Ich dachte nicht an die anderen Männer, die sich an mir gelabt hatten. Ich dachte nur an Naevans Duft und seine Lippen auf meinem Mund.

Da er sich noch immer mit jeglichen Berührungen zurückhielt, nahm ich vorsichtig seine angespannten Hände und legte eine davon auf meine Hüfte.
Die andere erlaubte ich ihm, auf meine Wange zu legen.

Für einen Moment lösten wir uns schwer atmend voneinander und sahen den jeweils anderen ungläubig an. Naevans Wangen waren leicht gerötet und sein Gesicht so verwundbar wie noch nie, sein Mund noch leicht geöffnet.

„Das habe ich schon viel länger tun wollen, als ich zugeben will", gestand er rau.
„Dann hör nicht auf."

Als wir diesmal aufeinandertrafen war da nichts unschuldiges mehr an sich. Wir erkundeten den jeweils anderen als gäbe es kein Morgen mehr.

Dabei schmeckte ich das Salz von dem Meerwasser, aus dem er mich gerettet hatte. Wasser tropfte von unserer Kleidung auf den hölzernen Steg und lief an unseren Wangen herab, aber wir bemerkten es kaum. Genauso wenig scherten wir uns um das Blut, das noch an uns beiden klebte.

Naevans Hand ruhte ruhig auf meiner Hüfte, aber er ließ sie nicht weiter wandern. Ebenso sanft strich er über meine Wange, während ich seinen Mund eroberte.
Die Art, wie er mich berührte, ließ mich am ganzen Körper erschauern. Das war nicht die Gier oder der Besitzanspruch, den ich kannte.
Es war Ehrfurcht.

In diesem Moment dachte ich nicht an Allstair. Ich dachte nur an Naevan.

Daran wie perfekt sich sein Körper an meinen schmiegte, wie wundervoll weich seine Lippen waren und wie unfassbar vorsichtig er mich hielt.

Ich wusste, ich fiel, aber es war mir egal. Es war mir egal, dass wir einen Schritt getan hatten, der nicht mehr rückgängig zu machen war. Dass ich sterben würde, weil er lebte und andersrum.

Eine Hand an seinem Hinterkopf, drückte ich die zweite ein wenig stärker gegen seine Brust. Dort, wo sein Herz schneller schlug.
Ein zweites Mal lösten wir uns. Doch die knisternde Energie war nicht verflogen. Die Anziehungskraft blieb da und weckte in mir den Wunsch, ihn erneut heranzuziehen.

„Am liebsten hätte ich dich in dem Moment geküsst, in dem du in die Schlacht gesprungen bist", erzählte er leise und legte seine Stirn an meine, „Du hast die Schwerter gezogen, ohne Angst und mit wilder Entschlossenheit, da wusste ich, ich bin verloren."
Unterhalb meiner Wimpern sah ich ihn an.
„Was hat dich zurück gehalten?"

Ich spürte die Vibration seines Lachens.
„Infizierte?"
„Oh stimmt. Da war ja was."

Wieder lachte er und richtete sich auf, seine Hände lagen noch immer dort wo ich sie hingelegt hatte und wir waren kein Stück zurückgewichen. Es gab kaum einen Zentimeter seines Körpers, den ich nicht an meinem spürte.
Aber ich fühlte mich wohl mit der Wärme, in die ich gehüllt war.

Es war als schirmte er mich vor allem ab. Mit seinen sanften Händen war jede andere Berührung vor ihm vergessen.

„Ich will nicht an etwas anderes als jetzt denken", murmelte ich leise und sein Lächeln verflog.
„Ich auch nicht."
Seufzend sah ich in die Richtung, aus der vorher Drystan und die anderen gekommen waren.
„Aber wir müssen weiter. Morgen wird Arnicus schon angreifen."
Sein ganzer Körper versteifte sich und Schmerz blitzte in seinen Augen auf. Denn wir dachten an das gleiche: meinen Tod.

„Wir schaffen es nur rechtzeitig, wenn du uns alle wieder übernatürlich schnell werden lässt", bemerkte Naevan, „Und das ist zu viel."
Ich presste den Kiefer aufeinander. „Ich schaffe das. Ihr müsst mir nur genügend Magie geben."
Er berührte sanft mein Kinn, um es zurück zu ihm zu drehen. Die Berührung so flüchtig, dass ich sie kaum spürte.

Nemesis - Kronen und GötterKde žijí příběhy. Začni objevovat