Moonchild {VKOOK}

Bởi solnoctem

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[ABGESCHLOSSEN] Die Menschen seien in der Regel Meister darin, zwei grundlegende Dinge zu unterschätzen: Wie... Xem Thêm

Vorwort
Intro
Prolog
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Epilog
Nachwort

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264 43 6
Bởi solnoctem

Jungkook

Fassungslos starrte ich auf die aufgerissene Erde vor mir. Der Sonnenstrahl schoss in einer ungeheuren Stärke direkt durch das Loch und traf unten auf die mittlere Säule im Becken. Wir hatten die Verbindung zwischen Sonne und Erde wieder hergestellt, die anscheinend so lange Zeit getrennt worden war. Das war Sonnenenergie. Sonnenenergie, die wie die Mondenergie in einem Becken zentralisiert wurde und so an die Bevölkerung weitergegeben werden konnte. So musste es sein. Genauso wie in der Mondwelt, nur in Sonnenform.

„Also hat sich mein Vater tatsächlich geirrt", raunte ich wie in Trance, „wir haben eine Sonnenenergie und wir haben einen Taufgarten."
„Ja, anscheinend haben die Sonnenkinder tatsächlich vergessen, wer sie eigentlich sind und wohin sie gehören."
Ein Hauch von Bedauern funkelte in Taehyungs Augen mit, als er mich ansah. Doch ich konnte auch das Schimmern der Hoffnung in ihnen erkennen.
„Die Sonnenkinder hatten ihre Sonne vergessen, aber wir haben sie wieder zurückgebracht", flüsterte er fast tonlos.

„Das heißt wir sind wirklich Sonnenkinder...", murmelte ich nach wie vor völlig außer Fassung, „richtige Sonnenkinder, Taehyung. All das, was wir bereits vermutet hatten, ist wahr geworden."
Müde lächelnd nickte der Hellhaarige mir zu.
„Ja , Jungkook", seufzte er, „und du bist eines dieser Sonnenkinder."

Schnell griff ich nach Taehyungs Hand und zog seinen Körper wieder an mich heran, ehe ich mich ein Stück zu ihm vorlehnte und den Kopf schüttelte.
„Falsch", verkündete ich, „ich bin vielleicht der Sohn eines Sonnenkindes und hier in dieser Welt aufgewachsen, aber meine Mutter war ein Mondkind und deswegen hab ich genauso ihre Gene in mir!"
Bei diesen Worten wanderte mir ein seltsamer Schauer über den Rücken. Auszusprechen, dass meine Mutter ein Mondkind war, fühlte sich so seltsam an und doch spürte ich diese erwartungsvolle Aufregung in mir. Ich hatte endlich das Gefühl zu verstehen, wer ich wirklich bin und ich war bereit meine Zukunft mit diesem Wissen anzutreten. Doch Taes Gesichtsausdruck vermittelte mir etwas anderes.

Ich erkannte das zögernde Lächeln, welches er sich aufzwang, ehe er zu Boden blickte und frustriert schnaubte. Die Augenbrauen skeptisch zusammenziehend musterte ich ihn genauer. Ich verstand nicht, was ihn in diesem glücklichen Moment so traurig gemacht hatte.

„Hey, was ist denn los?", murmelte ich verwirrt und ließ meine Hand tröstend über seine Haare gleiten. Seine Schultern wirkten so schlapp wie sie an ihm herunterhingen und pure Hoffnungslosigkeit ausstrahlten.
„Es ist...", fing er an, doch zögerte einen Moment. Seufzend lehnte er seine Stirn gegen meine Brust und schwieg für eine Weile, ehe er wieder dumpf zum Reden ansetzte.
„Es ist nur-"

Weiter kam er nicht, als ein blendendes Licht und ein lautes Zischen seine Aufmerksamkeit plötzlich auf mich zogen.
„Was ist das?", kam es mir erschrocken über die Lippen und auch Taehyung hatte seinen Kopf impulsiv hochgerissen und sich zum Wald herumgedreht, woher das Geräusch ertönte. Mit heruntergeklappten Kinn sah ich gen Himmel, wo ein leuchtender Lichtstrahl brodelnd in den Himmel schoss.

„Ist das...", presste ich entgeistert hervor, „ist das etwa noch ein Taufgarten?"
Taehyung schüttelte den Kopf.
„Ich glaube nicht", widersprach er und rannte plötzlich ein paar Schritte zurück. Verwirrt sah ich ihm nach und erkannte, wie ihn seine Füße zu einem stämmigen Baum auf dem Unternehmensgelände brachten und ihn kurz darauf an diesem hinaufklettern ließen.
„Dieses Licht scheint mir nicht von der Sonne zu kommen", ächzte er, während er sich an einem der oberen Äste hinaufzog.

