Kapitel 10 - Ghostbusters

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Es musste an der Art liegen, wie Helena mal lauter, mal leiser vor sich hin murmelnd durch das Haus wanderte. Die Frau mit dem schlohweißen Haar, das sie in einem kunstvollen Turban aufgesteckt hatte, tat dies mit halb geschlossenen Augen, in denen man nur das Weiße sah und das Blaugrau der Iris nur mehr erahnen konnte. Während sie langsam durch die Räume ging, fuhr sie mit geöffneten Händen in großen, geschwungenen Schleifen durch die Luft um sie herum, als würde sie dort tastend etwas suchen, das man nicht sehen konnte. Dabei flatterten die Ärmel ihres in allen Regenbogenfarben schillernden Kaftans.

Sie sah aus, wie jeder sich ein Medium, eine abgehobene Esoterikerin, vorstellte. Doch als sie ihre Runde beendet hatte und Dr. Petersson mitteilte, dass sie nun mit der Besprechung beginnen konnten, richtete sich ein erstaunlich klarer Blick auf Kitty. Überhaupt hatte sich ihr ganzes Gebaren ins Gegenteil verkehrt. Jetzt ging sie mit knappen, zielgerichteten Schritten auf das Wohnzimmer zu, als Kitty vorschlug, sich dort zu unterhalten. Alles an ihr strahlte nun eine geschäftsmäßige Nüchternheit aus, und weder die bunte Aufmachung noch die extravagante Frisur konnten das wieder aufheben.

Als Scott sich ebenfalls setzen wollte, sah sie ihn durchdringend an, und Kitty beeilte sich, zu versichern: „Das ist schon in Ordnung. Das ist ein Freund, er kann ruhig mithören."

„Gut, dann fangen wir an!", sagte Dr. Petersson. Es gefiel Kitty nicht, wie die Frau ihre Stirn dabei in sorgenvolle Falten legte. Ungebeten drängten sich Bilder in ihren Kopf, wie Techniker und Assistenten den größten Teil der vergangenen zwei Tage und die ganze letzte Nacht mit verschiedensten Messgeräten bewaffnet umhergestreift waren und beim Auswerten der Ergebnisse immer wieder den Kopf geschüttelt hatten.

„Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass wir Ihnen nicht helfen können." Auch wenn Kitty es geahnt hatte, traf die Enttäuschung sie wie ein Schlag. Scott legte seine Hand auf ihren Arm und drückte sanft zu.

„Warum?", fragte er an ihrer Stelle. „Haben Sie keine paranormalen Aktivitäten feststellen können?"

„Nun, tatsächlich bewegten sich die Messungen der elektromagnetischen Strahlung im normalen Bereich. Auch haben wir nirgends und zu keiner Zeit einen signifikanten Temperatursturz registriert. Die Kameras haben weder mit Infrarot- noch mit Ultraviolett-Filtern etwas aufgefangen. Auch alle anderen Geräte, die für eine empirische Untersuchung nicht geeignet sind, wie Ovilus und Spiritbox, haben nicht angeschlagen."

„Aber ich habe gestern zwei oder drei Mal etwas wahrgenommen!", rief Kitty aufgebraucht. „Einmal, als einer Ihrer Leute einen Schrank verschoben und dabei einen tiefen Kratzer im Holzboden hinterlassen hat. Und ein zweites Mal, als Ihre Assistenten sich lautstark gestritten haben. Ich bilde mir das nicht ein!"

Die Leiterin des Instituts bat sie, sich zu beruhigen, und setzte neu an: „Das glauben wir auch nicht. Nur sind wir alle nach Rücksprache untereinander der Meinung, dass hier etwas anderes vor sich geht. Die gute Nachricht – oder schlechte, je nachdem, wie man es eben nimmt – ist, dass auch nichts auf Manipulation durch Dritte hindeutet. Vielleicht hilft Ihnen Helenas Einschätzung, sie hat nämlich eine Theorie."

Die bunt gewandete Frau lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander, bevor sie erklärte: „Auch wenn wir nichts gemessen haben, das einen Spuk belegen könnte, so habe ich doch etwas gespürt, das mir sagt, dass hier etwas nicht stimmt. Diese Schwingungen sind mit nichts vergleichbar, das ich in meiner bisherigen Arbeit erlebt habe. Da ist weder die mehr oder minder starke Energie eines Verstorbenen noch die explosive Kraft eines Poltergeists."

„Aber was ist mit meiner Vorfahrin, Morag?"

„Nun, wenn sie es ist, möchte sie nicht mit mir sprechen. Das kommt vor. Auch Geister haben Vorlieben und Abneigungen. Wir können von ihnen nicht erwarten, dass sie zutraulich sind und sich einem x-beliebigen Medium anvertrauen." Die Selbstironie, die aus Helena Lancasters feinem Lächeln sprach, machte sie sympathisch, und, was für Kitty noch wichtiger war, glaubwürdig.

Home Sweet HomeWhere stories live. Discover now