Virginias Mundwinkem hoben sich. „Glaub mir, das weiß ich."
Jetzt wieder ernst lehnte sie die Stirn an die der Prinzessin.
„Wehe du verreckst."
„Wehe die Wunde ist nicht verheilt, wenn ich wieder komme!"

Beide lächelten leicht, als sie auf Abstand gingen. Doch beide wussten, dass es möglich war, dass der Tod Chara holte.

Ich wandte den Blick von den beiden Delerierinnen ab und wandte mich zu meinem Pferd um, um aufzusitzen.
Nachdem auch Virginia wieder gegangen war, stieg Chara auf das Pferd neben mir. Unter die blauen Uniformen der Königswächter hatten sich einige von Charas Soldaten gemischt, die mit ihr angereist waren. Der weiße Stoff ihrer luftigen Gewänder stach vor ihrer dunklen Haut hervor, die morgendliche Sonne wurde in den scharfen Ringen und Säbeln reflektiert.

Als wir die Tore des Palastes verließen, ritten Chara und ich nebeneinander an der Spitzte unseres Zuges. Die Köpfe erhoben und entschlossene Mienen aufgesetzt.

Die verbliebenen Frauen, Kinder und Männer die entweder zu alt oder zu jung waren, um eingezogen zu werden, kamen aus den Häusern, um uns zu winken. Ich winkte zurück und gab mein bestes zuversichtlich auszusehen.

Dann konzentrierte ich mich, hob die Hand gegen Himmel und das Symbol von Riniah erschien über der Stadt. Ein Reif aus Licht mit einem Dreieck in der Mitte, symbolisch für ihre drei Kinder.
Es warf sein goldenes Licht auf die Straßen und ließ unsere Rüstung glänzen.

Angestrengt biss ich mir auf die Lippe und fokussierte mich auf das Kribbeln in meiner Brust und das wohlige Gefühl, das immer entstand, wenn ich bis jetzt mit meiner Magie geübt hatte.

Die Bürger sahen mit offenen Mund zum Hinmel, dann brach Jubel aus und schlagartig wechselte die Stimmung von schwermütig zu hoffnungsvoll.

Erleichtert atmete ich auf. Es war die richtige Entscheidung gewesen, Riniah zu vertrauen und den Leuten die Hoffnung zu geben, die sie brauchten. Meine Angst war egoistisch gewesen. So konnte ich vielen Menschen helfen.

Während die Aufmerksamkeit von uns abgewandt und auf den Himmel gerichtet war, beugte Chara sich auf ihrem Pferd vor und berührte erfreut meine Hand.
„Es hat geklappt!"
Wir hatten das Symbol im Palast geübt, aber noch nie so groß. Und auch noch nicht so lange.

Mit Mühe gelang es mir, Riniahs Zeichen über der Stadt schweben zu lassen, bis wir die Tore der Stadt erreichten. Auf dem Weg hatten sich uns mehrere Züge von Soldaten angeschlossen, die mit uns an die Front kommen würden, um sie zu verstärken.

Sobald wir die Mauern von Traddis hinter uns gelassen hatten, ließ ich das Symbol in tausend kleine Lichter zerspringen, die wie Schnee auf die Stadt vielen und dann verschwanden.
Nachdem ich meine Magie wieder losgelassen hatte, sackte ich auf meinem Pferd ein wenig zusammen. Schweiß stand mir auf der Stirn, Magie zu kontrollieren fiel mir noch schwer.

Das war gut, Drystan. Du hast deinem Volk Hoffnung gegeben.
Hoffnung ist das eine.

Ich sah über die Schulter zu den Soldaten, Gardisten und Deleriern hinter uns. Allesamt mit neuem Mut und einem bewundernden Leuchten in den Augen, wenn sie zu mir und Chara sahen.

Der tatsächliche Kampf etwas ganz anderes.

~•~

Begleitet von prasselnden Regen erreichten wir nach knapp zwei Tagen endlich das Lager an der leymalischen Grenze. Es waren mehrere Reihen von weißen Zelten, zwischen denen Soldaten unterschiedlichen Alters umher liefen. Eine ernste Stimmung lag in der Luft, als wir mit unserem Zug ankamen, die Pferde abgaben und Chara und ich uns zu dem großen blauen Zelt in der Mitte begaben. Die Soldaten verstreuten sich, aber ich wurde von Martell und Aramis begleitet, währen Chara ebenfalls zwei ihrer Soldaten bei sich hatte. Phyrros würde so lange unser Zelt herrichten.

Durchnässt hielt ich meiner Frau - so seltsam dieser Gedanke auch war - den Stoff des Zeltes auf. Sie ging mit einem Lächeln zu mir rein, ich folgte und dann unsere Wächter.

Drinnen erwarteten uns drei Männer. Ein junger Mann, General Lasberc. Ich kannte ihn aus dem Palast, da man öfter über ihn gesprochen hatte. Ein richtiger Frauenheld, der die Militärschule schneller bestanden hatte, als irgendwer vor ihm und das mit ausgezeichneten Noten. Seine Karriere hatte selbst einige Ratsmitgliedern beeindruckt.
Seine grauen, ernsten Augen richteten sich auf uns, als wir eintrafen.

Neben ihm standen zwei Männer. Der eine war ein Leutnant in seinen Dreißigern, der für die Ausbildung der meisten hier anwesenden Soldaten zuständig war. Leutnant Francis. Er hatte blondes Haar, das er zurückkämmte und ebenso braune Augen, wie der alte Mann neben ihm.

Dieser trug im Gegensatz zu den beiden anderen keine Uniform, sondern war in einem edlen, weißen Hemd gekleidet. Dazu eine schwarze Hose und Stiefel. Er hatte ein filigrane Brille auf dem Nasenrücken und einen intelligenten Blick.
Professor Vincent. Er war der beste Strategie-Professor an der Militär-Uni und hatte schon einige der besten Generäle hervorgebracht.
Er stand etwas gebückt, die Arme hinterm Rücken verschränkt, wobei er sich bei unserer Anwesenheit ein wenig aufrichtete.

Wir hatten ihn zu uns berufen, damit er uns strategisch beraten konnte, da die Grenze zu Leymalien beim Wald auch die an stärksten bekämpfte Front war. Jetzt, wo Allstair die Berge eingenommen hatte.

Die drei Männer hielten in ihrem Gespräch inne, um sich vor uns zu verbeugen.
„Seid gegrüßt, Prinz Drystan und Prinzessin Chara", sagte der Freund meines Vaters mit einem höflichen Lächeln, „Und meine Glückwünsche zu ihrer Verlobung."
Wir beide neigten den Kopf und auch die anderen begrüßten uns entsprechend.

Nachdem die Förmlichkeiten ausgetauscht wurden, stellte ich die Frage der Stunde:
„Wie sieht es mit der feindlichen Truppenbewegung aus?"

Die Männer tauschten düstere Blicke.
„Für uns sehr schlecht. Späher haben gemeldet, dass eine Armee in unsere Richtung marschiert, um unsere Soldaten, die die Grenze aktuell halten, zu überwältigen."
Ich runzelte die Stirn, als Leutnant Francis pausierte.
„Eine Armee von Infizierten."

Nemesis - Kronen und GötterOù les histoires vivent. Découvrez maintenant