Für den Ruf der Schule

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Mein lieber Draco,
Ich habe mich sehr über deinen Brief gefreut! Wie schade, dass der Ball nicht das schöne Ereignis war, das ich dir gewünscht hätte. Weihnachten hier zu Hause ohne dich war einfach nicht das selbe.
Was du mir über Harry und den Weasley-Jungen geschrieben hast, hat mich sehr überrascht. Wie fühlst du dich damit?

Draco faltete den Brief von seiner Mutter schnell wieder zusammen und vergewisserte sich, das niemand über seine Schulter mitlas, doch Crabbe und Goyle waren zu leidenschaftlich mit dem Frühstück beschäftigt, um seinem Brief viel Beachtung zu schenken.
Warum fragte seine Mutter, wie er sich damit fühlte? Wie sollte er sich schon fühlen außer angeekelt? Er hatte diese Information nur an seine Mutter weitergeleitet, weil sie sich immer freute, über die Hogwarts-Gerüchte auf dem Laufenden gehalten zu werden. Warum auch sonst?
Er stahl einen Blick zum Gryffindor-Tisch, wo Potter, wie immer, fast auf Weasleys Schoß saß.
Er las weiter.

Dass die zweite Aufgabe im See stattfinden soll, hätte Severus nicht vor dir ausplaudern sollen. Aber dass sich die zwei Hogwarts-Champions gegenseitig helfen, ist bei den vertretenen Häusern ja kein Wunder. Ob Harry wohl auf die Idee kommt, Dianthus-Kraut zu benutzen? Die Älteren werden sicher auf Blasenkopfzauber oder teilweise Verwandlung zurückgreifen. Ich freue mich schon auf deinen Brief nach der Aufgabe.
Anbei habe ich dir ein paar von den Hauselfen gebackene Weihnachtsplätzchen geschickt, die Armen haben dich über die Feiertage sehr vermisst.
Pass schön auf dich auf, mein Schatz, und schreib bald wieder.
Mutter

Dianthus-Kraut? Davon hatte Draco noch nie etwas gehört. Während dieses Wissen für ihn zwar nicht von Bedeutung war, konnte es ja aber nie schaden, etwas zu lernen und früher oder später könnte es ja vielleicht doch noch nützlich werden.

Es hatte nicht lange gedauert bis Draco herausgefunden hatte, was Dianthus-Kraut war und wie es wirkte (und bis die köstlichen Plätzchen aufgegessen waren). Ein kurzes Gespräch mit Madame Pince, die sich immer freute, charmanten und neugierigen Slytherins zu helfen, hatte ergeben, dass es sich um eine Kreuzung aus Wasserrattengras und Kiemenzwiebel handelte, das auch im Heiltrank gegen Blubberschluckauf enthalten war, von dem Draco wusste, dass Professor Snape ihn hin und wieder für Madame Pomfrey braute, da es immer wieder Schüler gab, die im Vertrauensschülerbad zu viel Schaum geschluckt hatten. (Überhaupt war dieses Bad verdächtig oft besetzt, wenn Draco mal Lust auf eine kleine Auszeit hatte...)
Folgedessen musste Dianthuskraut in der Vorratskammer des Zaubertränkemeisters zu finden sein. Und wenn Draco nur einen Besuch in der Bücherei benötigt hatte, um darauf zu kommen, konnte Potter ja nicht so viel länger brauchen, oder? Oder???

