Nach einer geschätzten Stunde und 10 Fragen nach dem Weg hatte ich es schließlich zu dieser komischen Halle geschafft. Eigentlich hatte ich alles andere als Lust da jetzt rein zu gehen, aber mir blieb wohl nichts anderes übrig, außer ich wollte unbedingt zurück auf die Straße und unter einer Brücke schlafen. Ein letztes Mal atmete ich tief durch, öffnete die Tür einen Spalt und schlüpfte hindurch. Staunend blieb ich stehen, mit so einer Größe hatte ich nicht gerechnet. Links von mir waren mehrere dicke Matten auf dem Boden und an der Wand, dahinter stand eine Kletterwand. Rechts war eine Art Parcours aufgebaut, am Ende gab es einen Schießstand, soweit ich das beurteilen konnte, und daran schloss sich eine Wand an, die aber aussah, als könnte sie hochgefahren werden.
"Wie schön, dass du es auch noch geschafft hast." Erschrocken drehte ich mich um und sah, wie Damon mich mit hochgezogener Augenbraue musterte. "Wenn mich mal jemand herumgeführt hätte, anstatt mich alleine durch diese gigantische Anlage irren zu lassen, wäre ich schon vor Ewigkeiten angekommen" gab ich bissig zurück und sah mit Genugtuung, dass ihn das etwas aus dem Konzept brachte. Offenbar war er es nicht gewohnt, dass ihm jemand kontra gab und hatte eigentlich auf eine Entschuldigung gewartet. Ha, da konnte er lange drauf warten.
Erst jetzt bemerkte ich eine Gruppe von jungen Männern und Frauen, die in ihrer Tätigkeit innegehalten hatten und Damon und mich beobachteten. Die meisten von denen waren etwa in meinem Alter, nur ein paar wenige waren bereits um die 30.
"Weitermachen, vom rumstehen werdet ihr auch nicht besser!", blaffte Damon die anderen an und wandte sich dann wieder mir zu. "Mitkommen." Ohne auf mich zu warten ging er in Richtung der Matten. Ich ahnte böses, auf diesen Dingern fanden bestimmt die Zweikämpfe, oder wie man das nannte, statt. Zögernd folgte ich ihm und schließlich standen wir uns in etwa zwei Metern Entfernung gegenüber.
"Es gibt ein paar Dinge, die du als Phoenix immer beachten musst. Erste und wichtigste Regel: widersetze dich nicht meinen Befehlen, solche Leute kann ich hier nicht gebrauchen." Super, dann wusste ich ja schon, wie ich hier am besten und einfachsten wieder weg kam. Ein Schlag gegen meine Beine ließ mich erschrocken rückwärts auf die Matte knallen. "Was sollte das denn??" Ärgerlich rieb ich mir mein schmerzendes Schienbein, während Damon mich nur spöttisch ansah. "Regel Nummer zwei: immer aufmerksam sein." Gut zu wissen, deswegen muss er mich doch nicht gleich angreifen, dachte ich genervt und rappelte mich auf, wobei ich meinen Ausbilder diesmal nicht aus den Augen ließ. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich sonst gleich wieder auf dem Boden landen würde.
"Abgesehen davon gibt es noch ein paar andere Dinge, die wirst du aber mit der Zeit lernen. Eine Sache wäre aber noch wichtig: eine der bedeutendsten Eigenschaften der Phoenix ist Mut, was aber nicht bedeutet, dass man deswegen irgendetwas dummes tun muss, nur weil das mutig wäre." Plötzlich war sein Blick wieder ernst geworden, ich fragte mich, was er wohl mit 'etwas dummes' meinte. Trotzdem fragte ich lieber nicht nach, ich hatte nicht wirklich Lust mich mit ihm anzulegen, da ich so oder so in einem Kampf die Unterlegene wäre. Stattdessen wartete ich lieber und versuchte unauffällig einen größeren Abstand zwischen uns aufzubauen.
"Normalerweise kommen hier immer mehrere Neue auf einmal an, da du diesen Termin verpasst hast, wirst du erstmal Einzeltrainig bei mir haben, bis du das Niveau der anderen erreicht hast." Das war doch wohl ein schlechter Scherz; da wurde ich schon unfreiwillig hierher geschleppt und dann musste ich mich auch noch ganz allein mit ihm rumschlagen. "Kann ich nicht einfach auf die nächsten Rekruten warten?" Ich versuchte meine Stimme nicht allzu hoffnungsvoll klingen zu lassen. Irgendwie hatte ich schon mit dem kalten "Nein, vergiss es." gerechnet, trotzdem war da dieser kleine Hoffnungsschimmer gewesen. Meine Stimmung war schlagartig auf dem Nullpunkt angekommen, als mich ein lauter Gong aus meinen Gedanken schreckte. Fragend sah ich mich nach Damon um, doch er war bereits weggegangen.
"Hey, ich bin Sarah, jetzt ist die Mittagspause, willst du vielleicht mit bei mir und meinen Freunden sitzen?" Ein braunhaariges Mädchen lächelte mich freundlich an. Unsicher nickte ich. "Ich bin Lola..." Nachdem wir die Halle verlassen hatten, betraten wir einen großen Raum, der offenbar sowas wie ein Speisesaal war. Sicherheitshalber schnappte ich mir genau das selbe Essen wie Sarah, da ich hoffte, dass sie wusste, was hier schmeckte und was nicht.
"Also das sind Anne, Paul, Lukas und Liz. Leute, das ist Lola, das neue Opfer von Damon." Wir waren an einem langen Tisch angekommen und Sarah zeigte der Reihe nach auf eine zierliche Blondine, einen Jungen mit kurzen schwarzen Locken und einen Jungen, der seine Haare in einem dunklen lila gefärbt hatte. Liz kannte ich ja schon und ließ mich erleichtert neben sie fallen. Die anderen sahen mich mitleidig an, bis schließlich Anne das Wort ergriff. "Tut mir echt leid, dass du jetzt Einzeltraining mit ihm machen musst, dass wird kein Zuckerschlecken werden. Warum bist du eigentlich nicht zu dem regulärem Ausbildungsbeginn gekommen?" Wütend warf ich einen vielsagenden Blick zu einem Tisch links von uns, an dem Damon mit ein paar anderen Leuten saß. "Ich wusste nicht einmal, dass es überhaupt sowas wie Rebellen gibt, bevor er mich unbedingt entführen und hierher bringen musste." Ich wusste nicht, dass man noch mitleidiger aussehen konnte, doch Sarah schaffte es sogar. Für einen Moment war die Stimmung ziemlich bedrückt, bis Paul anfing zu grinsen. "Naja, einen Vorteil hat das ganze ja...."
"Ach ja?", skeptisch sah ich ihn an, das konnte ich mir irgendwie nicht vorstellen.
"...jetzt haben wir fürs erste Ruhe vor ihm." Für diesen Kommentar wurde er von Lukas mit einem Brötchen abgeworfen, während ich mir nur ein klägliches Lächeln abringen konnte.

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Where stories live. Discover now