Das erste, was meinen Blick auf sich zog, war das große Bett in der Mitte des Raumes. Es reichte locker für zwei, quoll regelrecht vor elfenbeinfarbenen Kissen über und hatte zusätzlich nochmal vergoldete Füße.

Meine Augen wanderten weiter nach rechts. Dort stand ein großer, weißer Kleiderschrank. Er war genau so gebaut wie das Bett und mit goldenen Griffen verziert. Direkt daneben befand sich ein Schminktisch mit Spiegel. Jemand hatte Parfümflaschen, Lidschatten und Puder ordentlich aufgereiht. Auch der Schminktisch war weiß und ähnelte von seiner Machart dem Bett.

Auf der anderen Seite des Raumes befand sich noch ein Kamin. Dieser war hellgrau gemauert, die Asche säuberlich gekehrt und Holzscheite gestapelt daneben. Jetzt im Frühling würde ich ihn nicht brauchen, aber im Winter war es sicher angenehm.

Ohne Regung trat ich zu dem Bett und strich über die Decke. Sie war aus Seide gemacht und wenn man genauer hinsah, war ein hübsches Muster in den Stoff eingewebt.

Ich hob den Kopf und sah zu dem Bad auf der linken Seite. Die Tür stand offen sodass ich einen Blick auf die große Badewanne werfen konnte.

Dieses Zimmer kostete ein Vermögen. Sicherlich genug, um eine Familie auf dem Land für ein ganzes Jahr lang satt zu machen.

Jetzt ging ich rüber zu dem bogenförmigen Fenstern, die das Bett flankierten. Prüfend klopfte ich gegen das Glas, dann öffnete ich es komplett.
Das Glas schien dick genug zu sein, um zu verhindern, dass man es einschlagen konnte.
Ich sah mir den Mechanismus des Schlosses an.
Aber das könnte man knacken.

Vom Fenster aus blickte man auf die Terasse, die ich im Thronsaal gesehen hatte. Dahinter sah man den Garten. Er bestand aus sauber gestutzten Büschen, schattenspendenden Bäumen und gerade erblühenden Blumen.

Ich wandte mich vom Fenster ab und ging rüber zur Tür. Die Zofin stand die ganze Zeit über schweigend in der Ecke.

„Wie heißt du?", fragte ich, als ich mir das Schloss der Tür ansah.
Sie blinzelte überrascht, dass ich sie ansprach.
„Laila."

Das Schloss war für eine geübte Hand ebenfalls zu knacken. Was soll's.

„Ich bin ab sofort Eure persönliche Zofe. Ich werde Euch behilflich sein, wo ich kann."
Ich richtete mich auf und sah sie direkt an.
„Anziehen kann ich mich selbst."
„Wie Ihr wünscht."
Mein Blick wurde eindringlich: „Und komm nicht ungebeten rein."
„Das ist selbstverständlich", Laila neigte den Kopf.

Ein weiteres Mal sah ich mich in dem Gemach um. Es war mir zu viel weiß, zu viel Elfenbein und zu viel Luxus.

„Habt Ihr auch weniger... übertriebene Zimmer?", fragte ich deswegen und sah Laila an.
Ihre Mundwinkel zuckten kaum merklich: „Natürlich. Aber als seine Leibwächterin, liegt euer Zimmer dem seiner Hoheit gegenüber.

Ich sah zur Tür und auch wenn ich nicht gerade glücklich darüber war, verzog ich keine Miene.
„Verstehe. Aber kann ich dir ein paar der Kissen geben? Ich brauche sie nicht."

Laila schien solch eine Bitte zu überraschen.
„Seid Ihr sicher? Die Kissen sind sehr weich und komfortabel."
Jetzt sah ich wieder zu ihr zurück. Sie stand gerade als hätte sie einen Stock verschluckt und sah mich noch immer nicht direkt an. Mir entging allerdings nicht ihr wachsamer Blick.
„Ich ersticke, wenn ich mich da rein lege", erwiderte ich, „Mir ist viel Platz lieber."

Letztendlich konnte sie mir die Bitte nicht ausschlagen, also neigte sie den Kopf.
„Wie ihr wünscht."

Ein seltsames Gefühl überkam mich. Ich konnte ihr etwas befehlen und sie musste dem folgen. Tat sie es nicht, riskierte sie entlassen zu werden.
Vor drei Monaten war ich an ihrer Stelle gewesen. Nur das in meinem Fall wesentlich mehr auf dem Spiel gestanden hatte, als eine Entlassung.

Nemesis - Blut und Schwerter Donde viven las historias. Descúbrelo ahora