Drystan setze sich auf die andere Seite, streckte die Beine aus und seufzte.
„Das werden vielleicht die letzen ruhigen Minuten für die nächsten Wochen", murmelte er düster, „Je nachdem, was Naevan beschließt zu tun."

Statt etwas zu sagen, nahm ich mit lieber noch eine Erdbeere. Und behielt die Umgebung im Blick.

„Hast du eine Idee, wie man ihn überzeugen könnte? Was sollen wir tun?"
Schließlich wandte ich ihm mein Gesicht zu.
„Wieso denkst du, dass ich das wüsste?"
Er zuckte die Schultern.
„Naja, ihr wart zusammen unterwegs. Vielleicht hat er was erzählt?"
Darauf konnte ich nur schnauben.
„Eher nicht."

Es spielte keine Rolle, was Drystan oder der Rat tun würden. Naevan würde ihnen die Magie nicht geben.
Und wenn ich vorher keinen Weg fand, aus dem Deal raus zu kommen, würde ich sterben.
Wieder verkrampfte sich mein Herz, aber ich konnte die aufkommende Angst schnell wieder unterdrücken.

Um das Thema zu wechseln, fragte ich also:
„Habt ihr rausgefunden wer der Verräter ist?"

Der Prinz verzog den Mund und drehte sein Gesicht den Hecken zu, die uns im Zentrum des Labyrinths umgaben.
„Leider nein."
„Irgendeinen Hinweis?"
Er schüttelte den Kopf.

Mein Gesicht war ausdruckslos, als ich die Tatsache hinnahm.
„Dann kümmere dich darum."

Ratlos sah er wieder zu mir.
„Aber wie denn? Als Chara und ich unterschiedliche Angaben wegen den Truppenbewegungen jeweils an Aramis, Martell und Phyrros weitergeleitet haben, hat es nichts genützt. Allstair war trotzdem da, wo wir waren."

„Das ist alles, was ihr gemacht habt?"
Meine Stimme war ruhig, aber innerlich wurde ich langsam sauer.
Wofür hatte er mich durch die Wüste gejagt, während er selbst nichts unternommen hatte, um den Maulwurf zu finden?

„Was fällt dir denn noch ein? Du wart nur bisschen mehr als eine Woche weg", er zuckte die Schultern, „Und ist ja nicht so, als würden wir rumgesessen haben."
„Dann übt ein bisschen Druck aus", schlug ich trocken vor, „Geht in die Offensive."
„Schlägst du gerade vor, meine Freunde zu bedrohen?"
„Nun, einer von ihnen ist doch der Verräter oder nicht?"

Drystan wirkte ehrlich entsetzt. Dabei sollte er mich besser kennen.
„Hör zu, ich sage ja nicht, dass du sie foltern sollst."
Sein erschrockenes Gesicht veränderte sich nicht.
„Das ist nicht viel besser."

Wieder einmal kollidierten seine Moral mit meiner Erziehung.
„Wir sind im Krieg", erinnerte ich ihn also, „Wir haben keine Zeit für Befindlichkeiten."
„Es sind meine Freunde! Was würdest du denn davon halten, wenn ich dir drohen würde?"

Von der Seite sah ich ihn an. Das Frühstück hatten wir kaum angerührt und schon waren wir wieder mit in unseren unterschiedlichen Grundhaltungen verstrickt.

„Mir kann man nicht drohen. Dafür müsste ich etwas haben, das ich verlieren kann."
Ich verfolgte einen gelben Schmetterling vor mir mit den Augen.
„Und du wärst ein Narr, es zu versuchen."
„Das wäre ich wohl", murmelte er leise und wir verfielen in Schweigen.

„Dann konfrontiere sie damit", schlug ich eine deutlich ineffektivere Möglichkeit vor, „Dann sag ich dir, ob sie lügen oder nicht."
„Du konntest es bis jetzt doch auch nicht sagen."
„Drystan, weswegen sind wir hier?"

Er blinzelte und schien zu bemerken, dass wir wieder anfingen zu diskutieren. Beschämt senkte er den Kopf.
„Du hast recht. Tut mir leid."

Nickend lehnte ich mich auf die Arme gestützt nach hinten. Äußerlich entspannt, aber innerlich immer wachsam.

„Eigentlich wollte ich nur sicher gehen, dass bei dir alles gut ist", murmelte er, „Ich bin einfach angespannt im Moment. Da habe ich die Magie von Riniah und kann nichts tun."

Nemesis - Kronen und GötterOù les histoires vivent. Découvrez maintenant