Kapitel 37: Too much to ask

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Louis pov.

Das Tuten meines Handys klingt unnatürlich laut in meinen Ohren und unwillkürlich halte ich die Luft an. Eine Sekunde vergeht, ohne dass das Geräusch ertönt, und kurz habe ich die Hoffnung, Harry hätte abgenommen.
Dann schrillt der Ton wieder durch mein Wohnzimmer und ich schlucke enttäuscht.

Eine halbe Minute vergeht, und spätestens jetzt sollte ich eigentlich auflegen.
Doch stattdessen warte ich weiter und zucke schließlich zusammen, als der Anrufbeantworter das monotone Klingeln zerreißt.

„Hi, hier ist Harry.", sagt Harry's gut gelaunte Stimme in mein Ohr und unwillkürlich muss ich lächeln, obwohl mein Herz zeitgleich zu zerspringen droht.
„Das hier ist mein Privattelefon, wenn du also aus geschäftlichen Gründen anrufst, wende dich bitte an mein Management. Wenn du aus irgendeinem anderen Grund anrufst: Ich bin gerade leider nicht zu erreichen, bitte ruf später noch mal an oder hinterlass mir eine Nachricht."

Damit endet die Aufnahme.
Als der Piepton ertönt, schaffe ich es endlich, mir das Telefon vom Ohr zu reißen und aufzulegen.
Mein Atem geht viel zu schnell, genau wie mein außer Kontrolle geratener Herzschlag.
Ein Moment vergeht, bis mir bewusst wird, was gerade passiert ist.

Ich habe allen ernstes Harry angerufen, der logischerweise nicht drangegangen ist. Warum sollte er auch?
Er hat mich allein gelassen. Wenn er weiterhin Kontakt zu mir haben wollte, hätte er sich schon längst gemeldet.
Was er nicht hat.

Ein tiefes Gefühl der Enttäuschung lässt mich erschöpft meinen Kopf gegen die Scheibe der Fensterfront meiner Wohnung legen, an der ich immer noch stehe.

Durch das kalte Glas sehe auf die dunkle Straße unter dem Fenster.
Wie um noch Salz in meine Wunde zu streuen, gehen zwei Personen Hand in Hand durch die menschenleere Gasse.
Einer der beiden hat lange gelockte Haare, die mich sofort an Harry erinnern.
Obwohl die beiden Jungen sehr viel jünger sind als wir, circa sechzehn Jahre, spüre ich einen großen, schmerzhaften Stich in meinem Herzen.
Die beiden kommen unter einer Laterne zum stehen und ich muss schlucken, weil sie mich wirklich extrem an mich und Harry vor einigen Jahren erinnern.

Schnell wende ich den Blick ab und rechtfertige mich selbst mit dem Gedanken, dass ich nicht wie ein seltsamer Stalker herüberkommen will.

Ich weiß, dass das alles wahrscheinlich guten Grund hat, doch trotzdem werde ich auf einmal unfassbar wütend.
Auf mein altes Management, dessen Anruf ich immer noch nicht ganz verarbeitet habe.
Auf mich selbst, dass ich so vieles vermasselt habe.
Diese beiden Jungs... Das hätten vielleicht Harry und ich sein können, hätte ich es nicht so gründlich verkackt.
Und wer weiß, vielleicht war das mit Harry auch jetzt meine Schuld.

Doch irgendwie bin ich auf einmal auch wütend auf Harry.
Obwohl ich sofort ein schlechtes Gewissen bekomme, bin ich plötzlich einfach nur enttäuscht und wütend über sein Verhalten.
Was kann schon ich getan haben, dass es ihn so verärgert hat?
Die Unwissenheit macht mich wahnsinnig.

Das erste Mal in meinem Leben wird mir klar, warum so viele Menschen einen solchen Wert auf Kommunikation legen.
Früher habe ich es gehasst, mit irgendjemandem zu reden. Aber jetzt ist mit Harry zu reden das einzige, was ich mir wünsche. Wenn er doch nur vorher mit mir geredet hätte...
Aber das hat er nicht.

Frustriert pfeffere ich in Ungedanken mein Handy durch den Raum und atme erleichtert auf, als es zu meinem Glück auf der Couch landet.
Seufzend lasse ich mich daneben in die Polster fallen und zucke im nächsten Moment schmerzerfüllt zusammen. Verdammt. Ich hatte für einen kurzen Moment verdrängt, warum ich überhaupt in diesem Krankenhaus war.

Meine immer noch verstauchte Rippe schmerzt beunruhigend und ich fluche leise.
Ich fixiere einen Punkt an der weißen Decke, die durch die Dunkelheit kaum noch zu sehen ist, um den Schmerz zu unterdrücken, und atme langsam aus.

Mistaken (Larry Stylinson)Where stories live. Discover now