Unfassbar. Drei Tage vor der zweiten Aufgabe konnte Draco vom Slytherin-Tisch aus erkennen, dass Potter und seine kleine Bande beim Frühstück kaum in der Lage waren die Augen offen zu halten. Dabei hatte er Besserwisser Granger! Sie müssten das Rätsel doch schon längst gelöst haben. Draco war es ja egal, ob Potter die Aufgabe überlebte oder nicht, aber dass jemand, der Hogwarts vertrat, seine Schule, sich vor den anderen Schulen so bloßstellte? Das konnte Draco nicht zulassen. Schließlich war der Ruf seiner Schule von Interesse für alle Schüler. Was wollte Potter machen, sich mit seiner Badehose in den See werfen und schauen, wie weit er mit Brustschwimmen kam? Wobei Draco das ja schon gerne sehen würde. Nur um sich darüber zu amüsieren, natürlich. Nicht wegen der Badehose.
Doch der Ruf einer der besten Zauberschulen der Welt war zu kostbar, um ihn Harry Narbenkopf Potter anzuvertrauen. Draco musste sich etwas einfallen lassen.
Und so fand er sich am nächsten Nachmittag in der Küche wieder, umringt von unzähligen Hauselfen, die sich freuten, ihn zu sehen und ihm Süßspeisen aller Art anboten.
Der Elf, den Draco eigentlich suchte, war mittlerweile sehr leicht zu erkennen. Nach und nach hatte sich der Stapel an Teewärmern, den er auf dem Kopf trug, zu einer Art bunten, flauschigen Antenne entwickelt, die man aus der Ferne sehen konnte. Doch Dobby stand an einem der Kühlschränke, seinen Kopf zur Seite geneigt, sodass sich sein riesiger Turban gefährlich unter der eigenen Last bog.
"Möchte Mister Malfoy vielleicht ein Schoko-Eclair?" fiepte einer der Hauselfen aus der Traube um Draco.
"Oder eine Sahnetorte," rief eine andere.
"Zitronenschnittchen?"
"Danke, nein, ich hatte bloß Lust auf einen kleinen Pudding und ich wollte euch einen Besuch abstatten."
Begeistertes Geschnatter machte sich unter den Hauselfen breit und sie hasteten allesamt davon, um Dracos Wunsch zu erfüllen.
Nun spazierte Draco betont uninteressiert in Dobbys Richtung. Der hatte ihn mittlerweile bemerkt und ein leises Quieken von sich gegeben. Auch wenn er dem Elfen nie etwas getan hatte, war er sich mittlerweile schmerzhaft bewusst darüber, wie schlecht er ihn trotzdem behandelt hatte. Draco errötete leicht und versuchte, das drückende Gefühl, das er auf einmal in der Brust hatte, mit einem Räuspern abzuschütteln.
"Dobby, wie geht es dir?"
Dobby holte tief Luft und mit trotzig in die Hüfte gestemmten Händen, nahm er eine Pose ein, die ihn ein halbes Zoll größer erscheinen ließ.
"Meister - Mister Draco. Dobby kann sich nicht beklagen, Sir. Dobby ist so glücklich wie nie zuvor in seinem Leben, Sir."
Beschämt schaute Draco zu Boden.
"Das freut mich für dich, Dobby," sagte er leise zu seinen Füßen.
Dobby antwortete nicht, doch seine aufgeplusterte Brust schwoll ein wenig ab und die trotzig erhobene Nase sank um ein Haar.
"Was macht Mister Draco in der Küche, Sir?"
Draco musste jetzt mit Bedacht vorgehen.
"Mir... war nach etwas Süßem. Und etwas Ruhe... Es herrscht zu viel Aufregung um die zweite Aufgabe."
"Ist Mister Draco denn nicht aufgeregt? Freut er sich nicht für seinen Klassenkameraden Harry Potter?"
"Mich für ihn freuen," höhnte Draco. "Ich freue mich eher auf seinen Untergang."
Der kleine Hauself riss wütend die Tennisball-großen Augen auf.
"Harry Potter wird niemals untergehen, Mister Draco irrt sich," fiepte er aufgeregt. "Harry Potter ist der größte Zauberer aller Zeiten und wird dieses Turnier gewinnen, wird er!"
Das Augenrollen konnte Draco sich nicht verkneifen. Dieser bebrillte Wicht, der größte Zauberer aller Zeiten? Doch das war seine Gelegenheit.
"Potter hat Glück, wenn er die Aufgabe überlebt! Die Champions müssen eine Stunde unter Wasser atmen! Potter würde nie auf die Idee kommen, Dianthus-Kraut zu benutzen."
"Dianthus-Kraut?" Dobbys Blick verengte sich, doch Draco ließ sich nichts anmerken.
"Ja, damit wäre es ganz einfach," antwortete er mit einem Schulterzucken. "Aber selbst wenn er auf die Idee käme," hier legte er eine Pause für dramatischen Effekt ein, "Professor Snape würde ihm nie freiwillig etwas aus seinem Vorrat geben..."
Er konnte förmlich dabei zusehen, wie die Zahnräder in Dobbys Kopf in Gang kamen und gab dem Elfen einen Moment, die Puzzleteile zusammenzusetzen.
"Mister Malfoy, wir haben Pudding gemacht," flötete eine kleine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und sah ein Dutzend Elfen mit Schüsseln voll verschiedenster Puddingsorten.
"Dipsy hat gehört, Mister Malfoy mag Schokolade!"
"Bonkers erinnert sich an Vanille!"
"Schmenki ist sich sicher, Sahne-Karamell ist Mister Malfoys Lieblingspudding!"
Während die Elfen um Draco Aufmerksamkeit wetteiferten, sah er wie eine kleine Gestalt mit einem sehr hohen, wankenden Hut, Richtung Ausgang schlich.
Eigentlich war der Wunsch nach Pudding nur ein Vorwand, aber wenn er den Stein nun ins Rollen gebracht hatte, konnte er nichts mehr tun, als hoffen, das Dobby Erfolg hatte. Und er wollte ja den Hauselfen gegenüber nicht unfreundlich sein...
"Könnte ich vielleicht von allem etwas probieren?"

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⏰ Last updated: Jan 03, 2023 ⏰

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