1. Mum...

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Zoey's P.O.V.

Ich warf meine Tasche mit den Schulbüchern auf die Couch und setzte mich daneben. Heute war es endlich so weit. Der Tag, auf den ich schon Monate lang hinfieberte - mein sechzehnter Geburtstag.

Meine Mum hatte mir extra versprochen, früher von der Arbeit zu kommen. Sie war Innendesignerin.

Normalerweise müsste sie schon längst hier sein, doch auf einmal blinkte mein Handy auf. Ich nahm es in die Hand.

Mum: Steh im Stau, komm später, Bussi:*

Ich: Ok, mach dir keinen Stress, hab dich lieb

Ich schaltete den Fernseher an. Heute lief nur Schrott.

Nach zwei Stunden riss mich die Klingel aus meinen Träumen. Ich musste wohl eingeschlafen sein. So viel zum Thema unterhaltsames Programm. Wahrscheinlich hatte Mum ihren Schlüssel mal wieder vergessen, wie fast jeden Tag.

"Ich komme!", rief ich und hastete zur Tür, nicht ohne mir vorher noch das Bein kräftig am Tisch zu stoßen.

"Autsch", fluchte ich wütend und hüpfte zur Tür. Mit einem breiten Lächeln öffnete ich die Tür. Es wurde langsam von meinem Gesicht gewischt, als ich sah, wer da vor unserer Haustür stand.

"Haben Sie jemanden erwartet?", fragte mich die Polizistin. Mir blieb der Mund erst einmal offen stehen, bevor ich antworten konnte.

"Ähm, ja. Meine Mum", sagte ich zögerlich. "Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?"

"Dürften wir hereinkommen?", fragte die Polizistin. Erst da bemerkte ich den Mann neben ihr.

"Klar", stotterte ich. Was hatte ich denn nun wieder verbrochen?

Hatte der olle Maurer mir die Polizei auf den Hals gehetzt, weil ich ihm einen Mittelfinger auf den letzten Vokabeltest gemalt hatte? So eine Dreckssau.

"Wir haben leider eine schlimme Nachricht für Sie." Jetzt sprach der Mann.

"Ja? Um was geht es?", fragte ich und wurde immer nervöser.

"Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Ihre Mutter heute Mittag Opfer eines Verkehrsunfalls geworden ist."

"Ist sie im Krankenhaus? Wann kann ich sie sehen?", sagte ich erschrocken.

"Sie wurde notoperiert, doch bedauerlicherweise ist sie den Folgen des Unfalls erlegen", sagte die Frau mitfühlend.

"W-Was?", stammelte ich. "Meine Mum - ist sie ... tot?" Ich konnte das letzte Wort kaum aussprechen.

"Ja. Es tut mir leid", sagte der Mann und fasste mich am Arm, als ich drohte, umzukippen. "Brauchen Sie ärztliche Betreuung?"

"Nein", flüsterte ich leise. "Nein, danke. Ich möchte einfach nur meine Ruhe."

Die Polizisten konnten anscheinend nichts mehr machen, denn sie gingen zurück in den Flur und kurze Zeit später hörte ich das Geräusch einer zufallenden Haustür.

Ich wollte schreien. Schreien und nie mehr aufhören. Aber meine Kehle verweigerte jeden Laut. Ich stolperte benommen und landete auf allen vieren. Wimmernd rutschte ich an die Wand und zog die Knie bis zum Kinn an.

Ich zitterte wie verrückt. Warum meine Mum?

Leise begann ich zu weinen. Dieser Schmerz in meiner Brust zerfraß mich innerlich, er verbrannte mich. Ich krallte meine Hände in den flauschigen Lieblingsteppich meiner Mum.

Ich schluchzte auf. In meiner Kehle staute sich der Schrei, der vorhin nicht kommen wollte. Jetzt wollte ich ihn nicht mehr. Krampfhaft bemühte ich mich um Fassung, doch das Bedürfnis, einfach nur zu schreien, wurde immer größer, bis es irgendwann zu groß wurde.

Ich legte meine Stirn auf die Knie und der Schrei brach aus meinem Mund hervor. Ich schrie. So laut hatte ich noch nie geschrien.

Ich hörte ein Klicken der Haustür, doch mein Schrei wollte nicht aufhören.

"Zoey!", hörte ich eine entsetzte Stimme neben mir. Caitlin, meine beste Freundin, die nebenan wohnte, kniete sich erschrocken neben mich hin und strich mir mit den Händen über die Arme. "Was ist los? Ich hab den Schrei gehört!"

Ich kratzte den Rest meiner Fassung zusammen, um keinen hysterischen Anfall zu bekommen. Ich fiel Caitlin einfach nur in die Arme und schluchzte. Sie hielt mich fest und redete leise auf mich ein.

Als ich mich wieder halbwegs beruhigt hatte, fragte sie: "Was ist los?"

"Meine Mum", krächzte ich und wieder flossen Tränen über meine Wangen. Hilflos wischte Caitlin sie weg und sah mich besorgt an.

"Sie ist tot", weinte ich und zitterte in Caitlin's Armen.

"Scheiße, Zoey! Das tut mir so leid", flüsterte Caitlin und drückte mich noch fester an sich. Es tat gut zu wissen, dass jemand für mich da war.

"Was willst du denn jetzt machen?", fragte Caitlin und sie klang ebenfalls den Tränen nahe.

"Die Beerdigung organisieren", sagte ich mit fester Stimme und Tränenspuren auf meinen Wangen.

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Überarbeitet

Badboy's GoodgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt