Keuchend hing der Großteil von uns am Beckenrand; niemand war es gewöhnt so eine lange Strecke innerhalb von so kurzer Zeit schwimmend hinter sich zu bringen, aber immerhin hatte niemand länger als 10 Minuten gebraucht. Damon war inzwischen mit einem eleganten Kopfsprung, der, wenn ich es versuchen würde, in einem schmerzhaften Bauchklatscher enden würde, ebenfalls im Wasser angekommen. Unsere Pause war dann wohl vorbei.
"Kann mir irgendjemand von euch sagen, wie man erkennt, ob jemand ertrinkt oder einfach nur aus Langeweile eine Runde tauchen geht?" Mit erhobenen Augenbrauen musterte er uns; da er einen Kopf größer war als ich, konnte er im Gegensatz zu mir und den meisten anderen Mädchen hier stehen, ohne unterzugehen. Die Welt war einfach nur unfair.
Natürlich konnte ihm niemand eine Antwort geben, denn keiner hatte Lust sich seinen Spott zuzuziehen und möglicherweise als Demonstrationsobjekt herhalten zu müssen. Apropos....
"Prinzessin, herkommen."
"Warum denn immer ich?", genervt setzte ich mich in Bewegung; eine Chance, mich zu widersetzen hatte ich eh nicht.
"Weil ich noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen habe." Ohne mir einen Moment zum reagieren zu lassen, drückte er mich unter Wasser. Panisch fing ich an zu strampeln, ich hatte nicht einmal Luft holen können. Verzweifelt versuchte ich Damons Hände wegzuschieben, doch er war einfach zu stark für mich. Mit jeder vergehenden Sekunde steigerte sich meine Todesangst; die wenige Luft, die ich noch hatte, war schon längst verbraucht. Der vernünftig denkende Teil von mir wusste, dass Damon mich nicht ertränken würde, doch der andere Teil, der im Moment von meinem Überlebensinstink gesteuert wurde, begriff das nicht. Meine Bewegungen wurden zunehmend schwächer, ich hatte eine Menge Wasser geschluckt und spürte, dass ich allmählich das Bewusstsein verlor. Warum half mir eigentlich niemand von den anderen, hatten die alle zuviel Schiss vor Damon, um zu verhindern, dass ich ertrank?
Ruckartig wurde ich wieder hochgezogen und schnappte keuchend nach Luft; Atmen hatte sich noch nie so gut angefühlt.
"Schade, ich hatte gehofft, dass du inzwischen ohnmächtig bist, dann hätten wir gleich noch Wiederbelebung üben können. Aber das lässt sich ja ohne Probleme nachholen."
"Nein! Bitte." Hustetend schlang ich reflexartig die Arme um Damons Hals und versuchte so zu verhindern, dass er mich wieder unter Wasser drücken konnte; im Moment würde ich so ziemlich alles machen um an der Luft bleiben zu können.
Keine Ahnung, ob es das Flehen in meiner Stimme oder die Angst in meinen Augen war, doch als Damon meine Umklammerung löste, brachte ihn irgendetwas dazu mich an den Rand zu schieben, anstatt unter Wasser zu drücken. Erleichtert hielt ich mich fest und spuckte noch mehr Flüssigkeit aus.

Nachdem ich mich halbwegs erholt hatte, mussten wir in Zweierpaaren irgendsoeinen Rettungsgriff üben, mit dem wir theoretisch jeden vor dem Ertrinken bewahren konnten. Ich hatte kurzerhand mit Zoey geübt, nach einer Weile hatten wir es sogar einigermaßen gut hinbekommen, doch ich bezweifelte, dass ich damit auch jemanden, der dreimal so schwer wie ich war, retten könnte. Dabei würde ich doch eher selbst mit untergehen.
Inzwischen durften wir eine Pause machen, während nun alle männlichen Rekruten im Wasser trainierten. Anne und ich hatten uns in der Nähe auf unsere Handtücher gelegt und beobachteten das bunte Treiben.
"Du magst ihn, nicht wahr?"
"Was?" Ich war kurz davor gewesen wegzudämmern und konnte mit der Frage nichts anfangen.
