Kaptiel 11

6.8K 302 4
                                    


Um keine weitere Zeit mit sinnlosen Überlegungen zu verschwenden, sondierte sie ihre Umgebung.

Das Bad war ziemlich luxuriös - mit cremefarbenem Marmor und hoher Decke. Ein riesiger Spiegel säumte eine Wand, daneben die teure Dusche mit den vielen Duschköpfen unter der sie vor kurzem noch gestanden hatten.

Statt die Inneneinrichtung bewundernd zu betrachten, wie sie es wahrscheinlich getan hätte, wenn die Dinge nicht so stünden, wie sie es eben taten, lief Emma eilig auf das Fenster zu und öffnete es.

So, wie sie nun erkennen konnte, befand sie sich im zweiten Stockwerk einer Villa, die von einer hohe Mauer umgeben war. Vor ihr erstreckte sich ein saftig grüner Garten, der im Vergleich zu der kargen Landschaft außerhalb der Mauern, die sich bis zum Horizont ausdehnte, geradezu fehl am Platz wirkte.

Vorsichtig lehnte Emma sich weit vor und suchte einen Weg nach unten. Ihre nassen Haare fielen ihr ins Gesicht und sie strich sie beiseite. Ja, das ist machbar.

Das Gefühlschaos in ihr wurde von eine Fröhlichkeit verdrängt, die durch die Erlebnisse, der letzten Tage einen Irren Beigeschmack hatte. Sie stieg aus dem Fenster und machte sich für die Kletterparty bereit. Emma versprach sich selbst, dass sie von hier wegkommen und in ihr gewohntverrücktes Leben kommen würde. Ganz gleich, wie unwahrscheinlich das ganze auch war.

Ihrer jähen Euphorie wurde ein kleiner Dämpfer versetzt, als sie ein Brüllen hinter sich vernahm. Oh oh - anscheinend hatte Luc die verschlossene Tür bemerkt. Tja, damit hast du nicht gerechnet. Sie  lächelte schelmisch.

Ohne auf weitere Vorsicht bedacht, machte sie einen Satz auf einen der Ecksimse zu. Beinahe wäre sie abgerutscht und die acht Meter in die Tiefe gefallen, aber im letzten Moment fing sie sich wieder.


Emma sah sich nach dem nächsten Vorsprung um, als ein aufgebrachter Luc seinen Kopf durch das Fenster streckte und sie auf ihrem Platz  erspähte.

„Emma! Was soll das verdammt nochmal werden?!"

Sein aufbrausender Ausruf brachte Emma aus dem Gleichgewichtund sie verlor ein wenig den Halt.

  Sie sah ihn nicht an, als sie ihm warnend zu rief: „Lass mich ihn ruhe! Ich werde hier wegkommen und wieder mein altes Leben leben! Ohne Dämonen, skrupellosen Morden und blutrünstigen Wahnsinnigen. Niemand - nicht einmal du wirst mich davon abhalten!"

Sie konnte seine Wut beinahe spüren und versuchte sich nicht von ihm eingeschüchtert zu lassen. „Komm sofort  wieder her!"

„Nein"

Sie linste schnell zu ihm, nur um ihn dabei zu erwischen, wie seine nun schwarzen Augen vor beherrschtem Zorn glühten und seine Kiefern angespannt mahlten. Schnell sah sie wieder weg, visierte den nächsten Sims an und machte sich für den Sprung bereit.

„Emma, entweder du kletterst augenblicklich wieder zurück oder ich holen dich. Und glaube mir, darauf willst du es nicht ankommen lassen." Lucs Stimme grollte tief und drohend.

Emma schluckte verängstigt und versuchte die ersten Zweifel, die sich nun in ihr regten, zu unterdrücken. „Ich hab das alles so satt! Das alles hier." Sie fuchtelte aufgebracht mit einem Arm in der Luft, dabei rutschte sie wieder fast ab und riss bei dem Versuch sich fest zu krallen, die verheilenden Schürfwunden auf. Ein schmerzlicher Laut entfuhr ihren Lippen, als sie erneut zu bluten begann.

Gefährliche VersuchungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt