07: Feuer und Flamme

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Der fremde Mann sah sich aufmerksam im Raum um und bewegte sich auf die Sitze der Loge zu. Siegfried starrte auf den Nacken des Kerls. Es lief alles nach Plan. Jetzt müsste er nur die Schachtel nehmen und-

Der Mann im Anzug stoppte.

Siegfried hielt die Luft an, als der Mann tief die Luft einzog und ein Hauch von Ekel über seine Mimik glitt. Langsam drehte er sich um die eigene Achse, ließ den Blick schweifen. Einen Augenblick verharrte er reglos. Dann ging er zu dem Pflanzenkübel, der kürzlich Bekanntschaft mit Siegfrieds Mageninhalt gemacht hatte. Als er hineinsah, verzog sich sein Gesicht angewidert.

„Verdammt", wisperte der Werwolf dicht neben ihm tonlos. „Er ahnt die Falle."

Wegen ihm. Wegen seinen Überresten. Das sagte Raik nicht, aber der Vorwurf stand unausgesprochen zwischen ihnen und Siegfried fühlte einmal mehr unendlich große Scham in sich aufkochen.

Plötzlich drehte sich der Anzugträger um und verließ den Raum ebenso leise, wie er gekommen war – ohne die Talismane auch nur angerührt zu haben. Siegfried starrte auf die sich langsam schließende Tür.

Nein. Nein. Verdammter Dreck. Das durfte nicht passieren. Er durfte diesen Auftrag nicht in den Sand setzen. Das war die Chance gewesen. Seine Chance, sich zu beweisen. Vor seinen Mentoren, seinen Vorgesetzten und sogar vor Lillian und Raik, denen er zeigen wollte, dass er nicht so nutzlos war, wie sie es ihn die ganze Zeit spüren ließen. Er durfte nicht mit Nichts nach Hause gehen.

Ohne weiter nachzudenken, rannte er hinter dem Mann her.

„Stopp!" Raiks Stimme, leise, aber scharf.

Siegfried ignorierte das und stürmte auf die Tür zu.


„Ars magica. Unum." Der Talisman an seinem Armband gab ein hohes, kaum hörbares Klingen von sich, als die Siegelworte die gespeicherte Aura in ihm freisetzte. Aura, die der Hexer zu nutzen gedachte, um nicht von seinen eigenen Körperreserven zehren zu müssen.

Als er den Gang betrat, spürte er die Macht durch seinen Körper fließen. Im Gleichschlag seines Herzens pumpte sie durch seine Venen und Adern, als er mit seinem Geist darauf zugriff, sie neu formte, in Magie umwandelte und in seinen Händen sammelte. Er fühlte sich stark und unverwundbar. Nicht einmal Raiks leises Fluchen konnte daran etwas ändern, als der Werwolf ihm nacheilte. Der Hexer ignorierte das, musste sich beeilen. Bevor der Mann die nächste Ecke erreichte.

Ohne länger zu warten, deutete er auf den Rücken des fliehenden Mannes.

„Rumpere" Er spürte, wie ein Teil der Aura seinen Körper über die rechte Hand verließ und als wirres Flirren auf den anderen zustobte, um den natürlichen Auraschild des Mannes zu durchbrechen. Erst dann konnte er es wagen, einen Fluch in dessen Richtung zu schicken, um ihn wirkungsvoll angreifen zu können. Doch leider hatten Menschen naturgemäß von allen Rassen das stärkste Auraschild, was die meisten nahezu unverwundbar gegenüber alle übernatürliche Angriffe machte – aber auch blind für alles, dass mit Aura und Magie zu tun hatte.

Doch der Fremde war schon herumgewirbelt, ehe das Flirren bei ihm angekommen war. Anscheinend war dieser Mensch nicht blind für die Magie um ihn herum, denn er hechtete gekonnt beiseite, um Siegfrieds Aurastoß auszuweichen.

Trotzdem hatte der Hexer Schaden hinterlassen. Siegfried spürte das in der plötzlich frei werdenden Aura, die jetzt überall um sie herum waberte und ein sanftes Prickeln auf seiner Haut hinterließ. Die Frage war, wieviel Auraschutz der Mann jetzt noch hatte. Lohnte sich ein direkter Angriff? Siegfried zögerte nur einen winzigen Moment.

Zu lang.

Der Mann hatte einen Feueranzünder gezogen.

Klick.

Ein winziges Gas-Flämmchen erschien an der Spitze des Anzünders und züngelte über eine kleine, goldene Münze. Sie sah genauso aus, wie die, die Siegfried bis vor kurzem in seiner Anzugtasche herumgetragen hatte.

„Feuer", keuchte Raik dicht hinter ihm, packte Siegfried am Kragen und zerrte ihn mit einem brutalen Ruck zurück in die Loge.

Etwas knackte. Schmerz durchzuckte Siegfrieds Schulter, als ein Aurastoß wie eine Druckwelle kribbelnd an ihm vorbeifuhr. Dicht gefolgt von sengender Hitze, die dort einschlug, wo er gerade noch gestanden hatte.

Sofort fing die Tapete Feuer, das gierig über den brennfreudigen Leim und das trockene Papier an den Wänden zu leckte.

Noch bevor Siegfried um die Ecke schauen konnte, zog eine weitere Hitzewelle an ihm vorbei und schlug in das dekorative Ölbild der Aphrodite ein. Auch das fing sofort Feuer und innerhalb von Sekunden war die Göttin von gierig flüsternden Flämmchen umgeben.

„Scheiße", fluchte Raik mit einem kurzen, prüfenden Blick auf die schnell größer werdenden Flammen. „Wir müssen hier raus."


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Lichtis Quatschecke:

An dieser Stelle nutzt Siegfried ein paar lateinische Begriffe, weil Latein unter Hexen noch immer sehr gebräuchlich ist (Warum? Hauptsächlich weil Talisamane auf bestimmte Trigger als Auslöser programmiert werden müssen, um aktiviert zuw erden, meist sind das Worte. Da ist es besser, Worte zu verwenden, die man nicht ausversehen in einem Gespräch nutzten wird.). 

Ich selbst kann aber kein Latein ^^''. 

Aber die wundervolle Kaind0 kann das! :D Sie hat mir großzügig bei den Übersetzungen geholfen! :D Und für alle, die wie ich auch komplett verloren sind mit dieser Sprache, hier die Übersetzung der benutzten Worte:

Ars Magica = magische Kunst
Unum = eins
Rumpere = zerstören

Habt noch einen schönen Tag!

Eure Lichti. :)


Der Geschmack von AscheWhere stories live. Discover now