⚠️ 25.12. Haechan ⚠️

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Mit einem seltsamen Gefühl im Magen klettere ich aus meinem komplett verchaosiertem Bett. Jaetang hat die Angewohnheit wild mit den Beinen zu strampeln, wenn er von irgendwas begeistert ist.

Darum hat er gestern kichernd meine ganze Ordnung durcheinandergebracht, während er sich durch meine Freundeliste arbeitete.

Auf Zehenspitzen tapse ich über meinen kühlen Holzboden und sammle noch tragbare Klamotten ein. Ich bin meinem großen Bruder wirklich dankbar, er hat mit mir eine ganze Tabelle erarbeitet, wie ich mich bei welcher Gelegenheit an wen anvertraue. Wer hätte gedacht, dass Outing so kompliziert und anstrengend sein kann?

Jetzt liegt Jaetang kleine Spuckebläschen sabbernd in ein Deckenknäul gehüllt und schnurrt fröhlich vor sich hin. Weil wir die Jae's sind und nicht die Jeo's, die sich die ganze Zeit triezen müssen, beschließe ich ihn so niedlich vor sich hin träumend liegen zu lassen und schleiche deshalb auf leisen Sohlen ins Badezimmer.

Da eigentlich Ferien sind schlafen meine beiden anderen Brüder auch noch und ich habe das Bad ganz für mich selbst. Genüsslich seufzend massiere ich mir das Shampoo in die Kopfhaut ein und vergesse für einen Moment all meine Probleme und den ganzen Kummer, als hätte ich ihn mit dem warmen Wasser abgespült.

Kurz vor knapp schließe ich leise die Haustür hinter mir und sehe an unserem Grundstück schon Haechan auf dem Gehweg auf mich warten. Ich zwänge mich noch schnell in meine Sneaker und bewege mich gleich auf ihn zu, während sein warmes Lächeln mich schon von meterweit weg zum Schmelzen bringt.

"Hey Hae.", gebe ich ihm high five und wir setzen uns in Bewegung. Da niemand Schule hat und die meisten Menschen arbeiten oder eben nicht, haben wir die Straße quasi für uns. Trotzdem kann ich ihn nicht einfach auf das Thema anquatschen wie zB "Klar mag ich mir mal ein Autorennen von näherem ansehen. Apropos ich will wirklich wissen, wie es ist, wem einen zu blasen, weil ganz nebenbei, das macht mich echt an." oder was?

Ich beschließe, dass es nach dem Unterricht noch genug Zeit hat, ihm meine Sexualität zu beichten und ich mir dann sowieso den ganzen Tag über noch ein paar Reaktionszenarien ausdenken kann. Also reden wir einfach weiter über Rennsport.

Das Schulhaus ist wie leergefegt, gerade ein paar hundert Schüler sind auf den Gängen. Die meisten haben gute Laune und grüßen zurück, aber manche ziehen eine ziemliche Flaupe. Wer einmal während des regulären Unterrichts fehlt, hat die Chance, das Verpasste in den Ferien nachzuholen.

Ich kann mich nicht beschweren, immerhin sind zwei Wochen gammeln echt langweilig, außerdem können wir schon mittags statt vorabends nach Hause und chilliger ist der Unterricht mit ein paar wenigen Schülern sowieso. Auch die Lehrer sind freundlicher und geduldiger als sonst und man kann einige Fleißpunkte sammeln.

Zudem bin ich froh gewesen, das letzte Halbjahr ein paar Tage Zuhause geblieben zu sein. Zum Beispiel, als ich eine ziemlich fiese Erkältung hatte oder diesen einen, na ja, "pikanten" Traum von Jeno. Meine Mutter war sofort überzeugt, ich hätte Fieber, so verschwitzt und rot wie ich war, und hat mich guten Gewissens im Bett gelassen. Ich glaube, ich hätte ihm an diesem Tag sowieso niemals gegenübertreten können.

In unserem Klassenzimmer angekommen treffen wir außer zwei Jungen und drei weitere Mädchen auf unsere Freunde Mark und Ten, die es auch hier her verschlagen hat. Freudig begrüßen wir uns gegenseitig und lassen uns an einem zusammengeschobenen Vierertisch nieder.

Abwesend kritzle ich ein paar Skizzen in mein Mathebuch, als sich Ten neben mir herbeugt. "Alles gut heute mit dir?", fragt mich mein guter Freund besorgt. Eillig schüttle ich den Kopf: "Nein, alles prima, weshalb fragst du?"

