Kapitel 8

10 0 0
                                    

Kapitel 8

Da stand sie vor mir. Jenny.

Schüchtern hielt ihre eine Hand die andere und sie tänzelte von Fuss zu Fuss. Sie schien nervös zu sein. War etwas passiert?

Erstaunt blickte ich in ihre lieben Augen. Ihre Augen wirkten verheult, meine wahrscheinlich auch.

"Jenny..."

Sie brach meinen Satz ab: "Bryan, es tut mir Leid, dass ich nicht eher gekommen bin! Was... Was ist passiert?" Mitleidig blickten ihre grünen Augen in meine blauen. In ihrem Blick konnte ich etwas trauriges, etwas besorgtes erkennen. Am liebsten würde ich aufspringen und sie an mich drücken und unsere Lippen vereinen.

"Ich... Mir... Naja... Mir tut es Leid! Alles! Dass ich einfach weggerannt bin und ich dich jetzt nie mehr angerufen habe und überhaupt... Ich weiss nicht wieso ich das getan habe...", panisch wollte ich mich zu entschuldigen und versuchte dabei meine Tränen zurückzuhalten. Aber vergeblich.

Die Tränen schossen aus meinen Augen und liefen warm über mein Gesicht. "Jenny...."

Ehe ich mich versah, sprang sie auf mein Bett zu und umarmte mich.

Meine Verletzungen meldeten sich, doch das war mir egal. Hauptsache Jenny mag mich immer noch und diese Umarmung tat verdammt gut. Ich genoss es und versuchte keine Enttäuschung zu zeigen, als sie sich von mir löste.

"Bryan...", flüsterte sie, "ich will, dass du wieder in die Schule kommst... Der Altag ist so trist wenn du nicht bei mir bist."

Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.

Sie hat das so süss gesagt.

Ihre Haare lagen so schön auf ihren Schultern. Und sie...

Da unterbrach sie meine wundervollen Gedanken. Wahrscheinlich wusste sie irgendwie an was ich dachte. Gut, die Freude, an dem was sie gesagt hat, stand mir auf die Stirn geschrieben.

"Was ist passiert? Warum liegst du hier?"

"Ich weiss es nicht mehr... Ich weiss nur noch, wie ich aus dem

Schulhaus gerannt und auf mein Motorrad gestiegen bin und..." Mitten im Satz brach ich ab. Motorrad. Mein Motorrad war kaputt und ich konnte nicht mehr bremsen... Immer mehr Erinnerungen kamen in mir auf.

Ich starrte ins Leere und das Ganze, wie der Lastwagen auf mich zu fuhr und mich ergriff, spielte sich wieder ab. Und dann blitzte schon wieder diese Gestalt in meinen Gedanken auf.

Wer zum Teufel war das??

"Und was..?" Jenny lenkte das Gespräch wieder ein.

"Mehr weiss ich nicht mehr...", log ich sie an. Klar weiss ich mehr, doch wenn ich ihr das jetzt erzähle, hält sie mich bestimmt für einen Verrückten, oder sie sagt mir wie schrecklich dumm ich war, dass ich Suizid begehen wollte. Und das musste ich mir nicht noch von jemandem anhören, denn das wusste ich selber.

Hirnverbrannte Idee.

Ich blickte zu Jenny und sah Trauern und Enttäuschung in ihren Augen. Ich wollte sie nicht schon wieder enttäuschen, indem ich ihr etwas vorlog. Sie wusste genau, dass ich sie anlog.

"Okey... Wenn du meinst.." Sie blinzelte langsam und öffnete schon ihren Mund um das Thema zu wechseln doch ich unterbrach sie. Wieso ich das tat weiss ich nicht.

Doch.

Mein IQ ist einfach nicht so hoch, dass ich im Vorraus eine schlechte Idee bemerke...

"Ich habe fast Selbstmord begangen.", brach es zusammen mit Tränen aus mir heraus.

Entsetzt schloss sie langsam ihren Mund und starrte mich an.

"Du hast was?!" Fassungslos setzte sich langsam wieder auf mein Bett.

"Naja, ich lebe ja noch. L...." Leider, wollte ich sagen, doch meine Stimme versagte. Stumm sassen wir eine Weile da und plötzlich brach Jenny in Tränen aus.

Ich erschrak über ihren plötzlichen Zusammenbruch, fasste mich jedoch schnell wieder und legte meinen Arm um sie.

"Es... Es tut mir so Leid! Wirklich! Ich war verzweifelt..."

"Nein Bryan... Ich mache mir nun solche Sorgen um dich! Was wenn du wieder einmal völlig am Verzweifeln bist! Was wenn du hier im Krankenhaus durchdrehst, weil du dich hier nicht wohl fühlst und dann erhängst du dich vielleicht. Wer weiss, vielleicht stirbst du dann wirklich! Vielleicht verlässt dich dann dein Glück, oder Unglück wie auch immer du das empfindest. Ich will dich nicht verlieren. Sein so vielen Jahren sind wir richtig gute Freunde. Ich... ich mag dich nun einmal zu sehr, dass ich mir darüber keine Sorgen mehr machen könnte. Du weisst selber wie launisch du sein kannst. Wenn du plötzlich wieder keine Lust mehr zum Leben hast? Was wenn..."

Da unterbrach ich sie wieder.

"Hör auf! Mach dir keine Sorgen. Was wäre besser gewesen? Wenn ich dir nicht erzählt hätte, warum ich hier halbtot im Krankenhaus liege? Wäre das dir lieber? Ich lebe noch und ich habe nicht vor mich umzubringen! Ich hatte zuvor auch noch nie an das gedacht. Ich bin mit meinem Leben zufrieden."

Nein, ich log mal wieder. Ich war mit meinem Leben nicht immer zufrieden. Und ich hatte auch zuvor immer mal wieder mit dem Gedanken mir das Leben zu nehmen, gespielt. Doch wenn ich ihr das auch noch erzählt hätte, würde sie noch krank vor Sorge.

"Ja und was wenn sich deine Ansichten mit der Tat vor ein paar Tagen geändert hat? Wenn du austickst dann verlierst du die Kontrolle über dich!"

"Jenny! Herrgottnochmal beruhige dich! Ich will mich nicht umbringen!" Naja, wer weiss... So sicher war ich mir nicht...

"Es geht nicht darum. Ich habe ANGST dich zu verlieren. Verdammt nochmal! Wann kapierst du das endlich? Ich habe wirklich Angst... Bitte versteh mich..." Sie brach nochmals in Tränen aus und sie konnte sich nicht mehr beruhigen. Zwischen ihrem Schluchzen und Luftschnappen entnahm ich immer wieder ein: "Bryan...", "Es... tut mir...Leid", "Sorry...", "Ich habe Angst...." und so weiter...

Einzelne Worte konnte ich auch nicht verstehen.

Ich drückte sie fest an mich: "Jenny, mir tut es Leid, dass es dir wegen mir so schlecht geht.... Ich... Ich bin ein verdammtes Arschloch." Ich könnte mich selbst schlagen, für das, das es ihr so schlecht geht. Und das wegen MIR.

"Doch... Ach..." Sie weinte immer noch, doch langsam konnte sie sich beruhigen.

"Ich verspreche dir, keine Selbstmordgedanken mehr zu hegen. Wirklich."

"Hmm... Bitte... Sonst ruf mich sofort an, wenn es dir nicht gut geht. Ich muntere dich dann auf." Mit diesem Satz lächelte sie wieder unter ihrem verheulten Gesicht hervor.

Ich liebte ihr Lachen. Ihre Haare. Ich liebe sie!

Ich schaute sie an, strich ihr die letzten Tränen aus dem Gesicht und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

Sie lächelte mich an und ich erblickte in ihren Augen wieder dieses liebevolle, wie früher.

Nun wusste ich, ich hatte sie nicht verloren.

DarknessWhere stories live. Discover now