Kapitel 5

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In den letzten Wochen waren sie im Lager der Amazonen ihren Pflichten nachgekommen. Nachdem sie diese zu deren Zufriedenheit erfüllt hatten, ließ man sie gehen.
Fröhlich pfeifend ging Xystos mit festen Schritten voran. „Wie kommt es, dass du so voller Elan übersprudelst?"
„Ich habe in den letzten Wochen mit hunderten von hübschen Frauen das Bett geteilt. Das beschwingt."
Taran schaut den Freund ungläubig an. „Ich kann mir wahrlich angenehmeres vorstellen."
Xystos winkt ab: „Aber ich habe gehört, Kara wäre recht anspruchsvoll. Und die meisten ihrer Partner würden es nicht überleben. Aber da mein Zaubererfreund ja unsterblich ist, habe ich mir nicht allzugrosse Sorgen gemacht", erklärt Xystos leichthin.
„Aha! Wie kommst du auf die Idee, ich sei unsterblich?"
„Na das hast du doch gesagt!"
„Nein! Ich sagte ich bin nicht so LEICHT zu töten, aber ich kann durchaus sterben. Nur möchte ich es nicht ausprobieren!"
„Oh", entgegnet Xystos, „dann habe ich das wohl falsch verstanden. Aber umso besser, dass du überlebt hast."
Taran schüttelt den Kopf und beschleunigt sein Tempo. Die nächsten Stunden laufen die beiden schweigend hintereinander her.
Als sie den Wald verlassen, dämmert es bereits. In der Ferne ist ein kleines Dorf zu erkennen mit einigen Aussiedlerhöfen. „Vielleicht finden wir dort einen Schlafplatz", bricht Taran sein Schweigen.
„Vielleicht", stimmt ihm Xystos zu und deutet zugleich auf einen Hof, der zu brennen scheint: „vielleicht brauchen sie dort Hilfe."
„Du könntest recht haben. Lass uns gehen!"
Sie beschleunigen ihre Schritte und kommen nach einigen Minuten an: „Wir brauchen dringend wieder Pferde!", keucht der Blonde.
„Shhht!",befiehlt Taran.
Sie gingen davon aus, eine brennende Scheune vorzufinden, jedoch bietet sich ein weitaus schlimmeres Bild. Leichen liegen auf dem Hof, abgetrennte Gliedmaßen und brennende Körper. Die beiden Söldner ziehen ihre Schwerter und gehen langsam über den Hof. Xystos geht bei einer der Leichen, die kaum Verletzungen aufweist, in die Hocke und fühlt den Puls. „Der hier lebt noch", informiert er seinen Kameraden. Jener nickt nur und sucht die Umgebung ab, außer wild verteilte Hufspuren und brennende Pfeile in Häuserwänden findet er keine Spuren. „Wer auch immer das war, sie sind weg."
Bevor er sein Schwert wegstecken kann, nimmt er im Augenwinkel Bewegungen wahr. Mit der Waffe in der Hand geht er neben Xystos in die Hocke.
„Scheune und Haus", murmelt er. Der Kamerad nickt und sie stehen langsam wieder auf. Xystos zieht seine Waffe. Der einzige Ton, welcher zu vernehmen ist, ist das Klirren des mehrfach gefalteten Stahls, wie es aus dem Schaft gezogen wird.
Lautlos bewegen sie sich auf die Gebäude zu. Jeder in eine andere Richtung. Vielleicht haben sich doch ein paar Angreifer versteckt.
Als er fast am Wohnhaus ist, hört er hinter sich plötzlich Kampfgeschrei. Mit militärischer Präzision dreht er sich herum, um dem Freund zu Hilfe zu eilen. Kaum ist er zwei Schritte gegangen, spürt er einen Schlag in seinem Rücken, der ihn zum Stolpern bringt. Als er sich gefangen hat, erfolgt ein weiterer Schlag auf seinen Oberarm, der ihn erneut das Gleichgewicht kostet. Ohne Überblick wer oder was ihn angreift wird er immer weiter zurückgedrängt, bis er schließlich ganz zu Boden geht und seine Waffe verliert.
Ein gezielter Schlag gegen seinen Kopf fängt er ab und ergreift den massiven Stock. Mit einem festen Ruck entzieht er dem Angreifer dessen improvisierte Waffe und ist mit einem beherzten Sprung wieder auf seinen Beinen. Als er gerade zum Angriff übergehen will, erkennt er, dass seine Angreifer die Opfer dieses Anschlages sein müssen.
