Kapitel 29

1.5K 80 16
                                    

Das Erste, was ich hörte waren aufgebrachte, laute Stimmen, die wild durcheinander redeten.

"Wie geht es ihr? Wird sie wieder aufwachen?" hörte ich eine mir bekannte Stimme fragen. "Das ist schwer zu sagen... Dafür, dass ein Auto mit ihr kollidiert ist, ist sie in einem ziemlich stabilen Zustand. Die Blutungen sind gestillt, sie dürfte jedoch noch ziemlich geschwächt sein" ertönte eine andere, dunklere Stimme, die ich nicht identifizieren konnte. "Außerdem hat sie eine leichte Gehirnerschütterung. Sie kann froh sein, dass sie das überlebt hat... Wie auch immer, da die Untersuchungen jetzt vorbei sind, werde ich sie beide alleine lassen. Holen Sie mich, wenn Sie mich brauchen"

Dann hörte ich, wie eine Tür zufiel.

"Bitte wach auf... Bitte wach endlich wieder auf"

Ich brauchte eine Weile, um die Stimme zu erkennen, die diese Worte immer wieder vor sich hin murmelte. Ich wollte meine Augen öffnen, aber ich konnte nicht. Ich war noch zu schwach. Zu schwach um etwas von mir zu geben.

"Bitte, Rose... Wach wieder auf"

Harry.

Harry war hier. Wo waren wir? Was ist passiert? Wieso wollte er, dass ich wieder aufwache?

Ich zwang mich, meine Augenlider zu öffnen. Vor mir befand sich eine kahle, weiße Wand mit einem einzigen, hässlichen Gemälde. Das grelle Licht blendete mich.

Dann schweifte mein Blick nach rechts. Ich sah die vertrauten, braunen Locken, die ihm wirr ins Gesicht fielen. Als Harry merkte, dass ich ihn anstarrte, schlug er sich ungläubig die Hand vor den Mund.

"Oh mein Gott!"

Er lehnte sich ruckartig über mich und drückte mit Tränen in den Augen seine Lippen auf meine Stirn.

"Oh mein Gott, Rose" flüsterte er "Wie geht es dir?"

"Abgesehen von den Schmerzen in meinem Kopf, die sich anfühlen, als ob jede Sekunde Nadeln in meine Haut stechen würden, die Übelkeit und die Schmerzen in Armen und Beinen, die sich wie amputiert anfühlen, ist alles in Ordnung" sagte ich und schenkte ihm ein müdes Lächeln. Er sah mich erleichtert an und schüttelte dann ungläubig seinen Kopf.

"Harry, was ist passiert?" fragte ich langsam. Meine Erinnerungen an die letzten Stunden waren nur noch vage. Ich hatte keine Ahnung, welcher Tag heute war und wie lang ich schon in diesem ungemütlichen Bett lag. Als ich an mir herab sah, bemerkte ich, dass ich ein seltsames, blau-weiß gepunktetes Nachthemd trug und neben mir eine Ampulle lag.

Wir waren also im Krankenhaus. Ganz toll.

"Du kannst dich noch an mich erinnern?!" fragte er mit weit aufgerissenen Augen.
"Ja, Harry, ich leide nicht unter Amnesie" sagte ich sarkastisch und verdrehte meine Augen, was mir jedoch einen Höllenschmerz bereitete."Gott sei Dank" murmelte er "Der Arzt meinte, dass du durch die Gehirnerschütterung eventuell Gedächtnislücken haben könntest... Ich hatte Angst, dass du mich vergessen hast"

"Ich kann mich noch an alles erinnern, außer daran, wie dieser Unfall passiert ist" gab ich zu.

"Du wurdest von einem Auto angefahren, als du über die Straße gelaufen bist, Rose" flüsterte er und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. "Gott, du hast mir so einen Schrecken eingejagt! Auf einmal habe ich ein unerklärliches Geräusch gehört und als ich sah, wie du auf dem Boden lagst, dachte ich, du wachst nie wieder auf..."

"Hast du den Krankenwagen gerufen?"

Harry nickte. Ich seufzte und schloss meinen Augen für einen kurzen Moment.

"Tut mir leid, dass du mich so sehen musstest... Wie schlimm sieht es eigentlich aus?"

"Du hast ein paar Wunden und blaue Flecken im Gesicht und auf der Stirn... Aber du hattest Glück, es hätte noch viel schlimmer kommen können"

Half a HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt