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Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, als wir den offiziellen Besprechungsraum für wichtige Angelegenheiten betraten. Vielleicht eine Entschuldigung, dass sie zwei Wochen lang keinen Versuch mich zu retten unternommen hatten, oder zumindest eine Erklärung, warum sie es nicht getan hatten, doch keinesfalls, dass Christina mich mit einem "Schön, dass du wieder da bist, Lola" abfertigte um sich sofort wieder Damon zuzuwenden.
"Darf ich erfahren, warum ich nicht darüber informiert worden bin, dass ihr beiden angekommen seid?"
"Ich habe Colin gebeten, es nicht zu tun", erwiderte Damon gelassen. "Lola hatte schon genug Stress in letzter Zeit, da brauchten wir nicht auch noch einen Haufen überglücklicher Menschen, die sich dafür bedanken wollten, dass sie Freunde und Familie von ihnen gerettet hat."
"Es ist trotzdem nicht richtig, wenn jeder sowas machen würde, hätten wir hier keinerlei Ordnung mehr", bemängelte Christina, ehe sie mich fragend ansah. "Gibt es noch irgendetwas, das du dringend mit mir besprechen willst? Ansonsten willst du dich sicher erstmal ausruhen. Ich nehme an, es ist in Ordnung, dass du bei Damon schläfst?"
Ob es...? Natürlich nicht, was dachte sie sich eigentlich?! Ungläubig starrte ich Christina an und versuchte irgendwie passende Worte für das was gerade in mir vorging zu finden. Sie musste Witze gemacht haben, auch wenn dieses Thema alles andere als lustig war, aber es konnte unmöglich ihr Ernst sein.
"Nein. Sie bekommt ihr eigenes Zimmer", sagte Damon, gerade als ich den Mund öffnete, um mich über das scheinbare Missverständnis zu beschweren. Warum musste mich noch gleich jeder genau dann unterbrechen, wenn ich etwas Wichtiges sagen wollte?
Es war ja schön und gut, dass er sich für mich einsetzte, aber ich konnte durchaus selbst für mich sprechen. Genervt holte ich erneut tief Luft, um jetzt wirklich meine Meinung zu dem Thema darzulegen, als Christina dieses Vorhaben zum zweiten Mal unterbrach.
"Hast du ein Problem damit?", fragte sie scheinbar überrascht.
Damon erwiderte ihren Blick herausfordernd und verschränkte die Arme. "Ich nicht."
Tja, ich aber schon. Und wenn mich endlich mal jemand zu Wort kommen lassen würde, hätte ich das auch schon klar und deutlich gesagt. "Also...", begann ich, nur um schon wieder unterbrochen zu werden.
"Ich weiß, dass das schwer für dich ist, Lola, aber noch sind die genauen Geschehnisse der letzten Wochen nur sehr wenigen Leuten bekannt. Wenn alle anderen davon erfahren würden, würde sehr wahrscheinlich Panik ausbrechen, weil sich niemand mehr sicher sein würde, wem man vertrauen kann. Unglücklicherweise sind bereits Gerüchte aufgekommen und die einzige Möglichkeit, diese unglaubwürdig zu machen, ist es, dass ihr beide den Anschein erweckt, weiterhin ein Paar zu sein. Niemand würde daran glauben, was wirklich passiert ist, wenn ihr euch völlig normal verhaltet, verstehst du?", erklärte Christina in einem Tonfall, der mich an eine Lehrerin, die geduldig ihren Schülern beizubringen versuchte, dass Mathematik durchaus wichtig war, erinnerte.
Selbst wenn man von ihrem, meiner Meinung nach vollkommen unverständlichen, Begründungsversuch absah, hätte mich spätestens dieser belehrende Tonfall zur Weißglut gebracht. Ich war kein kleines Kind mehr, verdammt nochmal!
"Nein, ich verstehe das ganz und gar nicht. Ganz im Gegenteil, ich habe eher das Gefühl, dass das nur eine schwachsinnige Ausrede ist, um mir den wahren Grund nicht sagen zu müssen, was wiederum noch bescheuerter ist, da es mich ja ganz offensichtlich betrifft", zischte ich. "Aber das ist schließlich nichts Neues, es ist ja sowieso nicht notwendig, dass ich über irgendetwas Wichtiges Bescheid weiß."