„Was siehst du?", rief ich zu ihm hinauf, als er beinahe ganze oben in der Baumkrone angekommen war und über die Blätter hinweg sah.
„Ich bin mir nicht sicher", rief er, „aber das Licht schießt säulenartig mitten aus dem Wald hinauf in den Himmel. In etwa von da, wo auch das Tor stehen muss."
Erschrocken weitete ich die Augen.
„Das Tor haben wir ja ganz vergessen!", stöhnte ich aufgebracht und schlug die Arme über dem Kopf zusammen. „Tae, wir müssen das Tor dringend schließen!"

Erwartungsvoll sah ich zu ihm herauf, doch der Hellhaarige schüttelte nur langsam den Kopf.
„Ich glaube, es ist bereits dabei sich zu schließen...", murmelte er nachdenklich und zeigte in die Ferne in Richtung Himmel. „Man sieht's nur ganz langsam, aber der Lichtstrahl zieht sich bereits zurück."
Verwirrt folgte ich seinem Blick und entdeckte selbst, wie die leuchtende Säule, die gerade noch bis hoch durch die Wolken gewachsen war, nun wieder kleiner wurde. Was hatte das zu bedeuten? War das wirklich das Tor, dass sich gerade zu schließen begann?

„Aber wieso so plötzlich?", kam es mir verdutzt über die Lippen, als ich wieder zu Taehyung hoch in den Baum schaute.
„Vielleicht weil die Mondenergie wieder in ihrer richtigen Welt ist und die Sonnenenergie wieder hergestellt", verkündete er schulterzuckend und fing an, wieder ein Stück weiter runterzuklettern.
„Meinst du?", hakte ich skeptisch nach. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich das Tor tatsächlich von alleine schloss. Wir hatten doch auch bei der Sonnenenergie erst eine Art Mechanismus auslösen müssen, bevor die Decke der Höhle eingerissen ist.

Mit beiden Füßen landete der Hellhaarige neben mir wieder auf dem Boden und strich sich die Strähnen aus der Stirn, die beim Herunterklettern durcheinander gekommen waren.
„Wie ich bereits meinte", erklärte er leicht außer Atem, „die Natur ist schon selbst ziemlich gut darin, das Gleichgewicht in Stand zu halten und jetzt wo dieses zwischen den Welten wieder hergestellt ist, gibt es keinen Grund mehr, warum das Tor zu den verschiedenen Welten geöffnet sein sollte."

„Also glaubst du, dass sich das Tor damals auch von alleine geöffnet hat, weil der Taufgarten verschüttet und das Gleichgewicht damit gestört wurde?"
Überfordert zog er die Schultern hoch: „Genau wissen tue ich es nicht, aber der Verlust der Sonnenenergie muss damals einen ziemlichen Einbruch im Kreislauf der Natur bedeutet haben. Vielleicht sollte das Öffnen des Tores eine Art Lösung bringen."

„Die Prophezeiung...", kam es mir fast wie von alleine über die Lippen, als ich mich an die Zeilen an der Säule erinnerte.
„Doch erst wenn sie den Mond hoch über sich wissen und die Sonne tief in sich spüren, halten sie das flammende Herz in ihren Händen. Das Herz, welches alles miteinander verbindet und das Gleichgewicht aufrechterhält", sagte Tae die Zeilen auf und griff nach meiner Hand. „Jungkook, wir haben das Gleichgewicht wieder hergestellt. Es ging die ganze Zeit nur darum... von Anfang an! Nur so können die Sonnen- und die Mondwelt wieder unabhängig voneinander und doch miteinander verbunden existieren."

„Also haben wir es tatsächlich geschafft?", kam es mir ungläubig über die Lippen, während ich wieder hoch zu dem stetig kleiner werdenden Lichtstrahl schaute. „Das Tor schließt sich?"
„Ja haben wir!", rief Taehyung bestätigend und fing an ungeduldig an meiner Hand zu ziehen. „Aber wir müssen schnell zu diesem Tor, bevor es sich komplett schließt!"

Gemeinsam rannten wir los. Runter von dem Unternehmensgelände. Einige Angestellten von Energy-Lodge liefen verwirrt umher, doch durch den Trubel schienen sie uns gar nicht zu beobachten. Wie kleine Ratten, die ihr Führungstier verloren hatten, schienen sie komplett aufgewühlt und nicht zu wissen, was sie noch tun konnten. Als wenn sie jetzt, wo ihre Energiequelle verschwunden war, keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen konnten. Doch verblüfft hielt auch ich einen Moment inne, als ich feststellte wie still alles war. Die Panik, die die Menschen verspürten, war zwar nicht zu übersehen, doch all die Bewegung, all die Hektik schien mit einem Mal verstummt. Die Autos, die sonst über die Straßen Omelas rauschten, waren zum stehen gekommen, während die Fahrer sich verwirrt auf der Straße umblickten. Auch all die Lichter in den riesigen Fabriken und der Qualm, der für gewöhnlich aus ihren Schornsteinen in den Himmel empor stieg, schienen erloschen. Alles war stehengeblieben. Ganz Omelas stand auf Betriebspause und mit jeder Sekunde, in der dieser Zustand präsent war, stieg die Panik um uns herum. Das war es, wovon mein Vater gesprochen hatte... die Panik, die der Gesellschaft jede Menschlichkeit raubte.

Realisierend verfinsterte sich mein Gesicht. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass man diese Veränderung so schnell wahrnehmen würde, doch eine Gesellschaft, die immer rannte, spürte sofort, wenn sie ausgebremst wurde.
„Jungkook, was ist?", drang Taes besorgte Stimme an mich heran und kurz darauf spürte ich seine kalte Hand an meiner. Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich in seine müden Augen schaute. Er war erschöpft.

„Der Verlust der Energie macht die Sonnenkinder jetzt schon wahnsinnig", erklärte ich trocken, während mein Blick zu einem älteren Mann herüber huschte, der wütend auf sein Auto einschlug.
„Ich weiß...", murmelte Taehyung traurig, „aber sie werden lernen, die Sonnenenergie zu nutzen."
„Ob das etwas verbessert, weiß ich nicht", entgegnete ich verbittert und ballte die Fäuste. Die Mondkinder mussten seit so vielen Jahren mit dem Verlust ihrer Energie kämpfen und die Sonnenkinder gerieten in Panik, sobald sie eine Sekunde ohne ihren Lebensstandard waren. Wie lange würde es dauern, bis sie mit ihrem von Gier gesteuerten Verhalten eine erneute Schar von schwarzen Schwänen über diese Welt bringen würden?

„Jungkook?", ertönte Taes leise Stimme neben mir. Fragend sah ich ihn an.
„Jungkook, ich muss jetzt wirklich los... wenn ich es nicht zurückschaffe, bevor sich das Tor schließt, dann-"er schluckte, „dann werde ich sterben."
Realisierend nickte ich und setzte mich wieder in Bewegung. Wie hatte ich das auch nur für eine Sekunde vergessen können?! Während des Laufens versuchte ich in Richtung Himmel zu schauen, doch ich konnte die strahlende Säule nicht finden. Panik machte sich in mir breit. Hatte sich das Tor schon so schnell geschlossen? Gerade eben schien die Säule noch so langsam zu schrumpfen und jetzt konnte man sie schon nicht mehr sehen. Wenn dieses Tor bereits zu war und Taehyung hier gefangen, würde ich mir das nie verzeihen, so viel stand fest.

Noch schneller und entschlossener sprinteten wir in den Wald zurück. Die Richtung zu diesem Tor kannte ich inzwischen in und auswendig. Ich hoffte nur inständig , dass es noch geöffnet sein würde. Nach einer Weile trennten wir uns von dem kleinen Waldweg und rannten über Wurzeln springend zwischen den Büschen hindurch zu den großen stämmigen Bäumen, welche das funkelnde Tor zwischen sich bewahrten.

Ein Stein der Erleichterung fiel mir von Herzen, als ich von Weitem das helle Funkeln erkennen konnte, das trotz der vielen Bäume nicht zu übersehen war.
„Es ist noch offen!", schrie ich begeistert und rannte darauf zu. Tae hielt sich direkt hinter mir, während ich ihm meinen leuchtenden Blick zuwandte. Gleich hatten wir es geschafft. Gleich wären wir zusammen in der Mondwelt. Das Gleichgewicht war wieder hergestellt und Tae müsste keine Sekunde länger leiden. Wir könnten einfach nur zusammen sein und das Leben genießen... gemeinsam. Mein Herz hüpfte bei dieser Vorstellung, während ich wie in Zeitlupe in diese hellen, wunderschönen Augen sah.

Freudig streckte ich meine Hand nach ihm aus und sah, wie er sie griff. Nur noch wenige Meter trennten uns von dem Tor. Wenige Meter, die zwischen mir und meiner Zukunft mit Tae lagen.
„Lass uns gemeinsam hindurch springen!", rief ich ihm begeistert zu und setzte bereits zu einem letzten großen Satz an, als mich ein plötzlicher Ruck an meiner Hand zurückhielt. Taumelnd kam ich kurz vor dem leuchtenden Strahl zum Stehen und drehte mich perplex blinzelnd zu Taehyung um.
„Was machst du denn?", fragte ich verwirrt und legte die Stirn in Falten. „Tae, das Tor wird sich jeden Moment schließen."

Hektisch sah ich hoch in die Baumkronen, wo ich bereits das Ende des Lichtstrahls erkennen konnte; uns blieben vielleicht noch ein paar Minuten. Nervös sah ich wieder zu dem Mondkind und entdeckte die plötzliche Anspannung in seinen bebenden Schultern.
„Jungkook...", presste er zitternd hervor, während er wie gebannt zu Boden sah, „ich muss da alleine durchgehen. Du musst hier bleiben."
„Was?!", kam es mir verwirrt über die Lippen. „Wieso das denn?!"
Das konnte er doch nicht ernst meinen.

„Machen wir uns doch nichts vor", wimmerte er und ballte die Fäuste, „du hast deinen Vater doch gehört. Ihr Sonnenkinder könnt nicht in der Mondwelt überleben und jetzt, wo wir von der Sonnenenergie erfahren haben, wissen wir auch warum."
Enttäuscht zog ich die Augenbrauen zusammen und trat einen Schritt auf den Hellhaarigen zu.
„Aber Tae, ich bin auch ein Mondkind!", entgegnete ich traurig. Wieso konnte er nicht einsehen, dass es so war?

Noch heftiger fingen seine Schultern an zu beben und ich hörte das leise Schluchzen, als er schließlich sein Gesicht anhob und mich durch von Tränen getränkten Augen ansah.
„Aber zu welchem Anteil?!", rief er aufgebraucht und krallte sich verzweifelt mit seinen Fingern in meinen Pulli. „Wir wissen nicht wie ausgeprägt der Mondanteil in dir ist und genauso wenig wissen wir wie lange du dort drüben überleben kannst!"
Er schluchzte, während er sein weinendes Gesicht gegen meine Brust lehnte und ich meine Arme um ihn legte.
„Bitte zwing mich nicht, ein weiteres Mal sehen zu müssen, wie jemand neben mir langsam stirbt und ich absolut nichts dagegen tun kann", flüsterte er kaum hörbar, doch ich verstand trotzdem nur zu gut was er sagte, „denn das schaffe ich nicht, Jungkook."

Bei seinen Worten zog sich mir das Herz zusammen, während ich mein Kinn auf seinen Kopf sinken ließ und schmerzvoll seufzte.
„Tae, bitte mach das nicht...", raunte ich verzweifelt und versuchte gegen den wachsenden Kloß in meiner Kehle anzukämpfen. „Ich möchte nicht ohne dich leben... nein verdammt, ich kann nicht ohne dich leben, verstehst du Tae?"
Entschlossen drückte ich seine Schultern etwas zurück, um in sein trauriges Gesicht schauen zu können.
„Wir haben doch diese Solnoctem-Bindung", erinnerte ich ihn aufgeschmissen, „meinst du einer von uns kann auch nur ansatzweise glücklich sein ohne den anderen?"

„Aber ich lebe lieber unglücklich, als mit ansehen zu müssen, wie dich das zwischen uns in dem Tod treibt, Jungkook!", rief er beinahe wütend. „Verstehst du nicht, dass dieses Solnoctem zwischen uns nur dafür da war, um das Gleichgewicht zwischen Sonne und Mond wiederherzustellen?"
Frustriert ließ er den Kopf hängen.
„Wir haben die Prophezeiung erfüllt, Jungkook. Wir haben das Gleichgewicht wiederhergestellt, aber die Prophezeiung besagt auch, dass Sonne und Mond dazu verdammt sind, niemals zusammen sein zu können, schon vergessen?"

„Aber Tae, meine Mutter...", widersprach ich, „die Prophezeiung hat sicher nicht damit gerechnet, dass ich auch ein Mondkind bin."
„Aber denk doch mal nach", presste er verzweifelt hervor, „die Prophezeiung brauchte ein Mondkind und ein Sonnenkind, um erfüllt zu werden. Dass ich das Mondkind bin, liegt ja auf der Hand... also bist du das Sonnenkind."
Verbittert trafen seine hellen Augen genau die meinen.
„Du bist das Sonnenkind, Jungkook", verkündete er finster, „und du musst in deiner Welt bleiben und dabei helfen, dass dein Volk wieder zu den alten Traditionen zurückfindet. Genauso wie ich mich um mein Volk kümmern muss... ich denke, das ist es, was wir tun sollten."