Als Antwort zieht er nur eine Augenbraue nach oben und deutet mit seinem Bleistift so unscheinbar wie möglich in meinen Schoß. Ich folge der stumpfen Mine und bemerke, dass sich meine Gedanken zu sehr um den vorher erwähnten Traum gedreht haben. Rot wie eine Tomate rücke ich näher an meinen Tisch und versuche, mich auf die Gleichung vor meiner Nase zu fixieren. Ten wendet sich grinsend wieder ab und füllt weiter seinen Lückentext aus.

Zum Glück können wir Pause machen, wie wir wollen, die Kantine hat sowieso nicht geöffnet, sonst hätte ich keine zwanzig Minuten später ein ziemliches Problem gehabt. Nachdem sich meine Aufregung "untenrum" wieder gelegt hat, vergeht der Tag glücklicherweise ohne weitere Zwischenfälle und Punkt zwölf sind wir fertig damit, das Klassenzimmer zu reinigen.

Mark und Ten verabschieden sich in die andere Richtung und wir laufen zum Bahnhof. Haechan hat herausgefunden, dass in den Ferien eine Straßenbahn ganz bei ihm in der Nähe hält und wir sie nehmen können, da keiner von uns Bock hat, sich im Winter lange draußen aufzuhalten. Klar, für mich ist es ein kleiner Umweg, aber ich begleite meinen besten Freund gerne nach Hause.

In seinem Block angekommen beende ich den Smalltalk und umarme ihn zum Abschied. "Was läuft bei dir noch so in den Ferien, wann hast du Zeit?" Ohne nachzudenken antworte ich: "Hmm, das weiß ich nicht auswendig, aber die meiste Zeit werde ich mich definitiv in Selbstmitleid suhlen." Gerade in dem Moment habe ich das Bedürfnis, mir selbst die Hand vors Gesicht zu schlagen, aber das wäre Haechan gegenüber noch auffälliger.

Bevor er reagieren kann, will ich mich um die nächste, steinverkleidete Hausecke drücken, doch ich habe meinen Freund unterschätzt, denn er wird hellhörig und zieht mich an meinem beigen Jackenärmel zurück.

"Momentchen Freund, hiergebieben! Wie war das? Häh, weshalb?" Ich kann nichts sagen, aber ich will auch nicht lügen. Verdammt lang starren wir uns einfach nur in die Augen, meine wahrscheinlich scheu wie ein Reh, seine eher suchend. Mist, ich hatte ganz verdrängt, dass ich mich heute morgen nicht mit ihm ausgesprochen habe.

Sekunden später blinzelt Haechan aufgeregt und zieht seine Mundwinkel in die Höhe. Folglich ziemlich gut gelaunt offenbart er mir seine Theorie, mit der er genau ins Schwarze trifft: "Du. Bist. Verliebt." Ich muss schlucken. Ist es wirklich so offensichtlich?

Da Haechan jede meiner Bewegungen genaustens analysiert, bemerkt er auch dieses Signal und rät weiter: "Aber es kann nix werden, weil diese Person ist..." Gespannt verfolge ich, wie sich kleine Fältchen auf seiner Stirn wellen und er die Nase kraus zieht. "...ist ...äh ...vergeben?"

Mir bleibt nicht mehr als den Kopf zu schütteln: "Zu jung oder alt?" Wieder schüttle ich meinen Kopf. Er überlegt einen längeren Moment und schnippst dann begeistert mit den Fingern. "Jetzt aber, es ist die neue Referindarin!" Glucksend breche ich mir fast den Hals vor lauter Schütteln.

"Dann vom anderen Ufer." ist sein letzter Versuch. Ich will: "Nope, ich hab unser Ufer verlassen." sagen, doch stattdessen ergibt sich nur: "Oh Mann Hae, du immer! Ich muss jetzt los, meine Mutter weiß nicht, dass wir bahnfahren und fragt sich bestimmt, wo ich wieder bleibe." Er nickt und auch ich mache auf dem Absatz kehrt und schlängle mich durch diverse Gärten zu unserer Straße.

Ist ja super gelaufen, Na Jaemin!

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Joo, ich dachte, die Schulszene muss noch rein, weil ich es sonst nie über 500 Wörter schaffe, dabei habe ich jetzt über tausend. Upps~ 😂😂

- Nono

How to tell I'm gay ~Nomin~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt