neununddreißig

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Ich rannte so schnell wie Möglich in die Richtung, wo die Ärzte Ricardo mit dem Krankenhausbett hingebracht hatten. Ohne auf meine Umgebung zu schauen, rannte ich mit meinem Kleid und den hohen Schuhen, als ob es um mein Leben hinge. Dann erkannte ich endlich die Ärzte, wie sie Ricardo in den Operationsaal schoben. Sofort wollte ich mit reingehen, wurde aber von zwei Ärzten aufgehalten. „Aber ich muss bei ihm sein. Ich will zu ihm.", sagte ich mit Tränen in den Augen. „Es tut mir sehr leid aber sie müssen hier draußen warten.", sagte der Arzt und sie verschwanden dann. Ich spürte wie ich zitterte und langsam mein Gleichgewicht verlor. Als ich mich nicht mehr halten konnte, kippte ich um. Ich wäre auf dem Boden gefallen, hätte mich nicht im letzen Moment zwei starke gehalten. Ich sah zu der Person hoch und sah wie Thomas mich besorgt ansah. Dann half er mir hoch und ich bemerkte wie die ganzen Jungs von Ricardo, also Paul, Samuel, Lukas und Tyler mich ebenso schockiert und verwirrt ansahen. „Wir haben einen Anruf bekommen und sind sofort hierher geeilt.", sagte Thomas. „Was ist auf dem Balkon passiert?", fragte mich Paul.

Ich wollte ihnen antworten, aber die plötzlichen Schreie von Clarissa, stoppten mich. Clarissa, Mr.Lopèz und Carolin kamen den Gang herunter gerannt und stoppten vor dem Operationssaal. „Wo ist Ricardo? Wo ist mein Sohn?", frage Clarissa weinend. Dann kam ein Arzt aus dem Saal und sofort liefen alle zu dem Arzt.
„Sind sie die Eltern von Ricardo Lopéz?", fragte der Arzt an Ricardos Eltern gerichtet. „Ja.", sagte Mr. Lopéz und nahm währenddessen seine Frau in den Arm.
„Ihr Sohn wurde mitten auf die Brust angeschossen und hat sehr viel Blut verloren. Wir tuen alles was in unserem Hände liegt um ihren Sohn zu retten. Die Operation kann mehrere Stunden dauern, aber unsere Ärzte werden nicht aufgeben.", sagte der Arzt und verschwand dann.

Als er verschwand, brach Clarissa in den Armen von ihrem Mann zusammen und er hielt sie tröstend. Carolin stand geschockt neben ihren Eltern und als sie zu mir rüber blickte, kam sie mit schnellen Schritten und hielt mich dann sauer an meinem Kleid. „Was ist dort oben passiert? Was ist mit meinem Bruder passiert?", schrie sie mich mit Tränen in den Augen an. Samuel kam sofort zwischen uns und hielt Carolin fest, sodass sie mich nicht mehr halten konnte. „Beruhig dich Carolin.", sagte Lukas. Ich war selber geschockt und sah Carolin entschuldigend an. Dann ließ Mr.Lopéz seine Frau los und kam zu mir rüber. „Mariah. Ich will jetzt wissen was genau dort oben passiert ist.", sagte er ruhig und sah mich geduldig an. Ich nickte und wischte mir die Tränen weg und nahm tief Luft ein. „Ich...Wir waren auf dem Balkon weil Ricardo mir die Aussicht zeigen wollte. Dann...Dann sagte Ricardo dass er jemanden im Garten gesehen hätte. Ich hab ihm nicht geglaubt. Es war zu dunkel um irgendwas zu sehen. Dann ertönte ein Schuss und... und Ricardo-..", brach ich mein Satz ab und Thomas nahm mich wieder in seinen Armen.

Mr. Lopéz nickte und nahm dann tief Luft ein. „Du konntest nicht erkennen wer im Garten war?", fragte er mich und ich schüttelte meinen Kopf. „Es tut mir leid.", sagte ich und sah ihn entschuldigend an. „Es ist nicht deine Schuld, Mariah.", sagte er und drehte sich wieder um. Er ging wieder zu seiner Frau, die gerade Carolin in den Armen hielt und flüsterte ihr etwas zu. Clarissa lies Carolin los und sah ihren Mann wütend an. „Nicht jetzt.", sagte sie wütend. Aber Mr.Lopéz hörte nicht auf sie, küsste die Stirn von ihr und dann von Carolin und drehte sich wieder um. „Passt auf alle drei auf bis ich wieder da bin.", befahl er zu den Jungs und diese nickten dann. Dann ging er weg.

Thomas lies mich wieder los, als ich mich beruhigt hatte und ich dann lief zu Clarissa und Carolin rüber. „Es tut Mir so leid.", sagte Carolin und fiel in meinen Armen. „Ich sollte dich nicht so angreifen.", sagte sie weinend. Ich löste mich von ihr und sah dann zu Clarissa rüber. Diese nahm mich auch sofort in den Armen. „Kommt, setzt euch hin.", sagte Thomas und führte uns zu den Stühlen, welche am Gang standen. Während wir saßen, lehnte Carolin ihren Kopf an der Schulter ihrer Mutter, und ich konzentrierte mich darauf nicht wieder in Tränen auszubrechen. Währenddessen standen die Jungs im Gang, da es nur drei Stühle gab. Die Stimmung war angespannt und jeder war in seinen Gedanken versunken.

