Gekonnt ignorierte die Frau den Rebellen und wartete geduldig Nemesis' Antwort ab.
„Weil der König grausam ist. Weil das Volk leidet", kam es schließlich kühl.

Die Rothaarige nickte: „Er regiert in einem Streben nach Macht. Das Land ist ihm egal, auch wenn er gerne predigt, dass er uns in den Wohlstand zurückführen will. Alles, was er uns bringt ist Tod."
Sie legte den Kopf schief: „Ich habe gesehen, wie er dich behandelt. Du folgst ihm nicht, weil du es willst. Du tust es, weil er dicht zwingt."

Nemesis blieb regungslos, widersprach der Frau aber auch nicht.
„Du bist gerade weit weg von der Burg", bemerkte die Rebellin, „Er kann dir nichts tun. Wir können dich schützen."
„Das könnt ihr nicht. Nicht vor dem König."
„Sieh doch nur wie viele wir sind. Das hier sind nicht alle unsere Anhänger. Etliche sind über ganz Leymalien verstreut und warten, bis der Moment gekommen ist, dass wir mit vereinter Kraft gegen den König marschieren."
Sie breitete die Arme aus, um ihre Worte zu betonen.
„Das alles haben wir bereits aufgebaut und bis jetzt hat der König uns nicht klein gekriegt. Komm zu uns. Lass uns gemeinsam kämpfen."

Nemesis musterte sie eine Weile, dann atmete sie scharf ein.
„Das geht nicht. Er wird mich kriegen."
Die Frau wollte Nemesis beruhigend die Hand auf die Schulter legen, aber sie zuckte fauchend zurück:
„Fass mich nicht an!"

Mein Blick wanderte zu der Nemesis in meinem Schoß. Sie hatte Berührungen wohl schon damals gehasst. Es hatte, was mit dem König zu tun, wie vermutlich jedes Rätsel, was sie anbelangte.

Als ich den Blick wieder hob, hatte die Frau die Hände entschuldigend erhoben.
„Tut mir leid. Aber du bist hier sicher vor dem König. Wir beschützen einander."

Wieder dauerte es ein paar Sekunden, bis Nemesis etwas dazu sagte.
„Ich habe die Hälfte eurer Leute ermordet. Ihr bietet mir doch nicht ernsthaft an euch zu folgen. Ich glaube dir nicht."
Die Frau sah zu dem älteren Mann, der neben ihr stand, hoch. Also sagte jetzt auch er:
„Wir kennen den König. Und Amelie hier kennt dich aus der Burg. Wir wissen, dass du vieles nicht aus freiem Willen tust."
Nickend sprach jetzt wieder Amelie: „Ich hab dich gesehen und was du in seinen Namen ausführen musstest. Ich wäre auf dich zugegangen, hätte es nicht meine Mission gefährdet. Aber ich weiß, dass du nichts von dem willst."

Nemesis war noch ein Kind. Mit Blut an den Händen und Grauen im Blick. Ihr Zopf, schon damals geflochten wie heute, fiel ihr über die Schulter, als ihre aufgerissenen Augen zwischen Amelie und dem Mann hin und her zuckten. Ihre Miene war noch immer hart, aber ihre zitternden Hände konnte sie nicht verbergen.
„Ich... Ich habe Angst", presste sie leise hervor und mein Herz zerbrach.

Amelie ging es ähnlich. Ich sah es ihr an.
„Wir beschützen dich", wiederholte sie, „Du kannst den König hinter dir lassen. Das ist deine Chance."

Nemesis schloss kurz die Augen und nickte kaum merklich.
„Ok", flüsterte sie und dann etwas lauter. „Ok, ja."

Amelie lächelte und winkte den Rebellen, Nemesis loszulassen. Erst nach kurzem Zögern, taten sie wie geheißen.
Doch kaum waren ihre Arme frei, stürzte sie vor.

Jetzt wieder mit stahlharter Maske, war sie hinter Amelie und dem Mann, noch ehe irgendwer reagieren konnte. Ich sah nur ein Aufblitzen, da stürzten die beiden mit blutenden Kehlen zu Boden.
Die zwei Rebellen, die sie festgehalten hatten, starben, ohne dass sie Zeit hatten zu reagieren.

In Schockstarre verfallen musste ich mitansehen, wie Nemesis sich ihre Waffen schnappte und das Morden fortsetzte.
Fassungslos sah ich dabei zu wie sie das Lager auslöschte. Diesmal konnten die Rebellen sie nicht überwältigen.

Irgendwann fiel der letzte von ihnen und Nemesis zog keuchend das Messer aus seinem Bauch. Wankend griff sie nach einem Holzscheit aus den Feuern, die überall verteilt waren und steckte die Zelte nacheinander in Brand. Während ihres Rundgangs stieg sie über die Leichen, die sie hinterlassen hatte und stampfte durch den vom Blut nassen Rasen.

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now