Kapitel 2

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Es war eine Woche her gewesen. Eine Woche, seitdem Harry in der Anstalt angekommen war. Er hatte nicht viel gemacht, so wie ich es mir gedacht hatte. Er hatte einfach nur die Regeln befolgt und getan was er tun sollte, nicht viele Schwierigkeiten verursacht. Die meisten Leute hatten in ihrer ersten Woche einen Nervenzusammenbruch, doch ich wusste bereits, dass Harry nicht so wie die meisten Leute war. Er war ganz anders. Befolgte stets die Regeln. Das sollte beruhigend sein, aber es jagte mir eine Heidenangst ein. Ich war daran gewöhnt das die Patienten durchdrehten, Sachen schrien, brüllten, versuchten dich anzugreifen. Ich wusste was ich in solchen Situationen tun und wie ich reagieren musste. Doch Harry wirkte zu gehorsam, befolgte alles und tat, was er gesagt bekam. Geisteskranke Leute machen so etwas nicht. Sie bekommen einen Wutanfall, weil sie wissen das sie hier eingesperrt sein werden und kriegen Angst. Harrys Verhalten zeigte das er keine Angst hatte, sich nicht darum kümmerte hier für immer festzusitzen. Er führte etwas im Schilde. Und das entsetzte mich.

Ich dachte darüber nach, als ich im Krankenschwesterbüro saß, nicht viel tat. Ich hörte wie die Tür auf knarrte, um Lori zu zeigen, der ihre Position "Oberschwester" war auch wenn sie die einzige Krankenschwester war, die hier arbeitete. Sie hatte lange, graue Haare, blasse Haut und war ungefähr sechzig Jahre alt.

"Hey, Mrs. Hellman möchte das du Frühstück nach Zimmer 419 auslieferst," sagte sie. Wir nannten sie Zimmer, aber es wahren eher Gefängniszellen. Ich nickte und stand widerwillig auf, nahm mir ein Essenstablett und begann in Richtung Zelle zu laufen. Ich konnte mich nicht daran erinnern wer in Zimmer 419 wohnte, aber ich schätze ich würde es bald herausfinden. Ich schob die schwere Zellentür auf und lief rein. Was ich sah veranlasste mich beinahe dazu das Essen fallen zu lassen.

Das hier war Harrys Zelle.

Er saß auf seiner Bettkante, seine Unterarme ruhten auf seinen Oberschenkeln. Er starrte auf den Boden und sah aus, als wäre er in Gedanken versunken. Seine Ärmel waren hochgekrempelt, und sein dunkler Mopp von Locken war zerzaust und auf seinen Kopf zurückgeschoben. Er hörte wie ich hereinkam und sein Kopf schoss in meine Richtung.

"Hallo," lächelte er.

"Hi," sagte ich leise. "Ähm..." Ich wusste nicht genau wo ich sein Essen abstellen sollte und fühlte mich unbehaglich und eingeschüchtert, also blieb ich dort stehen.

"Hier," sagte er, als er aufstand und auf mich zu kam, um sein Essen zu nehmen. Ich machte instinktiv einen Schritt zurück, sodass ich an der Wand war.

Er lachte tief bei meiner Reaktion und kam noch näher. Ich keuchte, als er so nah wie möglich zu mir kam, das Tablett zwischen uns verschaffte bloß einen zehn Zentimeter Abstand von mir zu ihm. Ich musste meinen Kopf nach oben neigen, um zu sehen wie seine Größe über mir ragte, seine Augen wie Pools von tiefem Smaragdgrün. Ein Schmunzeln war auf sein Gesicht gepflastert, als er seine Zunge hinaus glitt und sie langsam über seine vollen Lippen zog, um sie zu befeuchten.

"Keine Sorge, ich werde dir nichts tun." Er sprach seine Worte langsam in einer tiefen, rauen Stimme. "Wie ist dein Name, Liebes?"

"Rose."

Er lehnte sich weiter nach vorn. Ein bisschen zu weit. Ich war überrascht, dass er es schaffte in diesem moderigen Ort gut zu riechen. Er brachte seine Lippen langsam an mein Ohr und ich könnte spüren, wie sein heißer Atem meinen Nacken herunter kitzelte. Ich bekam eine Gänsehaut auf meinem zitternden Körper. "Ich bin Harry," flüsterte er rauchig.

Ich nickte nur. Mein Herz raste eine Millionen mal pro Minute. Ein Mörder stand mit seinem Körper wenige Zentimeter von mir entfernt. Ich konnte nicht sagen, was er tun würde. Doch zu meiner Überraschung tat er nichts. Er stand einfach nur da.

Psychotic » German TranslationWhere stories live. Discover now