Drystan liefen weitere Tränen über die Wangen und er schüttelte schluchzend den Kopf.
„Mein Volk ist wichtiger. Dieser Krieg ist wichtiger."

Es war ein Schlag ins Gesicht.
Ich hatte ihn vor alles andere gestellt. So brachte ich meine Loyalität zum Ausdruck.
Und er verriet mich.

Ich werde dich nicht verraten. Niemals.
Früher oder später tun sie es alle.

Der Prinz wiegte mich in den Armen während ich mehr und mehr Blut verlor. Meine Augenlider wurden schwer, aber der Schmerz in meinem Inneren ebbte nicht ab. Auch nicht als ich in die Dunkelheit abdriftete...

Schlagartig schlug ich die Augen auf und fuhr hoch. Mein Herz raste noch immer. Hastig tastete ich meine Bauchgegend ab. Kein Blut. Keine Verletzung.
Auch als ich mich umsah, war es so, als wäre nichts gewesen.
Kein Drystan.

Zitternd kam ich auf die Beine und hatte mit der Üblkeit zu kämpfen.

Meine größte Angst war Drystans Verrat.

Mein Verstand wollte es immer noch nicht begreifen. Er hatte mich umgebracht.

Ich hielt mir den Nasenrücken und kniff die Augen zusammen. Mit tiefen, regelmäßigen Atemzügen versuchte ich mich zu beruhigen und meine Gefühle wieder unter Kontrolle zu kriegen.

Ein Stück weit ärgerte ich mich, dass der Götterschlund es schaffte mich dermaßen aus der Verfassung zu bringen. Ebenso dachte ich, Allstair als meine größte Angst zu kennen.
Die Eiseskälte, die tief in meine Knochen eingedrungen war, belehrte mich eines bessern.

Aber ich zwang meine Beine mich sicher zu tragen, richtete mich auf und lenkte meinen Blick in die Richtung, aus die Drystan gekommen war.

Meine Atmung ging ein wenig regelmäßiger und ich wappnete mich auf den Anblick des Prinzen.
Ich musste ja auch nur meinen einzigen Freund töten, um die Magie des Götterschlundes zu brechen.

Wenige Sekunden später tauchte er aus einer Nebelwolke auf. Erst sah er sich verwirrt um, dann sah er mich und eilte erleichtert auf mich zu.

Einen Moment lang war ich von der Echtheit der Illusion gebannt. Seine Locken, die ihn in die Stirn fielen, das weiße Hemd, dass gerade so weit aufgeknöpft war, um sein Schlüsselbein freizulegen und zuletzt diese eisblauen Augen.

Aber ich schüttelte den Kopf, um mich wieder zu fokussieren und hob mein Schwert.
Drystan war eine Illusion, beschwor ich ich mich, eine Illusion war leicht zu töten.

Drystan wurde langsamer.
„Was machst du?"
„Du bist nur eine Illusion. Und du bist hier um mich zu töten."
Eine Sekunde lang war er zu fassungslos, um zu sprechen, doch dann schüttelte er energisch den Kopf.
„Nein, das könnte ich dir niemals antun! Vor allem dir nicht."
Ich packte mein Schwert fester.
„Ein zweites Mal falle ich nicht auf dich herein."

Ich stürzte vor und Drystan wich hastig zurück, ohne eine Waffe zu ziehen. Meine Klinge verfehlte nur knapp seine Kehle.

„Beruhig dich! Ich will dir nichts tun!"
„Red keinen scheiß", fauchte ich und griff erneut an.

Doch diesmal streckte Drystan die Hand aus und blendete mich mit grellem Licht. Ich war gezwungen die Augen zusammen zu kneifen, da wischte mir jemand die Beine unterm Boden weg und ehe ich mich versah, fand ich mich auf den Rücken liegen wieder.

Drystan war sofort über mir und nagelte mich erstaunlich effektiv mit seinem Körpergewicht fest. Er drückte auf mein Handgelenk, sodass ich gezwungen war, meine Waffe loszulassen.

Unsere Brustkörbe hoben und senkten sich. Meiner, weil ich wütend war. Seiner, weil er sich anstrengen musste.

Ich versuchte mich loszureißen, aber er verstärkte seinen Griff.

Nemesis - Kronen und GötterWhere stories live. Discover now