Plötzlich rief mich jemand und ich schreckte nach oben. Ich erblickte meinen Vater, der besorgt mit schnellen Schritten zu uns lief. Sofort stand ich auf und lief ihm entgegen und er umarmte mich fest. „Als ich gehört was passiert ist, bin ich sofort zu euch gekommen.", erzählte er mir. Mein Vater arbeitet hier im Krankenhaus seit mehreren Jahren, weshalb er auch wahrscheinlich davon schnell mit bekommen hat. Dann sah er zu Ricardos Mutter.
„Ich vergewissere ihnen, dass meine Kollegen alles machen um ihren Sohn zu retten.", sagte mein Vater und sie nickte dankend. Dann sah er wieder zu mir und nahm meinen Kopf in seinen Händen. „Ich muss leider wieder dringend an die Arbeit aber ich werde so oft wie möglich vorbei kommen.", sagte er und ich nickte dankend. Dann verschwand er ebenfalls und ich seufzte. Die vergangene Stunde verbrachten wir damit im Gang zu warten. Samuel und Lukas waren so nett und haben uns allen Kaffee gebracht.

Plötzlich stand Clarissa auf und lief ihrem Mann entgegen, der zu uns rüber lief. Er nahm sie sofort in den Arm und küsste ihre Stirn. Dann redeten sie kurz etwas, was man aber nicht hören konnte, da sie viel zu weit entfernt waren. Die Öffnung der Türen von dem Operationssaal gewann unsere Aufmerksamkeit und jeder stand auf. Ein Arzt kam heraus und lief zu Ricardos Eltern rüber. Jeder war gespannt was der Arzt sagen würde und niemand sagte auch nur ein einziges Wort. „Ich kann ihnen mit Erleichterung sagen, dass es ihren Sohn gut geht. Er hat die Operation durchgestanden und wir konnten mit Erfolg die Kugel aus seiner Brust entfernen.", sagte der Arzt wodurch jeder sich entspannte. Ich bekam vor Freude Tränen in den Augen und nahm sofort Carolin in den Armen.
„Ihr Sohn muss sich aber sehr lange ausruhen. Wir wissen nicht wie lange er noch im Krankenhaus bleiben muss, es kommt drauf an wie schnell sich ihr Sohn erholt. Ihren Sohn könnt ihr erst um zwölf Uhr besuchen kommen, bis dahin schlage ich ihnen vor, dass ihr nach Hause geht und erst in elf Stunden wieder kommt.", sagte der Arzt und Mr.Lopéz bedankte sich. Dann verschwand der Arzt.

„Ihm geht es gut.", sagte Clarissa vor Freude und umarmte ihren Mann. „Kinder, es war eine harte Nacht. Es ist besser, jeder geht nach Hause und wir kommen Ricardo, wie der Arzt schon gesagt hat, erst um zwölf Uhr besuchen.", sagte Mr.Lopéz und zusammen mit seiner Frau liefen sie schonmal den Gang herunter.
„Ich... Ich will jetzt nicht alleine zu Hause sein.", sagte ich wahrheitsgemäß und sah die Jungs und Carolin vor mir an. Mein Vater würde noch lange arbeiten und nach dieser Nacht, würde ich kein einziges Augen zu machen können. „Dann können wir alle zum Lager gehen und dort die Nacht verbringen. Und um zwölf Uhr fahren wir zusammen wieder ins Krankenhaus.", schlug Thomas vor. „Ich wäre euch so dankbar.", sagte ich und Paul umarmte mich seitlich. „Ist doch für unsere kleine Schwester verständlich.", sagte er lachend. „Hey! Ich will auch mitkommen.", sagte Carolin. „Ohne dich würden wir auch nicht gehen.", sagte Tyler lachend.

Dann liefen wir zusammen aus dem Krankenhaus und gaben kurz den Eltern von Carolin Bescheid. In verteilten Autos fuhren wir circa fünfzehn Minuten lang zum Lager und als wir ankamen, machten sich die Jungs sofort an die Arbeit Matratzen und Decken in die Mitte, also dort wo der Sofa und der Fernseher stand, zubringen. Während die Jungs die Nacht dort verbringen müssen, durften ich und Carolin uns in Ricardos Zimmer gemütlich machen. Nachdem ich mir eine Jogginghose und einen Pulli von Ricardo angezogen hatte, ging ich wieder zurück zu den Jungs. Diese saßen, ebenfalls mit Jogginghosen und Pullis, jeweils auf den fertig zubereiten Matratzen oder auf dem Sofa. Ich gesellte mich zu ihnen und setzte mich neben Samuel auf dem Sofa hin. Carolin ist, nachdem ich unter der Dusche war, auch in die Dusche reingegangen.

„Leute. Wieso seid ihr so bedrückt? Alls ob jemand gestorben wäre. Er wird sich erholen und wir sollten lieber froh sein, dass es ihm gut geht.", sagte Lukas plötzlich in die Stille rein. Ich wollte ihm antworten, da stürmte plötzlich Luisa in die Halle rein. Dicht gefolgt von Paul. Verwirrt darüber stand ich auf und sie nahm mich sofort in die Arme. „Ich hab gehört was passiert ist und Paul war so nett und hat mich sofort zu euch gefahren.",erzählte sie mir. „Wo ist Carolin?", fragte sie und blickte sich um. „Sie ist noch unter der Dusche.", sagte ich und sie nickte. Dann begrüßte sie auch noch die restlichen Jungs und setzte sich auf die Matratze hin, wo sich auch Paul gemütlich gemacht hatte. Also wenn die nicht füreinander bestimmt sind, dann weiß ich auch nicht weiter.

Bis wir alle einschliefen, redeten wir über belangloses Zeug, und obwohl jeder noch unter Schock stand, versuchten wir es einfach zu unterdrücken.

Ich bin einfach nur unfassbar dankbar, dass es meinen Ricardo gut geht. Ich würde nicht wissen wie ich damit umgehen könnte, falls ihm etwas geschehen wäre.

RICARDOWhere stories live. Discover now