*(37) Beschützen*

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Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, in der ich diesem Wolf in die Augen sah und darauf wartete, dass einer von ihnen nach mir schnappte. Womöglich warteten sie auch bloß auf das Kommando, es gleichzeitig zu tun.

Obwohl ich nicht alle von ihnen im Blick hatte, wusste ich, dass sie ihren Kreis um mich enger schlossen. Das Knurren und Fletschen kam aus allen Richtung.

Meine Beine zitterten so sehr, dass ich mit einbildete, der Boden bebte unter mir.

Ich gewöhnte mich so plötzlich an meine Panik, an die schiere Gewissheit, dass mein Leben jetzt und hier vorbei war, dass es mich kaum überraschte, aus dem Augenwinkel einen Wolf auf mich zuspringen zu sehen.

Ich versuchte, ihm auszuweichen, aber er begrub mich unter sich. Seine Vorderpfoten standen auf meiner Brust, seine Hinterpfoten neben meinem Körper.

Er fletschte die Zähne. Aber damit richtete er sich nicht an mich. Stattdessen fixierte er den größten der anderen Wölfe und knurrte ihn an.

Mein Versuch zu atmen, veranlasste ihn dazu, seine Pfoten über meinen Schultern neben meinem Kopf abzustellen, eine links und eine rechts. Ich konnte nicht sagen wieso, aber ich war mir sicher, dass es Damian war. Es musste Damian sein.

Ein Schluchzen voller Erleichterung und Furcht brach aus meiner Kehle heraus. Jetzt steckten wir zusammen in der Scheiße.

Eine Sekunde später sprang ein Wolf Damian von der Seite an und riss ihn damit von mir.

Damian und er rollten sich auf dem Boden, schnappten nacheinander und versuchten, den jeweils anderen unter sich zu begraben.

Einer der anderen Wölfe stieß dazu. Dann ein zweiter. Und ein dritter.

Ich hörte mich Damians Namen schreien, spürte, wie mein Körper sich aufrappelte und völlig hirnlos auf den Haufen aus kämpfenden Wölfen zurannte.

Ein lautes Heulen brachte für eine Sekunde alles zum Stillstand.

Die Wölfe schälten sich von Damian und liefen mit gesenktem Haupt zur Seite.

Damian rappelte sich auf, hechelte und schleppte sich zu mir. Er hatte mehrere Kratzer im Gesicht und Bisse am ganzen Körper.

Aber damit war es nicht getan. Damian wusste das besser als ich. Er wagte es für keinen Moment, darüber nachzudenken, ob und wie er verletzt war. Alles, was er wollte, war sich zwischen mich und den größten Wolf zu stellen. Die Gefahr.

Sobald er das geschafft hatte, ließ der Wolf ein tiefes Knurren los. Es klang wie eine Warnung.

Damian knurrte zurück.

Bevor ich auch nur ansatzweise in der Lage war, ihre Körpersprache zu deuten, sprangen sie bereits aufeinander zu und rissen sich zu Boden.

Sie wälzten sich darauf dem kalten Dreck, schlugen mit den Krallen aus und bissen nach einander.

Ein markerschütterndes Jaulen hallte durch den Wald. Es war das schlimmste Geräusch, das ich jemals gehört hatte.

Ich sah mehr Blut als Fell an Damians Körper. Und trotzdem schaffte er es noch irgendwie herumzutaumeln und sich zwischen mich und den Wolf zu stellen.

Auch der Wolf war verletzt. Damian hatte ihm das Auge aufgekratzt und ihm eine klaffende Wunde an der Hinterpfote zugefügt.

Er humpelte, aber schaffte es dennoch, anmutig zu sein, als er sich über Damian aufbaute und ihn anknurrte.

Damian war kleiner als er, wusste, dass er im Kampf keine Chance hatte und spätestens dann verlieren würde, wenn die anderen Wölfe einschritten. Dennoch stand er vor mir wie ein stählernes Schild und knurrte zurück.

wild (bxb)Where stories live. Discover now