"Dafür, dass er immer so gemein zu dir ist, solltest du ihn hassen, doch du magst ihn, das sieht doch jeder Blinde." Grinsend drehte Anne sich zu mir, während ich endlich begriff, um wen es ging. "Oh nein, nein, nein, nein, nein", wehrte ich ab, während mir das Blut in den Kopf schoss, "er ist ein viel zu großes Arschloch, als das ich ihn mögen könnte. Vielleicht finde ich es ganz witzig ihn zu ärgern, aber mögen: niemals."
"Ach komm schon, desto mehr du es abstreitest, desto offensichtlicher wird es." Lachend knuffte sie mich in die Seite, während ich genervt die Augen verdrehte. "Falls du es vergessen hast, er hat mich gerade fast ertränkt." Warum konnte sie das Thema nicht einfach auf sich beruhen lassen?
"Und genau deswegen ist es ja so verrückt, dass du ihn immer noch magst." Sie setzte sich auf und stützte den Kopf auf ihre angewinkelten Knie. Für die nächsten paar Minuten musterten wir schweigend unseren Ausbilder. Er stand am Rand des Beckens und schnauzte die darin Schwimmenden an, nicht so rumzutrödeln.
"Aber er ist schon verdammt attraktiv...." Gott, hatte ich das jetzt wirklich gesagt? Ich, die sich noch nie sonderlich für das andere Geschlecht interessiert hatte und für die ganzen Schwärmereien meiner Altersgenossinen nur ein müdes Kopfschütteln übrig gehabt hatte. Ausgerechnet ich fing jetzt damit an mit einem Mädchen, das zwar inzwischen eine meiner besten Freundinnen war, die ich aber trotzdem gerade mal ein paar Wochen kannte, über das Aussehen unseres Ausbilders zu quatschen.
"Dafür, dass er blonde Haare hat schon, ja. Ich finde die dunkelhaarigen Typen zwar besser, aber wenn Damon sich auf ein Umstyling einlassen würde, wäre mir sein Charakter sogar fast egal." Anne tat so, als würde sie fachmännisch überlegen, welche Haarfarbe angemessener wäre. "Ich wette, er kann super küssen, vielleicht solltest du es mal ausprobieren." Grinsend versuchte sie mich hoch in Richtung unseres Gesprächsgegenstandes zu ziehen. Lachend schüttelte ich sie ab, die anderen starrten uns auch so schon an, da mussten sie nicht noch mitbekommen, worüber wir sprachen.
"Du bist unmöglich, Anne."
"Sagt das Mädchen, das in einen verboten gutaussehenden Typen, der sie mit voller Absicht fast ertränkt und ihr ein paar gebrochene Rippen beschert hat, verknallt ist." Der Satz sollte eigentlich ernst klingen, doch durch unser Gekicher verlor er seine geplante Wirkung wieder.
"Ich. Bin. Nicht. In. Ihn. Verknallt", brachte ich atemlos hervor. Wenn wir nicht gerade so herzhaft gelacht hätten, wäre ich ihr vermutlich bald an die Kehle gegangen, wenn sie nicht damit aufhörte mir etwas über meine Gefühle erzählen zu wollen.
"Willst du mir ernsthaft sagen, dass du dir noch nie vorgestellt hast, wie es wäre, wenn er dich küsst?" Anne hatte sich wieder vom Lachkrampf eingekriegt und sah mich neugierig an. Ich musste an den Moment gestern in der Trainingshalle zurückdenken; sie hatte recht, das hatte ich tatsächlich schon überlegt, den Gedanken aber ziemlich schnell wieder von mir geschoben. "Ich wüsste nicht wieso ich deswegen in ihn verknallt sein sollte...Abgesehen davon, ist er garantiert nicht in der Hinsicht an mir interessiert."
Anne grinste nur wissend und übersah meine Verlegenheit gekonnt. "Hast du noch nie was von dem Sprichwort 'was sich liebt, das neckt sich' gehört? Aber keine Sorge, ich erzähls keinem, nicht mal Sarah." Sie zwinkerte mir zu, worauf ich mich nur resigniert wieder hinlegte und die Augen schloss; warum konnte sie denn nicht von dem Thema wegkommen?

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Where stories live. Discover now