Kapitel 15 - Mr. Green

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"Mei, schön dich zu sehen!", Mr. Green, so lautete sein Name, glaubte ich. Ich hatte nie wirklich eine gute Beziehung zu ihm, immerhin hatte ich vorher nur einmal mit ihm geredet und auch nur, weil er mich ermahnt hatte nicht so laut mit Isaac im Unterricht zu reden. Das war dann auch alles.

"Was?", platzte ich heraus, anstatt ihn irgendetwas normales zu fragen, weil ich mich unbedingt verdächtig machen musste. Ich war so ein riesen Idiot. Hätte ich nicht einfach sagen könne. "Oh ja, was für eine Überraschung?" Nein! Ich musste mal wieder idiotische Fragen stellen. Lu hatte ja recht. Es fühlte sich bescheuert an immer "was?" zu fragen.

"Ähm... Naja, in einer Stadt wie dieser ist es nicht gerade üblich auf Schüler zu treffen. Bist du mit deinen Eltern hier?", fragte er ganz ruhig, während er Julie herbei rief.

"Guten Tag", begrüßte sie ihn freundlich und nahm seine Bestellung auf. Kaffe. Schwarz. Wieso überraschte mich das nicht? Sie warf mir einen besorgten Blick zu, als würde sie mich fragen wollen, ob ich denn diesen Fremden kannte. Ich nickte ihr zögerlich zu und schenkte ihr ein falsches Lächeln. Es war so falsch, würde es einen Markennamen trage, wäre es wohl adidos oder Dolce&Banana. Moment, ich sollte meine Kreativität lieber in einen Ausweg dieser Situation stecken.

"Ah, wo waren wir?", er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf mich, "also... Achja, deine Eltern?"

"Ja, wir sind hier im Urlaub", log ich, "meine Mum dachte, es wäre eine gute Idee mit mir hier her zu fahren, immerhin war ich in letzter Zeit ein wenig... kränklich."

Ja, möglicherweise krank im Kopf, aber das war ja egal.

"Das klingt ja schön", er lächelte, "wünschte meine Eltern hätten mal so auf meine Bedürfnisse gehört."

Ich wusste nicht genau was ich antworten sollte, weshalb ich einfach nur ein nervöses Lachen hervorstoß, dass ein wenig an die letzten Geräusche eines sterbenden Delfins erinnerte.

Irgendetwas an diesem Mann beunruhigte mich. Ich wusste nicht, ob es an seinen unnatürlich grauen Augen lag oder an der Tatsache, dass ich damals in der Schule viel zu sehr von seinem WAI abgelenkt wurde, aber er strahlte einfach eine unangenehme Aura aus. Allerdings konnte es auch daran liegen, dass es mich ein wenig verunsicherte seinen Dämonen nirgends zu sehen. Natürlich musste das ja nichts schlechtes heißen. Vielleicht war er ihn einfach los geworden. Durch Therapie vielleicht. Jedoch gab es auch noch eine zweite Möglichkeit: Vielleicht konnte ich ihn einfach nicht mehr sehen, weil Lu weg war. Vielleicht war ich blind für das Übernatürliche in der Sekunde geworden, in der mich Lu verlassen hatte. Das beunruhigte mich sogar noch mehr, als den WAI nicht zu sehen, denn das schloss die Chance nicht aus, dass der Teufel, mein Lucifer, mich einfach verstoßen hatte.

Mr. Green schien die unangenehme Stille zwischen uns zu spüren und ich begann einfach irgendetwas zu schwafeln.

"Und Sie, Mr. Green? Was bringt Sie hier her?"

"Oh, na weißt du, das gleiche wie deine Familie, muss ich sagen. Nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern einfach aus privatem. Ist eine schöne Stadt, muss ich sagen", er lächelte.

Julie brachte ihm seinen Kaffe und er begann ihn umzurühren. Er hatte nicht einmal Milch oder Zucker hinein gegeben. Er rührte einfach nur um zu Rühren.

"Ist ganz nett ja", erwiderte ich, "nicht viel los sonst."

"Stimmt, stimmt. Aber ich finde das macht den Charme dieser Stadt aus, nicht?", er sah mir in die Augen und lächelte schief, "so ruhig. Und trotzdem findet man immer etwas zu tun."

"Wie meinen Sie das?", ich runzelte die Stirn. Die Art wie er mit mir redete kam mir so vor, als würde er versuchen mir etwas klar zu machen. Vielleicht wusste er etwas über mich und mein plötzliches Verschwinden?

What's up, Lucifer?Where stories live. Discover now