst. Als sein Gesicht strahlte wie eine Sonne, war ich mir zu 100% sicher die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Seine locken hüpften auf und ab, als er zu seinen Freunden rannte. Einige Sekunden verweilten. Mein Blick war auf den spielenden Nando gerichtet, der vor einem Jungen wegrannte und dabei laut schrie. Mir wurde warm ums Herz, doch gleichzeitig schmerzte es auch. Ich wusste, dass das nicht von Dauer sein würde. Dass Nando nicht von Dauer sein würde. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht in Tränen auszubrechen, weshalb ich die Hände zu Fäusten ballte.

„Er mag dich sehr." Ich musste nicht hinsehen um zu erkennen, dass es Lorena's Stimme war.

„Ich mag ihn auch sehr, was die Sache umso schwieriger macht."

Außer den schreienden Kindern und den Gesprächen der Erwachsenen war nichts zu hören. Wir saßen da und schwiegen uns an. Zwei Menschen, die etwas verlieren würden. Zwei Menschen, die hilflos und leer waren. Ich hatte es in Lorena's Augen gesehen. Sie waren genauso vernebelt und tief wie meine. Der Schmerz, der einen irgendwann betäubte, war auch bei ihr aufgetreten.

„Ich glaube dass wirklich schlimme kommt erst, wenn man versteht dass es echt ist. Jetzt, in diesem Moment ist er noch da und wirkt so lebendig, dass es unmöglich für unser Gehirn ist sich das Leben ohne ihn vorzustellen."

Ich sah zu Lorena, die bis jetzt in die gleiche Richtung geblickt hatte wie ich. Ihre Augen wurden glasig, als sie die Lippen aufeinander presste. Ich zog sie in meine Arme und strich ihr sanft mit der Hand über den Kopf. Glücklicherweise befanden sich alle anderen Menschen etwas weiter entfernt, so dass wir den Moment für uns hatten. Sie drückte mich fest, als wäre ich lebensnotwendig.

„Du bist nicht alleine." murmelte ich, weil mir nichts besseres einfiel. Sie nickte an meiner Schulter und ließ von mir ab. Ich ihr an wie stark sie war. Wie mutig und tapfer. Sie unterdrückte die Tränen, schniefte jedoch trotzdem auf.

„Damian." murmelte sie und fixierte mich. Ich zuckte bei seinen Namen leicht zusammen.

„Er wollte dich nicht anlügen Ever. Er wollte dich nur schützen. Glaub mir, du weißt nicht wie schwer die letzten Wochen für ihn waren."

Ich schloss die Augen und öffnete meinen Mund um tief einzuatmen.

„Lorena, ich habe in letzter Zeit ebenfalls gelitten. Mehr als du dir vorstellen kannst und...und das alles ist im Moment noch zu viel für mich. Ich brauche Zeit."

In ihrem Blick veränderte sich plötzlich etwas. Ich wusste nicht ob ich angst haben sollte.

„Ever, dir bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich meine Nando bleibt nicht mehr viel Zeit." Den letzten Satz flüsterte sie kaum hörbar. Sie schluckte schwer und sah mich so eindringlich an, dass ich mich am Sofa festkrallen musste.

„Damian wird sich verlieren. Er wird das alles niemals überstehen. Nicht ohne dich."



Damian

Ich zog die Decke über Nando's Körper und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. Er zog sein Kuscheltier enger an seine Brust und machte einen zufriedenen Gesichtsausdruck. Seine schwarzen locken hingen ihm in seine Augen, also strich ich seine Haare nach hinten. Er lächelte leicht und sah zu Ever, die am Türrahmen stand. Ich ignorierte jeglichen Blickkontakt mit um den Schmerz in mir zu lindern. Nando streckte die Arme aus, wobei er den Blick nicht von der Tür ließ. Ich hörte sie lächeln, als sie auf das Bett zukam. Meine Brust zog sich bei dem angenehmen Geräusch zusammen. Sie setzte sich auf die Bettkante und beugte sich zu Nando um ihn zu umarmen. Der Anblick rührte und frustrierte mich gleichzeitig.

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