Shit, das habe ich ja total vergessen!

Verwirrung spiegelt sich in Liems Gesicht wieder, als er sich hin und wieder skeptisch umblickt.

„Liegt es im Bereich des Möglichen, dass während meiner Abwesenheit etwas Bestimmtes geschah?"

„Möglicherweise."

„Möglicherweise?"

„Möglicherweise."

„Und dieses Möglicherweise bezieht sich auf genau was?", frägt er neugierig. Ich schweige einen Moment, in dem ich nach den richtigen Worten suche.

„Muss ich dir die Antwort nun auch noch aus der Nase ziehen?", frägt er nun sichtlich genervter. Abrupt drehe ich mich auf dem Absatz um und versperre ihm somit den Weg. Perplex zieht er die Augenbrauen hoch, in Erwartung was ich ihm jetzt gestehen werde.

„Ich habe möglicherweise behauptet, dass ich mit dem hotesten Typen der Schule gehe. Mit dir. Zufrieden?" Meine nun roten Wangen machen bestimmt schon einer Tomate Konkurrenz, so sehr wie sie brennen.

„Ach, ist das so?" Langsam schleicht sich auch ein leichtes Lächeln auf seine Lippen. „Na wenn das so ist." Angetan hakt er noch einmal nach. „Mit wem gehst du? Ich habe es leider nicht ganz verstanden." „Mit dir.", murmele ich mit verschränkten Armen. Zu schüchtern um ihm ins Gesicht zu blicken. „Entschuldigung, ich habe dich leider überhaupt nicht gehört. Du hast so genuschelt." Nun beugt er sich zu mir hinab und versucht meinen Blick einzufangen. Das leichte Lächeln hat sich mittlerweile in ein breites Grinsen verwandelt.

„Mit niemandem!", gebe ich schmollend von mir, und wende mich mit einem bohrenden Blick im Rücken von ihm ab.

Nach wenigen Minuten in denen ich mein Schweigen wahrte und er amüsiert neben mir herlief, fällt mir abrupt wieder das Foto von Cloe ein. Ich drehe mich um und halte es abwartend vor Liems Nase.

"Wer ist sie?" Verwirrt zieht er die Augenbrauen zusammen. "Das ist meine Schwester Norah, aber... von woher hast du das Bild?" hakt er argwöhnisch nach.

"Cloe hat es mir geschickt." "Cloe? Unsere Cloe?" „Jup, genau die." Skeptisch formt er seine Augen zu schlitzen und betrachtet das Bild genauer. „Wo ist sie jetzt?" Schuldig fühlend presse ich meine Lippen aufeinander. „Sie weilt nicht mehr unter uns." Seine Augen weiten sich. „Seit wann?" „Anscheinend ist sie noch am selben Tag gestorben, an dem sie mir dieses Bild zusandte. Wenige Tage darauf starben ebenfalls einer aus der Unterstufe, und Aaron." „Aaron?" Ich verdrehe genervt die Augen. „Niemand, nur jemand aus der Parallelklasse mit dem ich ein paar Worte wechselte, kein Grund zur Sorge.", versichere ich ihm. Dennoch hänge ich ein: „Außerdem warst du derjenigen der nicht da war, also insofern..", noch hinten dran. „Ach komm schon Phoebe, ich habe mich doch bereits entschuldigt. Müssen wir das Thema noch einmal aufgreifen?" Leicht schüttele ich den Kopf, als ich mich an ein paar Schülern in Richtung Aula vorbei schiebe. „Nein, müssen wir nicht. Aber nur damit du es weißt, die 3 Tote waren nicht der einzige erwähnenswerte Vorfall." „Sondern?" „Ethan lebt."

Ich hatte Liem direkt hinter mir erwartet, doch als ich mich umdrehe sehe ich wie er wenige Schritte hinter mir wie angewurzelt stehen bleibt. Bei genauerem Betrachten erkennt man wie sich sein Körper anspannt und er starr in die Ferne blickt. Verwirrung spiegelt sich in seinem Blick wieder, und ich könnte schwören, dass seine Haut einen blasseren Ton als eh schon angenommen hat. Schräg mustere ich ihn. „Alles okay bei dir? Du siehst nicht gut aus."

„Woher weißt du das?" Skeptisch lege ich meine Stirn in Falten. „Naja, ich meine alleine, das all die Farbe aus deinem Gesicht weicht spricht doch schon Bände." „Nein, woher weißt du das er lebt."

„Weil ich ihn gesehen habe und mit ihm sprach." „Nachdem Szenario auf dem Dachboden redest du mit ihm?" Entgeistert blickt er mich an, als wäre ich eine Verrückte, der er erklären müsste nicht bei Rot über die Straße zu laufen. „Nein, ich meine ja." Unsicher weiche ich Liems durchdringendem Blick aus. „Hat sich halt so ergeben.", versuche ich ihm zu erklären.

„Hat sich halt so ergeben? Dein Ernst? Du machst mich echt fertig, weißt du das?", gesteht er mir während er sich seine Hand an die Stirn presst. „Musst du erst sagen.", erwidere ich bissig. „Wo liegt denn das Problem wenn er noch lebt? Ist doch gut. So muss ich wenigstens nicht mehr mit all den Schuldgefühlen leben."

Und schon bereue ich es fast wieder diese Worte in den Mund genommen zu haben, denn meine Gedanken schwanken mit einem Mal zu der Pistole, welche mir Ethan an den Kopf hielt.

„Phoebe, es gibt kein Problem dabei, es.., es ist einfach nur ein merkwürdiges Gefühl, wenn eine Person die du für tot hieltest plötzlich wieder quietsch lebendig ist. Außerdem muss ich immer noch an das denken was er dir angetan hat.", versucht er mir ruhig zu erklären. „Ich verstehe ja deine Bedenken, aber lass das mal mein Problem sein okay?", schlage ich ebenfalls wieder einen sanfteren Ton an. Er scheint für einen kurzen Moment unentschieden, antwortet aber dennoch, wenn auch zögerlich: „Wenn du meinst."

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