18. Larry

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Wenn es um das Sterben und das Leben nach dem Tod geht, könnten die Meinungen von Medizinern, Wissenschaftlern und Gläubigen kaum unterschiedlicher sein.

Wir haben es uns doch alle schon mal gefragt: Was passiert, wenn wir sterben? Ist es ein medizinischer Prozess, indem wir einfach aufhören zu existieren? Oder lebt unsere Seele nach dem Tod weiter?

Immer wieder berichten Menschen, die an der Schwelle zum Tod standen, von Erscheinungen, von Tunneln oder anderen Welten. Kann das alles wahr sein oder spielt uns unser Gehirn einen Streich?

Das Sterben und die Frage nach einem Leben nach dem Tod beschäftigt Ärzte, Forscher und Gläubige seit Jahrtausenden.

Jack P.O.V.

Wie jeden Tag ging ich auch heute Zuhause in unseren Keller um zu trainieren. Nach dem Aufwärmen begann ich mit Liegestützen und ein paar Kilometern auf dem Laufband, bevor ich anschließend mit der Langhantel weiter trainierte.

Nach ein paar Minuten mit der Langhantel spürte ich, wie mich plötzlich meine Kraft verließ und ich die Hantel nicht mehr halten konnte.

Meine Arme gaben unter dem Gewicht nach.

Das Gewicht der Hantel ließ sämtlichen Sauerstoff aus meinem Körper weichen.

Ich wollte um Hilfe rufen, bekam aber nur ein Krächzen hervor.

Das Gewicht drückte mir die Luft ab.

Ich konnte nicht mehr atmen, war der Hantel vollkommen ausgeliefert.

Ich röchelte panisch nach Luft, merkte wie mein Kehlkopf immer weiter zerquetscht wurde.

In meinen Ohren hörte ich ein Rauschen.

Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen.

Mein Sichtfeld verschwamm zu einer einzigen schwarzen Masse.

Ich stand am Anfang eines Tunnels, an dessen Ende ein helles Licht erschien.

Ich konnte Stimmen meiner, bereits verstorbenen, Großeltern hören.

Konnte Szenen und Bilder meines Lebens an mir vorbeirauschen sehen.

Es war wie in einem Film und doch war es real.

Mein Leben zog an mir vorbei.

Glitt aus meinem Körper und in eine andere Welt.

Louis P.O.V.

Es war Dienstag, der 4. April. Ich lag in meinem Bett und las noch etwas in einem Buch, bevor ich auf mein Handy sah. Wir hatten momentan zwei Wochen Ferien, in denen wir unser vorgeschriebenes Praktikum absolvieren mussten. Es war schon ziemlich spät am Abend. Bestimmt schon 23 Uhr und am nächsten Morgen musste ich wieder um 5:30 Uhr aufstehen. Als ich sah, dass es neue Nachrichten in unserem Klassenchat auf WhatsApp gab, drückte ich auf den Chat und las mir die Nachrichten durch.

Noah: Der Jack wird nicht mehr in die Schule kommen.
Joshua: Warum denn?
Oliver: Hat er abgebrochen?
Noah: Er ist tot.
Joshua: Was?
Lina: Du verarscht uns doch.
Sarah: Damit macht man keine Scherze!
Leon: Es stimmt, was Noah geschrieben hat. Jack ist heute Abend gestorben.

Das war doch wohl ein schlechter Scherz. Das meinten die doch nicht ernst. Mir wurde warm und ich fühlte mich irgendwie komisch. Konnte das Gefühl nicht richtig beschreiben. Ich verließ den Chat und machte mein Handy aus. Wollte schlafen gehen. Hielt das ganze für einen schlechten Scherz.

Ich machte das Licht aus, legte mich hin und schloss meine Augen.

Ein paar Minuten versuchte ich einzuschlafen. Dann gab ich es wieder auf.

Ich nahm nochmal mein Handy in die Hand und las mir den Chatverlauf ein weiteres Mal durch.

Erst da realisierte ich, was eigentlich geschehen war.

Jack war tot.

Ich spürte, wie meine Augen feucht wurden und die ersten Tränen meine Augen verließen, über meine Wangen liefen und auf mein Bett tropften.

Er war doch erst siebzehn.

