Ohne Titel Teil8

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Ich würde zum Fernsehsender der Stadt laufen, um nachzuschauen, ob vor dem Angriff noch irgendwas gesendet wurde, das etwas darüber verriet, was genau passiert war. Ich blickte mich kurz in der Umgebung um, nur um festzustellen, dass ich wieder mal vergessen hatte, wo ich lang gehen sollte.

Wegenmeiner Unfähigkeit mir Karten einzuprägen, musste ich mir nochmal auf demStadtplan markieren, wo ich langlaufen musste. Ich lief einige Meter geradeaus,dann einmal rechtsrum und dann irgendwann links abbiegen, noch mal rechtslanglaufen, ... dann merken, dass man im Kreis gelaufen ist, sich kurz ärgern unddann schnell weiterlaufen. Zwar lief ich schon eine Weile, als ich jedoch inden Himmel schaute verfinsterte sich mein Blick. Der Tag neigte ich schonwieder dem Ende zu, ohne, dass ich großartig vorangekommen bin. <<Daskann doch nicht wahr sein! Weshalb vergeht die Zeit denn nur so schnell??? Wielange werde ich noch brauchen, um überhaupt irgendwo anzukommen?>> ichwar ziemlich enttäuscht, dass ich nicht mehr an einem Tag schaffen konnte. Wobei... Ich könnte auch in der Nacht laufen, da die Pflanzen ja nur am Tag Energie von der Sonne bekamen..., oder? Aus Erfahrung jedoch wusste ich, dass ich der größte Angsthase in Sachen Dunkelheit war und daher entschied ich mich dazu, schnell zurück zu meiner Wohnung zu laufen, um dort die Nacht zu verbringen. Ich konnte die Tür der Wohnung zwar abschließen, doch richtig sicher fühlte ich mich dadurch nicht. Deshalb schnappte ich mir ein paar Decken und Kissen, legte sie in unsere Badewanne und schloss die Tür des Badezimmers auch noch ab. Zu meiner Überraschung war mein selbstgebautes Bett ziemlich bequem und schön warm. Auf jeden Fall angenehmer als mein Schlafplatz von voriger Nacht. Durch die angenehme Umgebung und der Ruhe, um endlich einmal tief durchatmen zu können, viel ich schnell in einen tiefen Schlaf ...


Und schon wieder fand ich mich rennend auf einem endlosen Weg wieder, der mich garantiert niemals irgendwo hinführen würde. Ich rannte weiter, obwohl ich bereits wusste, dass es nichts brachte. Ich konnte ohnehin nicht anhalten, meine Beine ließen mich nicht, sie trugen mich weiter den Weg entlang, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden langsamer zu werden. Ich gab es auf mir darüber den Kopf zu zerbrechen und beobachtete einfach nur das Geschehen. Ich lief einen kleinen Hügel hinab, an dem ein kleiner See lag. In diesem Gewässer schwammen irgendwelche merkwürdigen Gegenstände, doch ich konnte sie nicht identifizieren, denn Anhalten war leider keine Option. <<Vielleicht führte es mich ja doch irgendwohin>> dachte ich, nachdem ich in einen sehr dunkel aussehenden Wald hineinrannte, dessen Bäume merkwürdig verformt und mit Moos und anderen Pflanzen übersäht waren. Doch die normalerweise so schön grün leuchtenden Gewächse lagen allesamt in einem langweiligen und trostlosen Grau, fast so, als wären sie schon seit Wochen nicht mehr im Sonnenlicht gewesen, oder hätten auch nur ansatzweise einen Funken Luft bekommen. 

Im inneren des Waldes lagen Puppen auf dem Boden verstreut, deren Anblick mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sie sahen aus wie Menschen, Menschen, die einen grausamen Tod gestorben sein mussten. Arme und Beine waren teilweise komplett abgerissen oder zertrümmert worden, hatten Risse und schimmelten oder waren mit dem Rest ihres Körper schon im Boden versunken. Einige hatten blutige, frische Wunden auf dem Rücken, an den Beinen und auch am Hals. Wer hatte das getan? Obwohl es Puppen waren, hatten sie Wunden wie lebendige Wesen, die furchtbar litten. Und bei näherem Betrachten sah ich, dass einige dieser Puppenmenschen von Parasiten zerfressende Gesichter hatten. Aus den Augen krochen Maden oder anderes kleines Getier hervor, Holzwürmer bohrten sich regelrecht durch das Fleisch der Puppen und Spinnen webten ihre Netze in den freigelegten Rippen. Ich konnte wahrlich nicht sagen was hier passiert war, doch offensichtlich kümmerte sich das Ökosystem rührend um die Besucher des Waldes. Und während ich noch darüber nachdachte, was um Himmels Willen hier passiert war, wurde ich plötzlich langsamer. Doch ich bemerkte es zunächst gar nicht. Erst als ich völlig zum Stehen kam, fiel es mir auf, und zwar, weil ich in genau diesem Moment unter die Erde gezogen wurde. Mit schmerzverzogenem Gesicht blickte ich an mir herunter und erkannte große grau schimmernde Hände, die sich mit undefinierbar langen Fingernägeln in meine Schienbeine krallten. Ich versuchte sie so schnell wie möglich von mir abzubekommen – vergebens, sie ließen mir keine Chance mich zu wehren. So wurde ich mitgezogen, ohne, dass ich etwas unternehmen konnte. Ichfiel, ich fiel weit in die Tiefe und bevor ich auch nur irgendetwas sagen odermachen konnte, wurde alles wieder so trüb und dunkel wie beim letzten Mal. Das Schwarz um mich herum glich einer nie enden wollenden Hölle voller Hass und Verzweiflung, aus der ich nicht so schnell entkommen würde.


