Selection - Die Chance deines Lebens 2 | Kapitel 2 Raven

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Ich sitze in meinem Zimmer und starre die Wand an während ich versuche zu verstehen, was da eigentlich gerade passiert ist. Lucan ist zurück. Und er lebt. Ich habe ihn selbst gesehen und ihn auch sprechen gehört, doch ich kann es immer noch nicht glauben. Es ist, als hätte ich einen Geist gesehen und der spuckt noch immer um mich herum, selbst in meinem Zimmer.

Nachdem er aufgetaucht ist konnten weder Irdian noch ich klare Worte fassen. Stattdessen starrten wir Lucan nur an, der uns mit seinem Blick durchbohrt hatte. Während ich es nicht begreifen konnte, fasste sich Irdian schneller wieder und wollte etwas sagen, als der Alarm anging. Eindringlinge hieß es, doch als die Wachen Prinz Lucan erblickten und erkannten, dass er es war und kein Rebell sich Zugang verschafft hatte, überkam sie dieselbe Schockstarre, in der auch ich mich immer noch befand. Chaos brach aus, der König wurde gerufen und kam sofort herbei geeilt und Lucan wurde weggebracht. Irdian ging mit ihnen und ich stolperte irgendwie auf mein Zimmer. Dort saß ich noch immer, ganz allein, weil selbst meine Zofen nicht da waren, bis es an der Tür klopfte. Die Person wartete auf keine Reaktion von mir sondern huschte einfach herein und nahm neben mir Platz.

„Er ist wirklich zurück!", ruft Katarin und sah mich aus großen Augen an. „Ich dachte mir schon, dass du es bereits weißt, aber ich musste dir trotzdem mitteilen, dass auch ich ihn kurz gesehen habe und er kein Geist war."

„Er sieht so anders aus", bringe ich wieder Worte heraus und blicke meine Freundin an. Das war auch etwas, das mich beschäftigte. Irgendetwas an ihm stimmte nicht.

„Natürlich tut er das. Er war drei Monate in den Händen von Rebellen und einen Friseur scheinen die dort nicht zu haben", versuchte sie zu scherzen, doch als es ihr nicht gelang, wurde sie wieder ernster. „Oder wovon genau sprichst du?"

„Ich weiß nicht genau. Aber sein Blick... irgendetwas daran war anders", seufzte ich. „Aber du hast Recht, er war drei Monate in Gefangenschaft. Das geht einfach nicht spurlos an jemanden vorbei."

Katarin scheint kurz über meine Worte nachzudenken.

„Er wird sich sicher erst einmal wieder an alles gewöhnen müssen. 3 Monate waren eine lange Zeit." Ich nicke, da sie wirklich recht hat. Ich habe nicht geglaubt ihn je wieder zu sehen, da ist erst einmal unwichtig welchen Eindruck er auf mich gemacht hat. Er lebt, nur das zählt. Doch geht es ihm soweit auch gut? Haben sie ihm etwas angetan? Ich wünschte ich könnte zu ihm, mit ihm reden und sehen, dass er okay ist.

Wir sitzen noch eine Weile zusammen und gehen unseren Gedanken nach, die wir ein paar Mal auch miteinander teilen, als es plötzlich an der Tür klopft und zwei Zofen ins Zimmer huschen. Eine ist von mir, die andere von Katarin.

„Die Königin ruft Sie zu sich in den Damensaal. Es wird eine kurze Information zu dem Ereignis des heutigen Tages geben. Abendessen gibt es anschließend in den jeweiligen Zimmern", wird uns erklärt. Wir verlieren keine Zeit und machen uns zusammen sofort auf den Weg.

Ana ist bereits da als wir eintreffen und schenkt uns nur einen abfälligen Blick, ehe sie wieder aus dem Fenster blickt. Jedoch nur solange bis die Königin eintrifft, die immer noch so wirkt, als hätte sie einen Geist gesehen. Ich kann sie da mehr als verstehen.

„Setzt euch", fordert sie uns auf und augenblicklich sitzen wir drei auf dem Sofa. Einerseits um der Aufforderung der Königin nachzukommen, andererseits um zu erfahren, was sie zu sagen h

Einen Moment lässt sie sich jedoch noch Zeit, indem sie sich grazil in den Sessel uns gegenüber fallen lässt.

„Mittlerweile ist Ihnen sicher allen zu Ohren gekommen, dass der totgeglaubte Prinz Lucan zu uns zurückgekehrt ist." Sie macht eine kurze Pause und atmet tief durch. „Natürlich ist die Zeit der Gefangenschaft nicht spurlos an ihm vorbei gegangen. Deswegen wollen wir versuchen, die Öffentlichkeit noch ein paar Tage von ihm fern zu halten. Bitte tun Sie uns den Gefallen und halten sich ebenfalls zurück indem Sie ihn nicht aufsuchen oder aber auch Prinz Irdian darüber ausfragen." Der Reihe nach blickt sie uns lächelnd an wobei ich das Gefühl habe, dass ihre Augen auf mir länger liegen bleiben als auf den anderen. „Wenn Sie etwas wissen möchten oder Fragen haben wenden Sie sich bitte an mich."

„Ist er verletzt?", frage ich sofort und wartete gar nicht erst bis sie mich dazu auffordert. Niemand außer ihm selbst kann sagen, wie es in ihm aussieht, doch die äußerlichen Verletzungen kann mir auch die Königin nennen. Zumindest darüber muss ich einfach Bescheid wissen.

„Er besitzt keine frischen Wunden", erklärt sie ausweichend. "Nur ein paar Kratzer von der Flucht die bereits verarztet wurden."

„Er ist also geflohen und sie haben ihn nicht gehen lassen?", schlussfolgert Katarin, auch wenn sie den Satz dennoch wie eine Frage klingen lässt.

„Nein. Er hat von einem vorhergegangen Fluchtversuch erzählt, der jedoch gescheitert ist und ihn ernsthaft verletzt zurück gelassen hat. Die Rebellen wollten ihn jedoch lebend und haben ihn nur deshalb vorm Tode bewahrt. Mit der Zeit sind sie leichtsinnig geworden und Lucan hat erneut seine Chance genutzt", beantwortet die Königin auch diese Frage ruhig.

„Wenn er geflohen ist, kann er etwas zum Aufenthaltsort der Rebellen sagen. Wir haben nun also eine Möglichkeit zurückzuschlagen und sie für das alles büßen zu lassen", meldet sich nun auch Ana zu Wort.

„Seine Flucht begann nachts, doch er hat dem König bereits alle Angaben gemacht, an die er sich erinnern kann. Damit wird versucht das Gebiet weiter einzugrenzen. Jedoch braucht Prinz Lucan nun auch viel Ruhe. Vielleicht kann er sich dadurch... an noch an mehr erinnern", sagt die Königin und steht dann auf. Vorerst scheint die Fragestunde zu Ende zu sein.

„Bleiben Sie bitte hier im Damensalon oder Ihren Zimmern. Lucans Flucht könnte einen Angriff nach sich ziehen."

Ich nicke und sehe ihr dann dabei zu, wie sie den Raum verlässt. Anschließend mache auch ich mich auf den Weg um in meinem Zimmer zu essen. Allein, weil ich angeblich nachdenken muss. Gleichzeitig hoffe ich jedoch, irgendwie mit einem der Brüder sprechen zu können. Ganz egal was die Königin gesagt hat. Mir reichen die Informationen aus ihrem Mund nicht. Ich muss es von jemanden hören, dem ich auch vertraue.

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