⚠️ 27.12. Nachricht ⚠️

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Angespannt sitze ich auf meinem Bett und massiere mir die Schläfe. Ich weiß, dass es jede Sekunde klingeln wird und trotzdem hoffe ich inständig, dass ein Meteor in unser Dach einschlägt und das gesamte Grundstück niederwalzt. Natürlich wird das nicht passieren, aber beten schadet keinem.

Tatsächlich erklingt unsere Hausglocke nich viel später und mein Appa ordert mich mit einem scharfen Pfiff an. Ich beeile mich die Treppe herunter, damit ich mir bloß keinen Ärger mit ihm einhandle und rechtzeitig Schulter an Schulter mit meiner Familie vor der Tür positioniert bin.

Meine Eomma zieht sie schwungvoll nach innen auf und ihre gelifteten Mundwinkel reißen mit dieser Bewegung höher, als sie sowieso schon sitzen. Überschwänglich umarmt sie ihre Freundin Young Jijang und kneift der etwas kleineren, wesentlich jüngeren Version von ihr in die Wange.

"Du musst Kaisoo sein, mein Engel", kichert sie uns wirft ihr blondes Haar zurück, "und noch tausendmal schöner als auf den Fotos bist du!" Das Mädchen lächelt höflich und knickst dann vor meinem Vater.

Ich muss zugeben, sie sieht wirklich wunderschön aus. Die schwarzen Haare liegen locker auf ihren Schultern, ihr Hautton ist blass, Lippen und Wangen rosig und ihre dunklen, mandelförmigen Augen verwandeln sich in kleine Halbmonde, wenn sie lächelt. Wie viel einfacher wäre mein Leben, wenn Jaemin auch ein Mädchen wäre.

"Lee Jeno.", reiche ich ihr meine Hand, die sie verlegen schüttelt. "Young Kaisoo, angenehm." Ich führe sie in Begleitung der anderen in den Essbereich mit dem großzügig gedeckten Holztisch, dessen samtene Tischdecke die ganzen Macken und Brandflecken unter sich verbirgt.

Meine Vater schenkt Wein ein, während Eomma mit ihrer Freundin bereits munter am Tratschen ist. Er befüllt Kaisoos Glas und entschuldigt sich für mein zurückgezogenes Verhalten: "Du musst ein bisschen nachsichtig mit ihm sein, Liebes. Jeno ist leider etwas angeschlagen, aber er interessiert sich wirklich sehr für dich."

Ja, brennend. Mein Appa versetzt mir unter dem Tisch einen Kick gegen mein Schienbein und zieht mahnend seine Augenbrauen in die Höhe. Mein Blick senkt sich zu meinen Schuhen, wo er auf Kaisoos überschlagene Beine fällt. Unter den Riemen ihrer Stiefelchen blitzt der Stoff einer lilanen Socke hervor. Ich muss grinsen. Vielleicht wird der Abend doch nicht so schlimm, wie ich dachte.

Also räuspere ich mich und versuche, die Young Tocher in ein Gespräch zu verwickeln. Sie scheint ein wenig schüchtern, aber eigentlich sehr sympathisch. Unsere Eltern beäugen uns ab und an erfreut und ich bin auch glücklich, dass ein wenig Smalltalk genügt, um mir kritisierende Gesten vom Leib zu halten.

Irgendwann tischt meine Mutter Häppchen, Pasteten, Braten, Gebäck und andere Leckereien auf und ich habe vorerst meine Ruhe. Während wir essen schleime ich mich noch ein wenig bei "Jiji" ein und nicke brav, wenn mein Appa mit mir prahlt.

Kaisoo ist dabei wenig interessiert, also legt mein Appa seinen Arm um die Schulter seiner Frau und bedeutet mir mit einem Kinnnicken an, dass ich wohl das gleiche bei meiner Nebensitzerin tun soll. Alamiert springe ich von meinem Stuhl auf, was alle Blicke auf sich zieht.

Jetzt bloß nicht in Angstschweiß ausbrechen, Jeno! "Ähm, wie wäre es denn, wenn ich Kaisoo das Haus zeige? Nicht, dass sie sich langweilt, wenn wir uns um die Küche und das Geschirr kümmern müssen."

Meine Mutter ist trotz des missbilligenden Seufzen meines Vater sofort Feuer und Flamme umd scheucht uns beiden beinahe schon in den ersten Stock. Sobald wir außer Sichtweiten der Erwachsenen sind, knöpfe ich mein Hemd auf und schüttle mir mit einer Hand die gegelten Haare auseinander. Meine anscheinende Zukünftige sagt nichts dazu, aber wenn doch, wäre es mir auch egal.

