4 باب

9.8K 750 180
                                    

„Wachen!"
Asher schien nicht gross an dieser Nachricht interessiert zu sein.
Auch die Adligen die dieser Zeremonie nur aus Höflichkeit beiwohnten, hielten sich die Nase zu, als würde der alte Mann mit den knochigen Händen stinken wie eine Horde von Schweinen.
Während bereits die beiden breiten Männer in ihrer Rüstung auf den zerbrechlich wirkenden Mann zuliefen, richtete er den Blick auf mich.
Beim Anblick seiner wässrigen, blauen Augen jagte es mir Schauer über den Rücken.
Diese Augen hatten etwas Spezielles an sich, etwas, das ich nicht recht zu ergründen vermochte.
Erstaunlich flink für sein hohes Alter erklomm er die Stufen zu meinem Thron und warf sich dort vor mir auf die Knie, während er nach meiner Hand griff und seine faltigen Hände darum legte.
Kurz zuckte ich zusammen, bei dieser ungewohnten Berührung.
„Meine Königin, bitte erhört mich und bringt euren Gatten zu Vernunft."
Die Wachen wollten ihn von mir wegreissen und Amora machte ebenfalls einen Schritt vor, doch irgendetwas an ihm machte mich neugierig.
Auf keine gute Art. Ehrt unheilvoll, im Wissen dass ich seinen Worten ohnehin nicht entkommen konnte.
Also hob ich langsam eine Hand und blickte den Greis mit meinen gebrochenen Augen an.
„Sprecht."
Befahl ich und er nickte hastig.
Die Wachen halfen ihm halbwegs sanft, wieder auf die wackelnden Beine zu kommen und er stellte sich wieder respektvoll unter die Stufen.
„Ich habe eine wichtige Nachricht erhalten."
„Von wem?"
Ash runzelte die Stirn und lehnte sich auf dem Thron nah vorne.
Seine dunkeln Augenringe brachten das intensive Grün noch mehr zum hervorstechen.
„Das weiss ich nicht, eure Majestät."
Verhaltenes Lachen war zu hören, der alte Wanderpriester sah sich wütend um.
„Ihr mögt mich für verrückt halten, doch was ich sage ist wahr!"
Ich kniff die Augen zusammen.
„Nundenn, überbringt uns eure Nachricht."
Automatisch wurde es still und es wurde gehustet, um das Lachen zu verbergen.
Jeder dem das nicht gelangt, wurde mit meinen Blicken gestraft.
„Der aufziehende Krieg wird nur gewonnen, wenn des Königs erster Erbe geboren wird. Noch während das Blur von sterbenden Männern den Sand unter der heissen Sonne verklebt. Ansonsten ist dieses Reich verloren."
Getuschel kam auf und plötzlich wusste niemand mehr, ob er zu scherzen beliebte oder ob er seine Worte wirklich glaubte.
Alle warteten auf meine Reaktion.
Doch ich sass nur wie vom Blitz getroffen da.
Der Druck, der ohnehin schon auf mir lastete, drohte mich nun zu ersticken.
Diese Worte würden sich als Gerüchte verbreiten und selbst wenn sie Niemand wirklich glaubte, waren sie da. Und sie verhiessen Unheil.
„Daya? Geht es dir gut?"
Ash hatte sich besorgt zu mir hinüber gelehnt und ich schluckte.
Tränen stiegen mir brennend in meine Augen, während ich mich verzweifelt um Haltung bemühte.
Amora bemerkte das sofort und berührte tröstend meinen Arm. Auch Joshua, der mir nicht mehr von der Seite gewichen war, schluckte unbehaglich.
„Meine Blume..."
Langsam drehte Asher meinen Kopf zu sich und presste seine Stirn an meine.
„Weine nicht."
Dann wandte er sich den Wachen zu.
„Bringt diesen alten Mann hier weg, er redet wirres Zeug."
Sofort wurde er aus dem Raum geschleift. Doch die ganze Zeit ruhte sein Blick auf mir und ich sah ihm nach.
Ich wollte nicht glauben was er sagte, doch tief in mir drinnen tat ich es doch.

Einige Minuten später hatte sich der Rat zusammengefunden und ich sass erneut auf dem Stuhl zu Ashers linken, während die Minister wirr durcheinander redeten.
„Man kann diesen Gerüchten nicht trauen, das ist keine Prophezeiung eines Priesters, das ist wirres Zeug."
Ein anderer schüttelte den Kopf und tippte mit dem Finger vielsagend auf den Tisch.
„Es geht auch nicht darum ob es wahr ist. Sondern darum, dass das Volk es glauben wird, wenn es sich herum gesprochen hat."
„Und das wird es."
Ergänzten ein anderer, der sich nachdenklich durch seinen Bart strich.
Meine Augen wanderten hinüber zum Fenster, vor meinem inneren Auge sah ich wieder die Blutlache.
„Wenn sie es glauben, was macht das für einen Unterschied?"
Fragte Asher und ein Minister antwortete sofort.
„Eure Hoheit, dann wird das Volk abergläubisch und fordert euch um jeden Preis auf, die Prophezeiung zu erfüllen. Ansonsten können wir und auf Unruhen im eigenen Land gefasst machen!"
Ein anderer sprang auf.
„Das wäre unser Untergang! Wir können nicht an zwei Fronten kämpfen, wir brauchen jeden Mann an der Front!"
Asher schlug mit der Faust auf den Tisch und jeder sank wie auf Befehl in seinen Stuhl zurück.
„Viele von euch haben Dayas Vater jahrelang treu gedient."
Er liess den Blick durch die Runde schweifen, aus welcher ihm geschmeichelte Gesichter entgegen blickten.
„Und deswegen vertraue ich darauf, dass euer Rat zum Besten des Landes ausfallen wird.
Nundenn, was empfehlt ihr mir zu tun."
Ich starrte auf die Tischplatte und spielte mit meinen Fingern, deren Nägel bereits meine Handfläche blutig gestochen hatten.
„Nun, eine Hochzeit wäre zwar möglich, doch sehr kostenreich und Zeitaufwendig. Es gäbe allerdings einen Weg für Könige, Erben zu zeugen trotz einer unfähigen Gemahlin."
Ich mahlte mit dem Kiefer.
Schon klar, in ihren Köpfen war ich nicht mehr als ein Brutkasten.
Funktionierte dieser nicht, war er auch nichts wert.
So sahen sie mich. Nicht als menschliches Wesen mit Gefühlen.
Trotzdem schwieg ich. Es war die Aufgabe von Königinnen, die Wange hinzuhalten, wenn es dafür ihrem Volk half, zu überleben und heil aus dem Krieg zu entkommen.
„Sprecht es aus."
Forderte ich mit rauer Stimme.
Der Minister sah fragend zum König, als Ash knapp nickte richtete er seinen Kragen und begann zu sprechen.
„Die intakte Ehe des Königs und seiner Gemahlin galten schon seit langer Zeit für ein Zeichen des Wohlstands und des Friedens in unserem Land. Spricht sich Dayas Unvermögen, Kinder zu gebären herum, wird dies Unruhe auslösen und durch die Worte dieses alten Mannes noch verstärkt.
Deswegen müsst ihr, eure Majestäten, ein Kind bekommen und es dem Volk präsentieren."
Ash mahlte mit dem Kiefer, seine Finger spannten sich merklich an, als er den verzierten Becher, den er zum Trinken an den vollen Mund gehoben hatte, mit einem Ruck wieder auf den Tisch fallen liess.
„Das ist aber nicht möglich!"
Ich erkannte die Wut in seinem Gesicht, den Frust.
Gerne hätte ich ihm geholfen, doch ich fühlte mich unnütz, fehl am Platz.
„Wartet, mein König."
Listig hob der Minister einen knorrigen Finger und lächelte ein fast zahnloses Lächeln.
Nun wusste ich auch, wieso er immer wie eine Schlange klang, wenn er sprach.
„Nehmt euch eine Zofe eurer Gemahlin. Ladet eure Gemahlin zu euch in euer Gemahl ein, sodass möglichst viele Bedienstete Zeugen werden.
Die Zofe eurer Frau wird sie begleiten und in eurem Gemach wird die Königin ungesehen durch einen Gang weg gebracht.
Dies wiederholt ihr so lange, bis die Zofe ein Kind erwartet. Danach müssen wir nur dafür sorgen, dass sie niemand sieht und nach der Geburt ihr Kind als dieses der Königin ausgeben."
Entgeistert starrte ich den alten Mann an, dem wohl alleine beim Gedanken an diesen Plan unten rum sehr wohl wurde.
„Meint ihr das ernst?"
Fragte ich in die Stille hinein und er nickte beipflichtend.
„Ja meine Königin, es ist der einzige Weg."
Langsam den Kopf hin und her wiegend, linste ich zu Asher, dessen Venen an der Stirn gefährlich heraus stachen.
„Das kommt nicht infrage."
Meinte er dann und eine Welle an Erleichterung schwappte über mir zusammen.
Ich atmete langsam aus und schluckte den Kloss in meinem Hals hinunter.
„Mein König, ich flehe euch an, überlegt es euch gut..."
Ein anderer Minister nickte und räusperte sich.
„Ich muss ihm zustimmen, es ist unser aller beste Chance, Volksunruhen zu vermeiden. Vor allem in dieser Kriegszeit, in welcher der Frieden ohnehin gefährdet ist."
Ashs Augen glichen unterdessen glühendem, grünen Feuer und alle hätten besser daran getan, den Mund zu halten.
Ich war froh und es gefiel mir, dass sich mein Geliebter so sehr sträubte, eine andere zu nehmen.
Doch dann schwand die Freude und das schlechte Gewissen drückte sich mir auf.
Ich verwehrte ihm jegliche Chance auf Kinder und das, obwohl ich wusste, wie sehr er welche haben wollte.
Und ich wollte auch eines. Aber wäre es wirklich mein Kind? Mein Blut hätte es nicht, es wäre das Kind einer anderen.
Trotzdem würde ich es lieben. Hoffte ich jedenfalls.
Es versetzte mir einen Stich in meinem Herzen, als ich mich räusperte und langsam Ashers Hand nahm.
„Tu es."
Die Worte hatten kaum meinen Mund verlassen, als ich sie auch schon wieder bereute.
Ich hatte gedacht ich könnte grossmütig sein und Asher zu liebe darüber hinweg sehen, was die Folgen einer Nacht oder sogar mehreren mit meiner Zofe sein würde. Ich hatte gedacht ich könne das meinem Volk und der Ruhe zuliebe tun.
Doch es stimmte nicht, ich war selbstsüchtig und wollte es nicht. Wollte nicht, dass er eine andere je wieder so berührte, wie er es bei mir tat.
„Du bist damit einverstanden?"
Ash tastete unter dem Tisch nach meiner Hand und ich senkte den Kopf, damit er die Tränen in meinen Augen nicht entdeckte.
Ihm zu liebe, würde ich es tun.
Ich würde alles für ihn tun.
„Ja."
Sagte ich leise und die Minister murmelten zustimmend.
„Eine gute Königin weiss, was das beste für ihr Volk ist."
Sie schienen mich zu loben, doch damit konnte ich nichts anfangen.
Ich versuchte nur, meine Atmung unter Kontrolle zu halten.
„Ich liebe nur dich, meine Blume. Das weisst du, nicht wahr?"
Ash suchte meinen Blick, berührte mit seinen warmen Fingern mein Wange.
Doch ich zog den Kopf weg, ich konnte ihn nicht einmal ansehen, so sehr schmerzte es.
„Nundenn sollten wir uns eine geeignete Zofe suchen, deren Schweigen wir uns sicher wissen können."
Begannen die Minister zu sprechen.
Ich riss mich zusammen.
„Nein. Ich werde das tun. Heute Abend werden wir bereit sein, vor dem Gemach des Königs."
Ash kratzte sich unruhig am Nacken.
„Du musst das nicht tun Daya..."
Ich nickte und mein Kopftuch wäre beinahe verrutscht.
Sofort wurden die Blicke abgewandt.
Nur Ash hielt meinem zornigen, verletzten Blick stand und erwiderte ihn aus grünen glänzenden Augen.
„Ich möchte es selbst tun. Lass mir wenigstens das."
Widerwillig nickte er und machte anstalten, aufzustehen um mich in den Arm zu nehmen.
Auf keinen Fall durfte er mich jetzt anfassen. Ich würde sofort zusammenbrechen.
Also knickste ich schnell.
„Wenn ihr mich jetzt entschuldigt, mein König."
Meinte ich mit gesenktem Blick und Ash sah aus, als hätte ich ihn gerade geschlagen.
Die Minister erhoben sich alle und verbeugten sich, als ich mit wehendem Kleid an ihnen vorbei rauschte.
Ich machte keinen halt, weder dann wenn ich gegrüsst wurde, noch wenn mein Unterleib sich schmerzhaft zusammenzog und ich beinahe umkippte.
Erst, als ich mein Gemach erreichte und die Türe krachend hinter mir zu fiel, konnte ich einatmen.
Dort sassen meine Zofen im Kreis und stickten meine Kleider.
„Alle raus hier."
Meine Stimme hatte noch nie so kalt geklungen.
Als sie mich erschrocken ansahen, die Köpfe senkten und schnell hinaus eilten und nur eilig knicksten und ein „Majestät" murmelten, erinnerte ich mich selbst an Jemanden.
Jemand der verletzt war und sich nicht anders zu helfen wusste, als mit Wut darauf zu reagieren, dass ihr Gemahl eine andere im Bett liegen hatte.
Ich erinnerte mich an Ena.
„Du nicht, Kaya."
Meinte ich hart und wies sie grob auf eine Stuhl.
Sie sah aus wie ein geprügelter Hund, als sie sich darauf zusammen kauerte.
Sie hatte solch eine Behandlung nicht verdient, doch ich hasste sie dafür, was sie tun würde. Obwohl ich diejenige war, die sie darum bat.
Ich war genauso verbittert wie Ena.
Ich hatte mir immer gedacht, dass ich sie vielleicht eines Tages verstehen könnte. Ihren Schmerz, den niemand anderes sah.
Jetzt tat ich es.

Hättet ihr an Dayas Stelle zugesagt? Und findet ihr ihre Gefühle nachvollziehbar?
Love you und mal sehen was diesen Abend passiert^^
Tala

Daya-Reihe *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt