Chara schwieg einen Moment, ehe sie fragte: "Du weißt, was du sagen musst?"
Wieder seufzte ich. "Ja."

Gestern hatte es eine finale Kriegsratsbesprechung gegeben und die Truppenbewegungen endgültig festgelegt, die nur den Mitgliedern im Raum bekannt war, sprich den Generälen der verschiedenen Armeen.

Also hatten Chara und ich uns auf drei falsche Versionen geeinigt, von der wir eine jeweils Martell, Aramis oder Phyrros erzählen würden, um so den Verrräter zu finden.

Wieder sah ich zu meinen drei Freunden. Ich konnte mir weder bei den zwei Königswächtern noch bei Phyrros vorstellen, dass sie mich verraten würden. Mit Phyrros war ich aufgewachsen, Aramis und Martell waren vor vier Jahren zu der Garde gestoßen und seitdem waren wit unzertrennlich gewesen. Sie hatten so viele Schwierigkeiten mit mir durchgestanden, in die ich mich gebracht hatte. Zwar hatten sie mich die meiste Zeit ausgelacht, aber wenn es mit wirklich schlecht ging, hatten sie mich aufgebaut.

Sie hatten mich öfters aus dem Schloss geschmuggelt, wie bei Rinihas Fest vor der Ankunft der Prinzessin. Ich hatte sie als meine Freunde gewählt, weil sie direkt waren und mir nich den Hof machten. Würde sich jetzt heraustellen, dass einer von ihnen log?

Hinter mir traten meine Eltern aus dem Schloss, mein Vater ebenso in Rüstung wie ich, nur mit einem Ritterhelm unter dem Arm, auf dem eine Krone eingehauen war, das ihn deutlich als König auswies.

Meine Mutter hatte heute ein schlichtes, tiefviolettes Kleid gewählt, ihre Locken trug sie halboffen, aber ein kleiner Kranz war für ihe Krone geflochten worden. Sie lächelte mich schwermütig an.
"Pass auf dich auf, Drystan. Und komm lebend wieder zurück."

"Wenn wir könnten, würden wir dich im Schloss einschließen", sprach jetz mein Vater und auch seine Miene war düster, "Aber wir brauchen jeden Mann, den wir kriegen können und du wurdest von Riniah auserwählt. Ohne dich wird unser Volk nicht kämpfen."

Die Königin stimmte nickend zu und nahm meine Hände in ihre.
"Symbole haben Macht, Drystan. Denk dran, wenn du ihnen deine Magie zeigtst."

Ich nickte mit einem Kloß im Hals. Ich hatte ihnen erzählt, dass ich Riniah endlich akzeptiert hatte und hatte auch mit Chara ein paar Übungsstunden eingelegt. Ein paar magische Angriffmanöver unter großer Konzentration gelangen mir, aber ob ich diese im Eifer des Gefechts habe würde, war eine andere Frage.

Jetzt legte mir auch mein Vater eine Hand auf die Schulter. "Du hast Jahrelang mit Professor A Kriegsstrategien studiert und im Lager stehen dir einige erfahrene Offiziere bei."

Ermutigend drückte er meine Schulter. "Der letzte Krieg war vor hundert Jahren. Auch gegen Leymalien. Und wir haben ihn gewonnen. Mit den Göttern auf unserer Seite, werden wir auch dieses Mal siegen."

Ich schluckte meine Angst runter und straffte die Schultern. "Ich möchte meine Leute schützen."
Und das wirst du.

Es war immernoch ungewohnt die Göttin so deutlich in meinen Gedanken zu hören. Zwar hatte sie mich schon öfter geleitet - bei der Verlobung und bei dem Tunnel, der zu Arnicus' Statue führte - aber das waren nur Gefühle gewesen.

Meine Eltern schlossen mich in die Arme. Doch dann war es Zeit für mich und Chara aufzubrechen.

Die Prinzessin hatte höflich daneben gestanden, neigte den Kopf vor meinen Eltern und ging mit mir die Stufen herab, zu unseren Pferden. Das Königspaar ging wieder rein. Vater würde zu einem anderen Zeitpunkt aufbrechen.

„Chara!"
Die Prinzessin drehte sich um und entdecke Virginia, die über den Hof gehumpelt kam.

„Du solltest das Bein nicht so viel bewegen!", empfing Chara ihre Leibwächterin, „Die Wunde reißt sonst wieder auf!"
Virginia strich ihre Einwände mit einer Handbewegung beiseite.
„Du ziehst in den Krieg und ich kann nicht an deiner Seite kämpfen. Da werde ich mich wohl von dir verabschieden."
Sie sah aus, als würde sie noch mehr sagen wollen, aber nach einem kurzen Blick zu mir, entschied sie sich anders.
Chara berührte sanft den Arm ihrer Freundin.
„Ich habe Xenos. Und ich habe mich selbst."

Nemesis - Kronen und GötterWhere stories live. Discover now