Innerlich fluchend folgte ich ihm, während Martells amüsiertes Lachen mir folgte.

Als ich den Prinzen eingeholt hatte, schlug er gerade das Angebot einer Frau aus. Stattdessen tanzte er sich an mich ran.
Mit erstaunlich viel Taktgefühl bewegte er sich zu der klimpernden Musik. Um mich herum vollführten die anderen die gleichen Bewegungen.
„Los! Tanzt!", forderte Drystan mich auf
„Ich bin hier, damit ich Eure Sicherheit garantieren kann!"

Da ich die einzige war, die einfach nur da stand, stießen andere immer wieder gegen mich. Angespannt registrierte ich die vielen Körper um mich herum.
Zu nah.

Stöhnend legte er den Kopf in den Nacken.
„Würde es Euch umbringen, einmal Spaß zu haben?"
„Vermutlich nicht. Eigentlich würde es eher Euch töten.", kühl sah ich ihn an, „Das ist der Punkt."

Alles was er dazu äußerte, war ein Augenverdrehen.
„Ich kann nicht dabei zuschauen, wie Ihr hier steht und alle anderen um Euch herum tanzen."
Unerwartet griff er nach meiner Hand und zog mich an der Hüfte zu sich ran.

„Tanzt mit mir", wiederhole er die Aufforderung von eben.

Seine Nähe war mir nicht mehr so unangenehm, wie vor mehreren Tagen. Trotzdem stockte mir für einen Moment der Atem.

„Ich kenne die Schritte nicht", gestand ich.
Schulterzuckend führte er mich in die erste Drehung.
„Es gibt keine. Tanzt, wie es Euch beliebt."

Die aufgeweckte Musik verleitete zu schnellen Schritten, kleinen Hüpfern und energischen Drehungen. Die vielen Menschen um mich herum bauten auch Kicke ein.

Drystan dagegen nahm unseren Walzer als Grundlage und änderte das Tempo sowie die Schrittkombinationen.

Alls ich zuerst ständig gegen seine Beine stieß, biss ich die Zähne aufeinander.
„Entschuldigt. Ich mache viel Fehler."
Unbekümmert winkte er ab. „Ist doch egal. Hauptsache du hast Spaß."
Er wechselte ins Du, aber das störte mich nicht.

Sanft führte er mich über das Pflaster und um die vielen tanzenden Menschen herum. In seiner einfachen Kleidung, den verwuschelten Haaren und den verwegenen Augen sah er gar nicht mehr wie ein Prinz aus.

„Erinnerst du dich, was du mir gesagt hast?", fragte er, „Bei unseren Tanzstunden?"
Als ich fragend zu ihm aufsah, erklärte er.
„Fühl die Musik."

Die Musik wurde schneller, also erhöhte auch Drystan das Tempo.
„Lass dich treiben", raunte er, als ich ihm durch eine Drehung ganz nah war. Seine Stimme jagte mir einem Schauer den Rücken runter, doch die Schritte führten mich sofort wieder auf Abstand.
„Hier ist niemand, um dich zu bewerten. Tanz, Nemesis."

Für einen Moment schloss ich die Augen, rückte die Burg in den Hintergrund und lockerte meine Haltung. Auch wenn sich jegliche Erziehung dagegen sträubte, war es mir für diesen Moment egal, wie ich mich verhielt. Meine Züge wurden weicher, wenn auch immer noch leer. Der Griff um Drystans Hand entspannte sich und meine Schritte federten über das Pflaster.

Von da an funktionierten Drystan und ich als Einheit. Wir tanzten gemeinsam.

Sicher geleitete er mich durch die Menge, während ich auf jeden seiner Schritte horchte und mich anpasste. Aber auch wenn ich mal Improvisationen einbaute, ließ sich Drystan darauf ein.

Die Musik umgab uns, die vielen Körper, die mich zuvor gestört hatten, nahm ich kaum wahr. Alles was ich sah, waren seine fröhlichen Augen und das immer breiter werdende Lächeln, das sich langsam auf sein Gesicht stahl.

Er hob mich elegant an den Hüften hoch und wirbelte uns herum.
Jauchzend legte er den Kopf in den Nacken. Das Haar klebte ihm verschwitzt an der Stirn, aber ich hatte ihn noch nie so befreit gesehen.
Das warme Licht der Laternen fiel auf seine hellbraune Haut, den von langen Tanzen geröteten Wangen.
Als er mich immer noch lachend wieder absetzte und ich direkt in den nächsten Schritt sprang, sah und dachte ich ausnahmsweise nur an ihn.

Nemesis - Blut und Schwerter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt