Pax et Bellum

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"Warum so schweigsam?"

Hunters weiche Stimme drang an mein Ohr. Bis jetzt hatte niemand von uns ein Wort gesagt, nicht seitdem wir vom Haus aufgebrochen waren.

"Ich war in Gedanken."

Das entsprach tatsächlich der Wahrheit. Die ganze Sache mit Vendette hatte mir viel zu denken gegeben, und außerdem wollte ich nicht mit Hunter sprechen.

"Du bist aber oft in Gedanken."

Er gab einfach nicht auf.

Wieso verstand er nicht, dass ich nicht mit ihm reden wollte? Dumm war er ja nicht, deshalb vermutete ich eher, dass es ihm egal war, wie sehr er mir auf den Geist ging.

"Ja, ich muss aber auch über viel nachdenken."

Zum Beispiel über das Thema, welches du mir verboten hast auch nur in den Mund zu nehmen, fügte ich bissig in Gedanken hinzu.

Es schien fast als hätte Hunter den letzteren Teil gehört, denn er presste die Lippen aufeinander.

Inzwischen waren wir schon längst nicht mehr auf dem Feldweg, der zu unserem Haus führte, sondern hatten schon die Hälfte des Weges hinter uns.

Stirnrunzelnd besah ich mir Hunters Schwert, welches er nicht gerade unauffällig an seine Hüfte gebunden hatte. Meines hing auch unübersehbar an meinem Gürtel.

"Werden sich die Leute nicht wundern, dass zwei Jugendliche mit Schwertern über ihren Dorfplatz marschieren?" Ich hatte das Schweigen gebrochen, und das schien Hunter sehr zu freuen, denn er erwiderte im fröhlichen Plauderton: "Diese Schwerter sind nicht gewöhnlich. Wenn man nicht will, dass sie gesehen werden, dann werden sie auch nicht gesehen."

Wollte er damit andeuten, dass eine Art von Magie auf ihnen lag?

"Gehören sie irgendwie zusammen?"

Jetzt kamen wir dem interessanten Thema schon näher.

"Sie wurden in der selben Schmiede vom gleichen Schmied gefertigt, aber das ist auch schon die einzige Gemeinsamkeit. Die eine Klinge, auch Pax genannt, ist friedliebend, töten wiedersagt ihr. Bellum, ihr Gegenstück denkt da ganz anders. Je mehr Blut an ihr klebt, desto glücklicher ist sie."

Ich musste lachen. "Du redest über Schwerter als ob sie Gefühle hätten."

"Das hier sind keine gewöhnlichen Schwerter.", erwiderte er ohne zu lächeln. "Man muss höchst vorsichtig sein im Umgang mit ihnen."

Ich streichelte mit meinem Finger über den Knauf meines Schwertes. "Welches ist Pax und welches Bellum?"

"Was glaubst du?" Sein Blick haftete wachsam an mir.

"Keine Ahnung. Ich kenne dein Schwert nicht."

Das war nicht ganz die Wahrheit, aber egal.

"Deines ist Bellum."

"Oh." Ach was, mein Schwert war nicht blutrünstig. Es hatte mich vor Vendette gewarnt. Und außerdem war es eben nur ein Schwert.

Aber wir waren am richtigen Pfad. Hunter schien nicht abgeneigt sein, manche meiner Fragen zu beantworten. Wenn ich sie nur richtig stellen würde...

"Ich nehme an, die beiden Schwerter haben immer auf derselben Seite gekämpft?" Komm schon, Hunter, beiß an!

Tatsächlich schien es das Schicksal gut mit mir zu meinen, denn Hunter sah nicht so aus, als würde er eine Falle wittern.

"Nein, nein! Ganz im Gegenteil, es ist äußert selten, dass die beiden Schwerter auf einer Seite sind."

"Und wie bist du also in Besitz beider Klingen gekommen?"

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