Ich wachte auf. Wieder einmal saß ich schweißgebadet in meinen Decken. <<Warum enden meine Träume eigentlich immer damit, dass ich irgendwo runterfalle?>> sarkastisch versuchte ich mich über meine Träume lustig zu machen, doch sie beunruhigten mich dennoch.

Irgendwohatte ich mal gehört, dass jeder Traum eine Bedeutung hat, doch ich glaube, dieBedeutung meiner Träume wollte ich gar nicht erst erfahren. Da ich in meinerTraumwelt immer wieder irgendwo hinunterfalle, ist das vielleicht eineAndeutung auf etwas, dass mir in der Realität bald passieren wird. Eine Visionoder so. Wenn das stimmt, sollte ich es wohl möglichst vermeiden, an Abgründenoder Ähnlichem entlangzulaufen. Auch wenn ich nicht glaube, dass ich dasüberhaupt machen würde. Ich richtete mich etwas auf, um aus meinem improvisierten Bett, aka meiner Badewanne, zu klettern. Schnell packte ich meine Sachen zusammen und lief durch den Flur ins Treppenhaus.

Ich erinnerte mich an meinen Plan, den ich mir während des Gespräches mit diesen Leuten, schnell habe einfallen lassen. Ich hatte vor, zu einem Nachrichtensender oder ähnlichem zugehen. Doch mir fiel in genau diesem Moment auf, dass ich auch auf meinem Handy nachschauen konnte, welche Übertragung vor dem Angriff gesendet wurde... <<Gott, bin ich dämlich, warum ist mir das nicht früher eingefallen?!>> Ich klatschte mir selbst gegen die Stirn und war gerade ziemlich enttäuscht von mir selbst. <<Meine Inkompetenz hat manchmal echt keine Grenzen!>> dachte ich und fischte mein gerade aufgeladenes Handy aus meiner Tasche.

Ichschaltete es an und tippte auf mein Handy ein. Zu meinem großen Bedauern hatteich kein Netz. <<Klischee...>> murmelte ich genervt vor mich hin.Irgendwie hätte ich es ahnen können, in Filmen ist es schließlich genauso:sobald der Protagonist versucht, etwas mit seinem Handy zu machen hat er komischerWeise keinen Empfang mehr. Naja, ich konnte es eh nicht ändern. Aber es regte mich trotzdem auf.

Da mein Handy offensichtlich keinen Bock auf mich hatte, oder darauf, es mir einfacher zu machen voranzukommen, musste ich auf andere Weise an Informationen gelangen. Ich verfolgte also weiterhin meinen Plan zu einem Fernsehsender laufen. Der mir bekannte Sender war nur ca. 8-9 km von meinem jetzigen Standpunkt aus entfernt. Deshalb hieß es jetzt wieder laufen. Bei dem Gedanken daran, erneut so lange laufen zu müssen bekam ich sofort schlechte Laune, aber ich konnte mich aufregen so viel ich wollte, ich musste dennoch dorthin.

Auf meinem Weg kam ich an vielen Häusern vorbei, die fast völlig zerstört wurden. Dieser Anblick machte mich etwas traurig, zumal mir vorher nie klar war, was für eine Zerstörungskraft so ein Erdbeben haben kann. <<Aber das Erdbeben allein kann doch nicht verantwortlich dafür sein, dass die Häuser so zugerichtet sind...>> während ich vor mich hin murmelnd durch die Straßen lief, durchfuhr mich ein warmer Wind, welcher einen seltsamen Geruch mit sich trug und verschaffte mir geradewegs eine Gänsehaut. Es roch merkwürdig verraucht, als hätte jemand etwas anbrennen lassen und darunter gemischt war ein Aroma von angekokelten Steinen. <<Brannte es hier irgendwo?!>> schoss es mir augenblicklich durch den Kopf. Ich fing an in Richtung des Gestankes zu rennen und verlor dabei meine gesamte Umgebung aus den Augen. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf den Geruch, der mir die Luft abzuschneiden versuchte. Ich bog um die Ecke eines der großen Häuser, neben dem ich gerade entlang gerannt war. Von der Seite leuchtete ein helles undefinierbares Licht in meine Richtung und als ich mich dem Licht zuwandte, blickte ich auf ein Meer aus Flammen, welche gerade dabei waren, ein Haus zu verschlingen. Die Flammen entwickelten sich in meinen Augen zu einem monströsen Ungetüm, das kein Halt davor machen würde, auch mich zu eliminieren. Der Anblick dieses Monstrums erinnerte mich an meine Vergangenheit und zog einen Sturm von negativen Gefühlen in meinen Kopf. Unter anderem Wut und die bekannte Einsamkeit, aber vor allem Angst.

Vor meinem Inneren spielte sich eine Geschichte ab, die ich eigentlich mit aller Kraft versucht hatte, aus meinen Erinnerungen zu vertreiben. Doch je mehr ich sie vergessen wollte, desto mehr zog sie sich wieder in die Gegenwart zurück...

Awakening of your MindWhere stories live. Discover now