Sie waren mittelmäßig groß und von einer Seite mit Moss bewachsen. Auf dem oberen Stein festgenagelt lag ein blutverkrustetes Tuch. So durchtränkt, dass selbst der Regen es noch nicht fort gewaschen hatte.
Es war seine Tradition das Tuch in das Blut seiner Opfer zu tränken. Jedenfalls hatte er es in seinen jüngeren Jahren getan. Jetzt war es nur Zierde, Prahlerei, Abschreckung.

Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich daran dachte, wie viele durch seine Hand gestorben sein mussten. Letztendlich riss ich mich aber von der Grenzmarkierung los und rannte über das Feld. Das war ungeschütztes Gelände, ich war leichter zu sehen als im Wald. Deswegen verlangsamte ich erst, als ich wieder im Schutz der Bäume war.

Inzwischen begann die Sonne aufzusteigen und ich bahnte mir einen Weg bis zu einer Handelsstraße. Mein Magen meldete sich und Müdigkeit überfiel mich, aber ich war darauf ausgebildet unter wenig Schlaf zu funktionieren.

Während ich also der Straße folgte, schlug ich meine Kapuze zurück und versteckte meine Waffen in den versteckten Taschen meiner Kluft. So fiel ich weniger auf. Außerdem zog ich meine blutigen Handschuhe aus, drehte sie auf links und zog sie wieder an. Das Blut war jetzt nicht mehr zu sehen.

Da diese Straße zu einer beliebteren Route gehörte, die die Händler öfters nahmen, überraschte es mich nicht, als ich Hufgetrappel hörte. Trotzdem wandte ich den Kopf nicht um, bis der Wagen neben mir verlangsamte. Erst dann richtete ich meine Augen auf den älteren Mann, der die Zügel führte. Schnell schätzte ich ihn auf vierzig und als normalen Bauern ein. Das erkannte ich an dem einfachen hellbraunen Leinenhemd und Hose. Dazu klebte etwas Dreck am Saum und seine Hände waren schwielig von der Feldarbeit.
Neben ihm musterte mich neugierig ein Junge in meinem Alter. Zumindest sah er wie neunzehn aus. Die blonden Haare glänzten matt und waren ganz verstrubbelt. Er trug die gleiche, einfache Bauernkleidung wie sein vermutlicher Vater. Sie hatten die gleichen braunen Augen.

„Können wir Ihnen helfen, meine Dame?"
Mein Gesicht war ausdruckslos, das war es immer, aber ich nickte.
„Das wäre sehr großzügig. Mein Ziel ist die Hauptstadt."
Der Bauer dagegen lächelte freundlich, aber ich bildete mir nichts darauf ein.
Vertraue niemanden.
Die zweite Lektion. Sehr wichtig.

„Das ist auch unser Ziel. Wir wollen auf dem Markt verkaufen.", bemerkte der Mann und deutete mir mit einer Handbewegung auf den Wagen hinten zu steigen. Wortlos tat ich genau das.
Als ich mich auf eine der Säcke mit Korn gesetzt hatte, erhöhte der Bauer das Tempo wieder.

Jetzt wandte sich der Junge vom Kutschbock zu mir um. Ich erwiderte sein höfliches Lächeln nicht.
„Was führt Euch alleine nach Traddis?", wollte er wissen.
Ich war mir sicher, er wollte nur irgendwie ein Gespräch anfangen, um die Fahrt angenehmer zu machen, aber ich hatte keine Lust Fragen zu beantworten. Mein kühler Blick und meine knappe Antwort reichten aus, um das zu übermitteln.
„Geschäfte."

Verunsichert durch meinen Blick, drehte er sich wieder zurück und sprach kein zweites Mal zu mir.
So hatte ich Gelegenheit etwas runter zu kommen und mir die nächsten Schritte vor Augen zu rufen.

Bis jetzt war bis auf den Kampf mit seinen Gefolgsleuten alles geplant verlaufen. Eigentlich hätte meine Flucht ungesehen über die Bühne gehen sollen.
Aber ich hatte die Grenze ohne Verletzungen überquert und war jetzt auf dem Weg in die Hauptstadt. Der sicherste Ort für mich, im Herzen von Koranée. Er würde sich nicht so weit über die Grenze wagen.
Ein weiterer Grund, warum ich gerade jetzt in die Hauptstadt kam, waren die Turniere. Gerade jetzt begann die Saison und Kämpfer aus dem ganzen Land kamen in die Hauptstadt. Deswegen waren die Tore auch für so gut wie jeden geöffnet.

Nemesis - Blut und Schwerter Donde viven las historias. Descúbrelo ahora