Ängstliche, aber entschlossene Augen fixieren ihn und seine Waffe. Denn in seiner Hand ist auch ein harmloser Stock eine todbringende Waffe. Im Augenwinkel sieht er Xystos der ebenfalls erkannt haben muss, dass ihre Angreifer Bauern sind, denn er verteidigt sich nur, ohne jemanden ernsthaft zu verletzen.
„Xystos! Nimm das Schwert runter!", befiehlt er ihm.
Nur widerwillig folgt er dem Befehl seines Generals und kassiert als Dank einen Schlag auf seine Schulter. Er knurrt, reißt die Waffe aus den Händen des jungen Mannes und wirft die Mistgabel dann zu Boden. Taran steckt sein Schwert weg, bevor er seine Hände hebt. „Wir sind nur Reisende, auf der Suche nach einer Unterkunft, als wir Rauch am Horizont sahen. Wir wollten helfen", erklärt Taran mit ruhiger Stimme.
Xystos tut es ihm gleich, seine Hände sind ausgebreitet und weisen von sich, so dass man erkennen kann, dass die beiden keine Gefahr darstellen.
„Wir haben nur nach Verwundeten gesucht", ergreift nun Xystos das Wort.
„Verwundet? Ihr habt hier alle getötet und unsere Frauen entführt!", Aldriks Wut und Verzweiflung ist aus jedem seiner Worte klar vernehmbar.
„Der da hinten lebt noch, allerdings wenn sich nicht bald jemand um seine Wunde kümmert, dann vermutlich nicht mehr sehr lange", ergreift Xystos noch einmal das Wort.
Die beiden stehen zwar einer Überzahl von Gegner gegenüber, dennoch hätten sie keine Schwierigkeiten sich frei zu kämpfen. Dies hier sind Bauern, keine Krieger, allerdings würde es zahlreiche weitere Verletzte und Tote geben, was der Krieger vermeiden möchte.
Aldrik schickt zwei Mann, sie sollen sich ansehen, ob der Fremde recht hat. Sie eilen zu dem vermeintlichen Leichnam:
„Aldrik! Er lebt noch. Nicolas scheint nur verwundet zu sein", ruft ihm einer der Männer zu.
„Wie es scheint, habt ihr die Wahrheit gesprochen."
„Wir haben nichts mit dem Überfall zu tun. Unsere Absichten sind friedlich. Wir möchten nur helfen", beschwichtigt Taran mit seiner ruhigen Stimme.
„Dann beweist dies und legt eure Waffen nieder! Wenn ihr nichts damit zu tun habt, dann habt ihr nichts zu befürchten!"
Die beiden tauschen einen kurzen Blick aus, bevor sie ihre Schwerter abschnallen und diese zu Boden gleiten lassen. Von der Geste ermutigt, werden sie von mehreren Dorfbewohnern in Gewahrsam genommen und abgeführt. Man führt sie in die Scheune und fesselt dort ihre Handgelenke , welche man an einem Haken befestigt und diese über ihre Kopfe, ruckartig an einem Seilzugsystem nach oben zieht. Beide keuchen Schmerzhaft auf, als sie nur noch auf Zehenspitzen stehen können. Schließlich lässt man sie alleine.
„War das etwa dein Plan?", knurrt Xystos. „Gefangen in einer dreckigen Scheune hängen?"
„Nicht so detailliert, aber ja. Die Menschen sind nicht gefährlich, sie haben Angst."
„Ängstliche Menschen sind definitiv Gefährlich und vorallem machen sie dumme Sachen!"
Xystos versucht eine etwas bequemere Position einzunehmen, gibt aber wieder auf, als es nur noch schlimmer wird.
Taran fixiert die Seilwinde und lässt sie beide etwas runter, damit sie mit den Füßen wieder fest auf dem Boden stehen.
„Besser?"
„Nein, ich bin noch immer gefesselt", knurrt er missmutig. „Mach uns los und wir verschwinden!"
Taran seufzt: „Diese Menschen brauchen Hilfe."
„Ja, aber nicht von uns!" er reißt an den Fesseln, ohne diese zu lösen.
„Ist doch sonst keiner hier!"
„Taran! Irgendwann bringt uns deine Hilfsbereitschaft noch einmal um!"
Wenn er könnte, würde er die Arme verschränken und seinem Freund den Rücken zudrehen, so beschränkt er sich darauf zu schweigen.

Amrei und ihre Männer Donde viven las historias. Descúbrelo ahora