Nacheinander klappern wir jeden Raum ab, bis wir endlich mein geliebtes Zimmer erreichen. Ich lasse sie vor und schließe die Tür hinter uns, damit sie ja nicht auf die Idee kommt, am Lichtschalter rumzufummeln. Jaemins Zimmer liegt schließlich direkt gegenüber und selbst durch die Vorhänge würde genug Licht fallen um zu erkennen, dass ich nicht alleine bin.

Sie lässt sich auf meinem Bett nieder und schaut sich ein wenig um. Die Farben, die brennenden Lavendelkerzen und die herzförmige Fotocollage, alles nicht dem Stereotyp Mann entsprechend, aber es juckt mich reichlich wenig, was Kaisoo davon hält, ich mag mein Zimmer.

"Ich mag lila.", sagt sie nur und lässt ihre Beine baumeln. Aber an ihren zuckenden Lippen erkenne ich, dass sie noch etwas zurückhält, was sie nicht sagen oder fragen will. Ich seufze nachgiebig und gebe ein schwaches "Na komm, ich seh' dir doch an, dass dir was auf der Zunge brennt." von mir.

Zwar beißt sie sich noch zögernd auf die Lippe, aber ihre Neugier überwiegt schließlich und sie macht tatsächlich mal den Mund auf: "Dein Vater meint du bist krank. Was hast du?"

Kluges Ding, mit einer verkeimten Bazillenschleuder in meiner Nähe würde ich auch vorsichtig sein. "Meine 'Krankheit' nennt sich Homosexualität." Whussshh, Bombe geplatzt. Jede Wette ich handle mir damit ziemlich viel Ärger mit meiner Familie ein. Jesus, warum muss ich auch so unendlich direkt sein?!

Aber nein, Kaisoo grinst nur schief. "Schade, ich hätte dich wirklich gerne besser kennengelernt." Ich muss auch grinsen. "Du bist wirklich hübsch, du findest bestimmt einen tausend mal Besseren als mich!" Dann rückt sie ein Stück zur Seite und tätschelt auffordernd den frei gewordenen Platz neben sich. Geschlagen setze ich mich zu ihr und erzähle die ganze Geschichte von mir, Jaemin, meiner Familie und sogar Haechan und Renjun.

Irgendwann ruft Jijang von unten, dass es Zeit wird, zu gehen und das obwohl kaum Zeit vergangen zu sein scheint. "Wenn du möchtest, kann ich meiner Eomma erzählen, dass wir uns öfter sehen wollen, dann sind alle zufrieden." "Das würdest du für mich tun?" Kaisoo nickt und reicht mir ihre Fingerchen, sodass wir zur Freude meiner Eltern Hand in Hand wieder die Treppe nach unten kommen.

Nachdem wir die beiden verabschiedet haben, klopft mir mein Alter strahlend wie ein Glücksschweinchen auf die Schulter. "Ich wusste, dass du nur erst einmal auf den Geschmack kommen musst, mein Sohn!"

Zwar haben sie viele Fragen, aber ich versuche, sie mit kurzen Antworten so schnell wie möglich abzuspeißen und verkrieche mich wieder in mein Zimmer. Die Kerzen sind abgebrannt und im ganzen Raum duftet es nach Lavendel, dahingegen muss ich jedoch den Lichtschalter bedienen.

Irgendwann ploppt eine Nachricht auf meinem Handybildschirm auf. Es ist niemand geringeres als Jaemin. Wie seltsam, ich schwärme für ihn obwohl er mir so viele Probleme bereitet.

Ich werfe einen Blick aus dem Fenster zum Haus der Familie Na. In Jaemins Zimmer brennt Licht, er steht vor seinem Fenster, sein Smartphone in der Hand und die Augen zu mir gerichtet, um einen Blick hinter meinen Vorhang zu erhaschen.

Ich werfe mein Handy aufs Bett und lasse mich daneben fallen. Es tut mir leid Jae, heute habe ich einfach nicht mehr die Nerven, um mit dir zu schreiben.

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Wow, nach so langer Zeit endlich mal wieder ein Kapitel, ich kanns gar nicht fassen~

Ich hoffe es gefällt euch, auch wenn ich erst wieder in den alten Schreibstil reinkommen muss und es wahrscheinlich ziemlich viele Unterschiede zu den anderen Chaps gibt.

- "Nono"

How to tell I'm gay ~Nomin~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt