Eilig zog ich mir das blaue, langärmelige Kleid über den Kopf, zog die Strumpfhose drunter und band mir die Schürze um. Meine Kluft wanderte in die Tasche, meine Messer legte ich daneben auf dem Boden ab. Schweren Herzens trennte ich mich von meinem Schwert.
Nichtdestotrotz warf ich zwei Dolche in die Ledertasche, die ich mir wieder überhängte.

Dann öffnete ich meinen Zopf und steckte ihn so gut es ging in einen Dutt hoch, wie auch Laila ihn trug. Das Haarband, das sie als Zofe des Adels auszeichnete, hatte sie vergessen dazu zu legen.

Meine Stiefel musste ich ebenfalls anbehalten, aber ich hoffte einfach, dass man im Stress für den Ball nicht auf mich achten würde.

Mit geschulterter Tasche lief ich den Rest des Weges bis zu der Mauer, betätigte den Hebel und trat in den Gang der Dienstboten hinaus. Noch immer waren alle mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt und ich hatte Glück, dass niemand vorbei kam.

Als ich in Richtung Königsflügel steuerte, hatte man in den Korridoren fleißig Blumen und Kerzen aufgestellt, die man beim Anbruch der Dunkelheit anzünden würde. Auch auf den Gängen standen Tische mit Gläsern und Weinflaschen daneben, sodass sich die vielen Gäste bei einem Spaziergang durch das Schloss etwas holen konnten. Sicher würde man auch kleine Häppchen daneben stellen.

Da ich so ziemlich die einzige war, die zwischen den ganzen Dienern nichts in der Hand trug, das irgendwo hin musste, schnappte ich einem Mann, der mir entgegen kam, kurzerhand einen Korb mit neuen Bettlaken aus der Hand.
Als er mich verwirrt ansah, zu verdutzt um etwas zu sagen, nickte ich hektisch hinter mich.
„Ich übernehme das, du sollst dich melden!"
Noch ehe er weiter nachfragen konnte, war ich an ihm vorbei gerauscht. Für einen Moment sah mir der Diener hinterher, doch dann eilte er los, um seinen Vorgesetzten zu sprechen. Wer auch immer das war.

Im Königflügel wischten einige den Boden oder staubten die Verzierungen an der Fassade ab, sodass ich auch den Wachen, die hier aufgestellt waren, nicht auffiel, als ich an ihnen vorbei eilte und schnell die Tür zu meinem Zimmer öffnete. Sie registrierten mich zwar, aber sahen sofort weiter.

In meinem Zimmer stellte ich den Korb ab und machte mich daran den Kamin anzuzünden. Holzscheitel befanden sich bereits gestapelt daneben und als das Feuer brannte, richtete ich mich auf.
Ein schneller Blick nach draußen zu der untergehenden Sommer verriet mir, dass ich nicht viel mehr als eine Stunde Zeit hatte, ehe der Ball losging. Wenn ich Drystan jetzt suchen würde, würde ich ihn nicht alleine antreffen. Sobald mich der König, die Königin, Aramis oder Martell sahen, hatte ich keine Chace mehr, angehört zu werden.

Ich hatte nicht viel Holz in den Kamin gelegt, sodass es nicht lange brauchte bis das Feuer erlosch. Ich wartete einen Moment, damit sie abkühlte, dann griff ich ungerührt in die Asche und begann sie mir in das nun offene Haar zu reiben.

Die weißblonde Farbe stach zu sehr heraus und ich würde leichter entdeckt werden. Nur Drystan kannte mein Kleid und würde mich hoffentlich schnell ausmachen, aber nicht verraten.

Meine Hände waren am Ende schwarz und mein Haar ein dunkles grau. Die Asche war etwas fleckig aufgetragen, aber als ich mein Haar frisiert hatte, viel es nicht mehr so auf.

Schnell hatte ich mir jeweils drei Zöpfe entlang der Schläfen geflochten, die im Nacken zu einem großen zusammen liefen, der mir über den Rücken fiel.

Dann nahm ich die Ledertasche und zog das Kleid vorsichtig heraus. Nochmal betrachtete ich es gerührt. Bewunderte den federleichten Stoff am Rock.
Also öffnete ich die Knöpfe hinten, stieg ich die eingenähte Hose und zog es hoch. Nachdem meine Arme ebenfalls drin waren, benötigte es einige Verrenkungen um alle Knöpfe zu schließen.
Prüfend bewegte ich mich. Auch wenn das Kleid oben eng anlag, war es ein dehnbarer Stoff, der mir genügend Bewegungsfreiheit bot. Drystan hatte mitgedacht.

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now