Ich war unwillkürlich aufgesprungen und einen Schritt nach vorne getreten. Seit ich vergebens darauf gewartet hatte, dass mir jemand helfen und mich aus Newtons Händen befreien würde, hatte sich eine bodenlose Wut in mir gesammelt, die nun aus mir herausbrach. Christina machte eine beruhigende Handbewegung, doch diesmal war ich es, die ihr das Wort abschnitt.
"Im Übrigen hast du nicht die leiseste Ahnung, wie schwer das für mich ist. Wenn du es wüsstest, hättest du mich nicht zwei verdammte Wochen in dieser elenden Gefängniszelle der Regierung sitzen lassen! Und glaub mir, das war schwer. So schwer, dass ich mir gewünscht habe, tot zu sein. Er hat mich gefoltert, verdammt nochmal, kannst du dir auch nur annähernd vorstellen, wie dreckig es mir ging?!", fauchte ich sie an und ließ mit einer einzigen Bewegung den Tisch gegen die gegenüberliegende Wand knallen. "Weißt du was? Du musst mir nicht einmal antworten, ich kenne die Antwort schon. Du kannst es dir vielleicht vorstellen, doch es ist dir vollkommen egal. Es interessiert dich nicht, was ich will oder wie es mir geht, das Einzige was zählt, ist das Allgemeinwohl. Wahrscheinlich hättest du mich sogar in diesem Loch verrotten lassen, wenn ich nicht zufällig Telekinese beherrschen würde, hab ich Recht?!"
Christina war nun ebenfalls aufgestanden und einige Schritte zurückgegangen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt sagen, dass sie Angst vor mir hatte. Gut, genau das war mein Ziel gewesen. Ich war es leid, dass mich hier niemand wirklich ernst zu nehmen schien.
"Lola, beruhige dich erstm-", im selben Moment als Damon mir eine Hand auf die Schulter legte, fuhr ich herum. "Du hälst dich da gefälligst ganz raus! Nur wegen dir bin ich doch erst in diese beschissene Situation gekommen und glaub bloß nicht, dass ich dir das irgendwann verzeihen würde! Es ist mir scheißegal, ob du nicht mehr wusstest, dass du mich liebst, du konntest dich noch sehr gut daran erinnern, wer ich war und schon allein das macht es schlimm genug, dass du mich ohne zu Zögern gefoltert hast. Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum zur Hölle ich mich in dich verliebt hatte, aber ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht. Lass mich einfach in Frieden und hör vor allem auf, mich ständig zu bevormunden, ich kann selbst denken und reden!", zischte ich aggressiv.
"Ich..", begann er und wich geschickt meinem Stuhl aus, sodass dieser ebenfalls gegen die Wand krachte.
"Nein! Egal was du sagen wolltest, nein. Ich will deine schwachsinnigen Erklärungen nicht hören, also verschone mich um Himmels Willen damit", erwiderte ich und wandte mich wieder Christina zu. "Wenn du mir jetzt vielleicht endlich den wahren Grund, warum ich in Damons Zimmer schlafen soll, sagen könntest?"
Nicht, dass ich vorhatte, das zu tun, doch das verhinderte nicht, dass es mich interessierte, was sie damit bezwecken wollte. Die Erklärung mit der möglichen Massenpanik kaufte ich ihr nicht ab, doch eine eigene Idee hatte ich auch nicht.
Ich hatte nicht wirklich erwartet, dass sie mir antworten würde, trotzdem enttäuschte mich ihr Schweigen. Waren wir denn wirklich besser als die Regierung, wenn wir nicht einmal die Wahrheit erfahren durften?
Seufzend drehte ich mich wieder zu Damon um. "Wir wissen beide, dass du das weißt. Sagst wenigstens du es mir?"
Anstatt einer Antwort sah er mich nur mit einem versteinerten Gesicht an. Hätte ich mir ja denken können.
"Gut, dann eben nicht. Macht euren ganzen Scheiß doch alleine", knurrte ich und verließ den Raum - nicht ohne die Tür hinter mir zuzuknallen.

Mir fällt gerade ein; ich habe noch gar nicht erwähnt, wie stolz ich auf mich bin, dass ihr mir alle geglaubt habt, dass Damon auf der Seite der Regierung steht. Ein paar von euch haben zwar Hoffnungen und Theorien geäußert, aber niemand hat geschrieben "das ist doch voll unlogisch, das glaube ich dir niemals", was ich ursprünglich befürchtet hatte xD. Muhahah, ich habe es glaubhaft hinbekommen :D

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Where stories live. Discover now