Letters - Dramione Oneshot

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Sie konnte es eigentlich selbst noch nicht ganz glauben, aber mittlerweile hatte sie sich an seine Anwesenheit gewöhnt.
Der Arithmantikunterricht war übersichtlich, obwohl er aus einem Mix aus Siebtklässlern und freiwilligen Wiederholern bestand, denn das Fach erfreute sich nach wie vor nicht der größten Beliebtheit.
Hermine mochte es - die klare Struktur gab ihr Sicherheit und auch mit Professor Vektor kam sie gut zurecht.
Aufgrund der geringern Teilnehmerzahl war es ihr aber aus irgendeinem Grund sofort klar gewesen, was passieren würde, als Professor Vektor vor einem Monat plötzlich angekündigt hatte, dass sie zu zweit über Weihnachten und bis in den Frühling hinein in Partnerarbeit an einem Projekt arbeiten sollten.
Professor Vektor hatte mit einem Zufalls-Zuordnungszauber gearbeitet, der wahllos Zweierteams mit einem bunt schimmernden Band zusammenführte, das nach wenigen Sekunden wieder verblasste und schließlich verschwunden war.
Die Paare hatten sich - teilweise murrend, aber alle gehorsam - zusammengefunden, nur sie und ihr Partner waren so lange erstarrt im Raum stehen geblieben, bis das Band völlig verschwunden war.
Sie wusste nicht, warum sie es so sicher gewusst hatte, dass der Zufalls-Zuordnungszauber sie und Draco Malfoy zusammenführen würde. Vielleicht, weil sie einfach an die Ironie des Schicksal glaubte.
Sie hatte sich ergeben an den freien Tisch neben sich gesetzt und Malfoy hatte sich ziemlich offensichtlich einen Ruck gegeben, war sogar verhältnismäßig rasch zu ihr herübergeschritten, hatte seine Tasche neben den Tisch gepfeffert und den Stuhl an den äußerst möglichen Rand des Tisches gezogen, ehe er sich schwer darauf fallen ließ.
Hermine hatte ihre Sachen ausgepackt und ihn nicht einmal angesehen, während die anderen Teams bereits leise miteinander sprachen. Einige, die sich offensichtlich über die Zuordnung freuten, lachten zusammen, andere, die sich bisher nur oberflächlich kannten, stellten sich gegenseitig etwas genauer vor.
Nur sie und Malfoy hatten geschwiegen.
Professor Vektor hatte allen Teams ein Pergament ausgeteilt, auf dem die genaue Aufgabe erklärt wurde, und als Hermine begann, die Aufgabenstellung zu lesen, hatte auch Malfoy sich sichtlich widerwillig etwas näher gebeugt und den Text schweigend überflogen.
Ab diesem Zeitpunkt hatten sie nur das Nötigste geredet.
Ziemlich schnell und überraschend unkompliziert - Hermine hatte damit gerechnet, dass Malfoy ihr bewusst Probleme machen würde, was er aber nicht getan hatte - hatten sie die Aufgaben untereinander aufgeteilt, so gezielt und strukturiert, dass es nicht einmal nötig war, sich außerhalb des Unterrichts zu treffen, wie die anderen Teams es taten.
Trotzdem kamen sie nicht umhin, während des Unterrichts zu kommunizieren, denn sie mussten ihre Ergebnisse austauschen und abgleichen und auch ihre Aufsätze zu einem einzigen Text zusammenfügen, und dazu war es nötig, teilweise Änderungen in Schreibstil und Wortwahl vorzunehmen, damit das ganze ein rundes Bild abgab, wenn sie schlussendlich alles präsentieren wollten.
Zweimal die Woche musste sie also daher im Unterricht mit ihm sprechen. Dabei hatte er sie noch kein einziges Mal angesehen. Selbst wenn er mit ihr sprach, sah er auf eins der Pergamente oder beobachete interessiert seine Schreibfeder, die er zwischen seinen Fingern drehte. Den Rest der Woche gingen sie sich vollständig aus dem Weg.

