Schluckend beobachtete ich Nemesis. Ihren blassen Teint und das weiche Haar, das ihr jetzt als Zopf über die Schulter viel.

Wir alle hörten in der eingekehrten Stille den ersten tiefen Atemzug von Naevan. Wo wir geschockt nach Luft schnappten, war Nemesis Schluchzen der Ausdruck reinen Glücks.

Xenos und Riniah tauschten einen Blick und wenn mich nicht alles täuschte, lag ein Anflug von Unruhe in ihm, da umarmten Nemesis und Naevan sich stürmisch.

Er drückte sich an sich und die vergrub das Gesicht in seiner Halsbeuge. Zögerte keine Sekunde vor seiner Berührung, spannte sich nicht an oder zuckte zusammen. Nichts.

Ein fahler Geschmack lag in meinen Mund und ich ballte die Hand zur Faust.

Nemesis und ich waren über Monate jeden Tag zusammen gewesen. Sie hatte mir mehrmals das Leben gerettet, mir Tanzen beigebracht, mich aus der Burg befreit. Sie war stark geblieben, obwohl sie sich ihren schlimmsten Erinnerungen gegenüber gestanden hatte.

Ich will nur.... Ich will nur das du weißt, dass du mir was bedeutest, Drystan. Ich bin gerne deine Freundin, daran hat sich nichts geändert. Alle anderen sind mir scheißegal, nur du nicht."
„Wieso erzählst du mir das?"
„Weil du es nachher vielleicht vergessen wirst."

Sie war eine Naturgewalt. Niemand konnte sich ihr in den Weg stellen, wenn sie sich etwas fest vorgenommen hatte. Ihre Stärke würde ich für immer bewundern. Vor allem, nachdem ich Bruchstücke von dem gesehen hatte, was sie in der Vergangenheit durchgemacht hatte.

Nemesis war eiskalt und brutal. Das Morden machte ihr nichts mehr aus und es klebte so viel Blut an ihren Händen, dass jeder weitere keinen Unterschied mehr machte. Wie leicht es ihr viel, andere zu töten, erschreckte mich immer noch, auch wenn ich wusste, wie sie so geworden war. Und wegen wem.

Trotzdem hatte ich nicht damit gerechnet, dass sie sich am Ende gegen die Götter stellen würde. Dass sie nichts unternehmen würde, um die Magie der Götter zurück zu holen.

Ich war Grausamkeit hin oder her fest davon überzeugt gewesen, dass sie an meiner Seite kämpfen würde. Dass sie mich unterstützen würde.
Dass wir uns nahe waren. Nicht, dass sie meine Gefühle erwiderte, aber zumindest, dass wir zusammengewachsen waren. Durch die Gefahren, die wir durchgestanden oder vor denen sie mich beschützt hatte. Dass wir einen einem Strang ziehen würden.

Trotz Riniahs Warnungen hatte ich das nie geglaubt.
Und nun hatte sie sich für Naevan entschieden. Der direkte Diener von Arnicus, der die ganze Zeit zwischen uns und dem Sieg gestanden hatte, weil er die Magie nicht zurückgeben wollte.

Magie, die Nemesis genutzt hatte um Naevan von den Toten zurückzuholen. Magie, die in ihren silbernen Augen loderte, als sie das Götterpaar fixierte.

Gemeinsam standen der Hüter und die Assassine auf. Dabei hielten sie fest die Hand des jeweils anderen, beide Gesicht eine perfekte, ebene Maske.

Nemesis hatte mich vor allem anfangs immer weggestoßen. Und Naevan hatte sie so einfach reingelassen. Vertraute ihm blind.
Ich warnte dich, dass Arnicus überzeugend sein kann.

Ich würde lügen zu behaupten, dass es mir keinen Stich gab, die beiden zu sehen. Für mich war da etwas zwischen mir und Nemesis gewesen oder zumindest auf den Weg, ernst zu werden.
Aber wie es aussah, war es zu Ende, bevor es überhaupt angefangen hatte.

Riniah und Xenos wirkten überhaupt nicht glücklich, dass Naevan wieder lebte. Dieser lächelte kalt und der Hass blitze in seinen Augen auf.

„Wir sind nicht länger eure Marionetten. Die Deals sind aufgelöst. Bis jetzt lief alles nach eurem Plan, aber ab jetzt nicht mehr."
Kurz sah er runter zu Nemesis und sie nickte kaum merklich. Also richtete er sein Wort wieder an das Götterpaar.
„Glaubt nicht, dass eure Taten ungestraft bleiben. Vielleicht ist heute nicht der Tag, aber eines Tages werde ich euch töten. So wie ihr meine Familie getötet habt. Wie ihr meine Welt vernichtet habt."

Chara und ich tauschten einen irritierten Blick.
Seine Welt? Wovon redete er?

Riniah schnaubte abfällig.
„Glaub ruhig das, was dein Gott dir erzählt hat. Arnicus hat die Geschichte passend gesponnen, dass wir die bösen sind. Aber wir werden nicht versuchen es dir auszureden, dafür bist du zu versucht von seinen Lügen."
Ihre goldenen Augen flogen zu Nemesis.
„Ihr beide."

Naevans ganzer Körper war angespannt, aber er schwieg und machte keine Anstalten, die Götter anzugreifen. Vielleicht weil er wusste, dass es nichts bringen würde.

Aber es war Nemesis, die Naevans Hand losließ, um auf die Götter zuzuschreiten. Weniger als einen Fuß blieb sie vor ihnen stehen. Ihre magisch silbernen Augen blitzen wie die einer Wölfin.

„Ihr habt es geschafft, mich zu lenken, dass ich dem Deal zugestimmt und in die Wüste gelaufen bin. Dass ihr die Magie am Ende bekommen habt. Und ihr konntet mich nutzen, damit Naevan diese Magie auch gibt. Ihr konntet uns vorher in die Burg locken und dafür sorgen, dass ich die Immunität durch das Blut nutzen kann. Ihr habt Leymalien den Pfad zu den Geheimgängen zugeflüstert, um alles danach in die Wege zu leiten."
Kurz zuckten schwarze Blitze um ihre Hände, aber diese verschwand sofort wieder.
„Aber niemand kontrolliert mich ohne Konsequenzen."
Um ihre Worte zu unterstreichen, ging ein erneutes Beben durch die Ebene.

Wut zeichnete sich klar un deutlich auf Xenos' Antlitz ab.
„Ist das eine Drohung?"
Nemesis' Erwiderung glich einem Fauchen:
„Es ist ein Versprechen."

~1427 Wörter

Nemesis - Kronen und GötterWhere stories live. Discover now