Irgendwann musste ich dann wohl doch noch eingeschlafen sein, denn am nächsten Morgen wurde ich durch meinen nervenden Wecker geweckt.

Vollkommen übermüdet stand ich auf und ging nach unten, in die Küche, um zu frühstücken.

"Es ist jemand gestorben... aus meiner Klasse.", gab ich mit brüchiger Stimme von mir, als meine Mutter ebenfalls die Küche betrat.

Meine Mutter entschied, dass mich mein Vater zu meinem Praktikum fahren sollte, da er sowieso daran vorbeifahren musste. Sie wollte mich in diesem Zustand nicht selbst fahren lassen.

Auf der Arbeit war ich eigentlich zu nichts zu gebrauchen. Ich dachte, die Arbeit würde mich etwas ablenken, aber das tat sie nicht.

Die Zeit verging so langsam wie noch nie zuvor. Als hätte sie etwas gegen mich.

Ein paar lange Tage später fand dann die Beerdigung statt.

Unsere Klasse, unsere Lehrer, unsere Schulleitung, ehemalige Klassenkameraden, Freunde, seine Eltern, seine Schwester, fast sein ganzes Dorf, in welchem er wohnte, kam zur Beerdigung.

Es war im Allgemeinen eine schöne Trauerfeier. Wenn man Trauerfeiern überhaupt schön finden konnte.

Der Pfarrer fand die passenden Worte, sowohl auf dem Friedhof, als auch anschließend in der Kirche.

Während die Urne, die aus Holz bestand, in die Erde abgelassen wurde, wurden ein paar seiner Lieblingslieder über einen Lautsprecher abgespielt. Darunter auch 'November Rain' von Guns n' Roses. Und es fiel mir verdammt schwer, meine Tränen zurückzuhalten. In der Kirche verlor ich den ausweglosen Kampf allerdings.

"Er hat sich von mir fast jeden Tag den Spitzer ausgeliehen.", erzählte ich meinem Freund, Harry, von Jack, als ich am späten Abend bei ihm im Bett lag. "Dann hat er mir jedes Mal zugezwinkert... Er wird mir fehlen..." Seufzend legte ich meinen Kopf auf seine Brust. "Er ist jetzt bestimmt an einem schönen Ort im Himmel und schaut auf euch herab. Passt auf euch auf.", meinte mein Freund und strich mir sanft über meinen Rücken.

"Glaubst du echt, dass es ein Leben nach dem Tod gibt?", fragend hob ich leicht meinen Kopf und sah ihn an. "Ja, du etwa nicht?", wollte er von mir wissen und ich legte meinen Kopf wieder auf seine Brust.

"Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Es wäre schön, wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, aber..." Ich verstummte, wusste nicht genau, wie ich es ihm erklären sollte. Ich wusste ja selbst nicht einmal, wie ich es beschreiben sollte. "Aber?", fragte mich mein Freund leise und gab mir einen Kuss auf meinen Hinterkopf. "Weißt du, ich... ich kann mir das einfach nicht vorstellen. So gar nicht mehr da zu sein. Einfach weg. Nicht mehr existent. Das Leben geht einfach so weiter, tausende von Jahren. Und ich... ich liege unter der Erde und verwese. Ich sterbe mit 80 oder 90 oder so und dann bin ich einfach weg. Bin kein Teil mehr von diesem Leben. Verstehst du, was ich meine?" ich setzte mich auf und sah ihn unsicher an. "Ja. Ja, irgendwie kann ich dich verstehen."

"Lass' uns schlafen gehen, ich möchte nicht mehr daran denken.", gab ich leise und erschöpft von mir und kuschelte mich wieder an Harry, der beschützend seine Arme um mich legte. "Ich liebe dich." "Ich dich auch."

Eine Woche später war das Praktikum beendet und wir mussten wieder in die Schule. Zurück in den Alltag. Es war komisch, dass er nicht mehr da war. Unterricht machten wir in den ersten Tagen nach dem Praktikum aber keinen. Wir sprachen über Jack und wie es weiter gehen soll. Wir entschieden gemeinsam, dass sein Platz frei bleiben sollte. Wir stellten eine Kerze auf seinen Platz und zündeten sie täglich an. Es war sein Patz und das würde er auch immer bleiben.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 04, 2021 ⏰

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