Hermine saß in der Bibliothek und arbeitete an ihrem Arithmantikaufsatz.
Malfoy saß etliche Tische von ihr entfernt, und eigentlich, dachte Hermine, war es albern, dass sie im selben Raum saßen und an dem selben Projekt arbeiteten, sich aber nicht mal eines Blickes würdigten. Allerdings fiel ihr nicht einmal im Traum ein, Malfoy anzusprechen. Er hatte sie bemerkt, als sie die Bibliothek betreten hatte, hatte aber auch keine Anstalten gemacht, Kontakt zu ihr aufzunehmen.
Weihnachten stand vor der Tür und Hermine war einige der wenigen, die zu dieser Zeit in Hogwarts blieben. Morgen war Heilig Abend und die meisten anderen Schülerinnen und Schüler reisten heute zu ihren Familien. Da Malfoy hier so gelassen saß und arbeitete, vermutete sie, dass auch er über Weihnachten im Schloss bleiben würde.
Sie schrieb gerade sehr konzentriert, als eine hohe, laute Stimme sie so sehr zusammenzucken ließ, dass sie mit der Feder abrutschte und einen hässlichen Strich über ihr Pergament zog.
„Draco!"
Eine hübsche Siebtklässlerin aus Slytherin, keine Wiederholerin, kam in die Bibliothek gerauscht, in dicke Winterklamotten gehüllt. Als Madame Pince sie aufgrund ihrer Lautstärke maßregelte, verdrehte sie die Augen, senkte aber gehorsam ihre Stimme, als sie bei Malfoy ankam, so dass Hermine nicht mehr verstehen konnte, was die beiden redeten.
Da sie aber auf das ihr unbekannte Slytherin-Mädchen geschaut hatte, weil diese so unverschämt laut in die Bibliothek gestürmt war, sah sie nun automatisch weiter zu den beiden hinüber.
Das Mädchen wirkte sichtlich nervös, strich sich immer wieder eine Strähne hinter das Ohr und ihr Mund bewegte sich die ganze Zeit, sie redete eindeutig verlegen auf Malfoy ein. Dieser hörte ihr fast vollkommen schweigend zu, seine Hand schwebte mit der Schreibfeder wenige Millimeter über dem Pergament, als warte er nur darauf, endlich weiterschreiben zu können.
Schließlich zog das Mädchen etwas aus ihrer Jackentasche und streckte es - wieder sichtlich verlegen - Malfoy entgegen, der langsam seine Feder ins Tintenfass stellte und dann nach dem griff, was ihm hingehalten wurde.
Hermine sah, dass es ein Geschenk war, in silbernes Geschenkpapier eingewickelt und der Form und Größe nach zu urteilen ein relativ dünnes Buch.
Sie konnte sehen, wie Malfoys Lippen ein „Danke" formten - er flüsterte wohl, um Madame Pince nicht zu verärgern, daher konnte Hermine nach wie vor keinen Ton hören - und das Mädchen drehte sich rasch um, um sich mit roten Wangen schnell von Malfoy zu entfernen.
Nach einigen Schritten blieb sie aber wieder stehen, drehte sich noch einmal um und sagte, nun wieder viel zu laut: „Aber erst an Weihnachten öffnen, Draco. Wir sehen uns dann nach den Ferien. Frohe Weihnachten!"
Er nickte nur und Hermine hörte Madame Pince leise schimpfen.
Kaum, dass das Mädchen die Bibliothek verlassen hatte, konnte Hermine beobachten, wie Malfoy das Päckchen relativ desinteressiert in den Händen drehte und dann mit einer einzigen, raschen Bewegung das Geschenkpapier abriss.
Soviel dazu, dass er sich an das hielt, worum er gebeten wurde.
Zum Vorschein kam - oh welch ein Wunder - ein Buch.
Über die Entfernung konnte Hermine nicht erkennen, was es für ein Buch war, und eigentlich interessierte es sie auch nicht besonders.
Sie sah, wie Malfoy das Buch mit undeutbarem Blick kurz in den Händen drehte und dann ziemlich gleichgültig in seine Schultasche pfefferte.
Hermine befand, dass sie dem Slytherin schon viel zu lange Aufmerksamkeit hatte zukommen lassen und senkte ihren Blick wieder auf ihren Aufsatz.
Wie hätte sie zu diesem Zeitpunkt ahnen können, dass das Buch für sie noch eine größere Rolle spielen würde.

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