Ich dagegen würde mir jetzt ein Bad genehmigen, einen Power Nap gönnen, ehe ich mich mit dem Menschen befassen würde, der den Brief geschrieben hatte.
Ach und dann stand morgen Blut und mein Tod auf der Liste.

Bei den Gedanken fühlte ich mir nur noch müder und unterdrückte ein Stöhnen.

Naevan folgte mir die Treppe hoch, schwieg aber als ich mich zitternd am Gelände abstützen musste.

„Nemesis"
Kurz schloss ich die Augen, glättete meine Züge, ehe ich mich zu Drystan am Fuße der Treppe umwandte. Seine Eltern waren in dem Flur zum Kriesrat verschwunden. Hinter ihm stand nur noch Phyrros, der uns mit verschränkten Armen, distanziert musterte.

Naevan blieb ebenfalls auf meiner Stufe stehen und sah kühl zum Prinzen herab. Die vorherige Auseinandersetzung noch nicht vergessen.

„Kann ich kurz mit dir sprechen? Allein?"

Naevans Blick verdüsterte sich merklich, aber er presste die Lippen aufeinander und sah ruhig zu mir.

„Nein."
Drystan blinzelte überrascht.
„Jetzt nicht. Morgen."
Wieder kippte die Welt für einen Moment, aber ich blinzelte den Schwindel hastig weg, um mich wieder auf Drystan zu fokussieren.

Dieser öffnete den Mund, besann sich dann eines Besseren und nickte.
„Ok. Ruh dich gut aus."
Ohne Naevan noch einmal anzusehen, verschwand er in den Gang, den auch seine Eltern genommen hatten. Sein Kammerdiener kam mit einem letzten düsteren Blick zu uns hinterher.

Kaum war er weg, durchlief ein Zittern meinen Körper und meine Beine gaben es auf mich zu tragen. Bevor ich mir jedoch die Knie an den Treppenstufen zertrümmern konnte, fing Naevan mich auf und zog mich zurück auf die Füße.

Sofort umgab mich sein Duft nach dem Wüstentempel. Flatternd schloss ich die Augen, der Versuchung von Schlaf um ein Haar nachgebend.

„Soll ich dich tragen?", bot er leise an, während ich mehr an ihm lehnte, als das ich tatsächlich stand. Von der Seite sah ich zu ihm auf.

Das dunkle Haar war nicht mehr nass, aber zerzaust und fiel ihm unordentlich in die Stirn. Im Gegensatz zu der abweisenden Miene gegenüber Drystan, war sein Blick weich, als er mich sanft ansah. Ein Hauch Sorge schwang in seiner Stimme mit.

„Pass auf", sagte ich leise, „Man könnte denken, du hast Angst um mich."
Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht.
„Das halte ich für ein Gerücht."
„Stütz mich einfach, ja?"

Sofort wurde er wieder ernst, schob meinen Arm über seine Schulter und legte seine Hand zögerlich auf meine Hüfte.
„In Ordnung so?"
Ich nickte und zwang meine Muskeln mich die Treppen hochzubringen.
Ich wusste, dass Naevan eigentlich unser gesamtes Gewicht trug, aber er brachte mich schweigend die Stufen hoch, durch die Flure zu meinem Zimmer, öffnete dir Tür und bugsierte mich in den Raum.

„Danke", murmelte ich und wollte den Arm von ihm runter nehmen, aber kaum stand ich alleine, knickten mit dir Beine wieder weg und nur Naevan verhinderte dass ich den Boden umarmte.

„Ganz langsam", meinte er, als wir jetzt zusammen auf dem Boden knieten. Das Abendlicht fiel schräg durch das Fenster des Balkon und verwandelte seine Augen in flüssiges Gold.
„Ich lasse dir ein Bad ein und du ruhst dich aus, ok?"

Erst wollte ich protestieren, aber dann senkte ich geschlagen den Kopf. Ich merkte ja selber, wie meine Muskeln zitterten und meine Augen mir fast zufielen.

„Schaffts du es zum Bett?"
Nachdenklich sah ich auf die Matratze auf Augenhöhe neben mir.
„Nein. Ich glaub der Boden tut es auch."

Naevan lachte auf, als ich mich einfach auf den Rücken legte und die Glieder von mir streckte.

Nemesis - Kronen und GötterWhere stories live. Discover now