Entgeistert schüttelte ich den Kopf.
„Nein, nein", kam es mir immer wieder panisch über die Lippen, „nein Tae, mach das nicht. Stoß mich bitte nicht wieder von dir!"
Alles in mir schmerzte so sehr. Wieso neigte er nur dazu, mich immer von sich zu stoßen, wenn wir uns am meisten brauchten? Ich wollte seine Worte nicht länger hören, ich wollte sie nicht wahr haben! Diese Prophezeiung konnte mir mal gestohlen bleiben! Wie kam man darauf zwei Menschen solche Gefühle zu verpassen und sie dann nicht zusammen leben zu lassen? Was war das für eine dumme Logik? Wieso mussten wir in getrennten Welten leben?! Wieso musste die Sonne untergehen, damit der Mond aufgehen konnte und andersrum?!

Ich wollte loslaufen. Ich wollte durch dieses Tor gehen. Entschlossen machte ich einen Schritt nach vorne, doch Taehyung stemmte seine Fäuste gegen meine Brust und schaute mich flehend an.
„Es tut mir leid", wimmerte er mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht, „aber ich kann nicht zulassen, dass du dich in eine Welt einsperrst, in der du vielleicht nicht überleben kannst. Das kannst du nicht von mir verlangen!"

„Tae nein", knurrte ich mit Nachdruck und musterte ihn wütend, „du hörst jetzt auf so stur zu sein! Ich weiß, dass du Angst davor hast, einer weiteren Person beim Sterben zusehen zu müssen, aber ich werde nicht sterben!"
Entschlossen hielt ich ihn an den Oberarmen fest und funkelte ihn geradewegs an, um sicherzugehen, dass meine Worte auch bei ihm ankommen würden.
„Ich weiß, dass es nicht so sein wird, hörst du? Ich liebe dich und alleine deswegen werde ich überleben. Das verspreche ich dir!"

Überrascht weiteten sich seine Augen und die Anspannung in seinem Körper schien für einen Moment komplett zu weichen, so sehr verblüfften ihn meine Worte.
„Jungkook...", hauchte er geschockt, doch ich ließ ihm nicht die Chance, um weiterzusprechen.

„Tae ich liebe dich, verstanden?Verdammt, ich liebe dich mit allem was ich habe und du wirst nichts daran ändern können! Bevor ich dich traf, habe ich mich absolut leer und fehl am Platz gefühlt. Ich dachte, ich sei der Einzige auf dieser Erde, der irgendwie anders tickt und sich niemals Zuhause fühlen wird", ich seufzte. „Doch dann bin ich auf dich gestoßen, Tae. Verstehst du denn nicht, dass ich mich durch dich erst lebendig fühlen konnte? Du hast mich verstanden, du hast mir ein Zuhause gegeben...", schnell schüttelte ich den Kopf, „verdammt nein Tae, du bist mein Zuhause geworden... du darfst mir das jetzt nicht einfach wegnehmen!"

Eine Weile schaute mich der hellhaarige Junge nur sprachlos an. Ich versuchte in ihn hineinzuschauen, seinen Blick zu deuten, zu verstehen, was er gerade fühlte, doch ehe mir dies gelang, ließ er den Kopf hängen.
„Was ist?", flüsterte ich und ließ meine eine Hand von seiner Schulter in den Nacken wandern, wo ich sanft über seine kalte Haut strich. Die Temperatur seines Körpers verriet mir wie erschöpft er inzwischen wieder sein musste. Er brauchte dringend etwas Ruhe und mehr von der Mondenergie... verdammt wieso ließ er uns beide nicht einfach gehen?

Erschrocken biss ich mir auf die Zunge, als ich seine Schultern plötzlich wieder beben sehen konnte. Hatte ich was Falsches gesagt? Wieso weinte er wieder? Doch noch bevor ich ihm eine Frage stellen konnte, sah er traurig zu mir hoch und schluckte, ehe er zum Reden ansetzte.
„Ich liebe dich auch, Jungkook", gestand er leise und ließ bei seinen Worten eine Träne über seine Wange kullern. „Ich wollte es dir schon länger sagen, aber ich habe mich nie dazu durchringen können."

Ich war mir sicher, dass er noch mehr sagen wollte, doch ich konnte nicht anders, als ihn an mich zu drücken. Sein kalter Körper lag schlaff in meinen Armen, doch ich spürte auch, wie er die Umarmung erwiderte und seine Arme um meinen Rücken schlang.
„Ich habe meine ganze Familie verloren...", schluchzte er gegen meine Schulter, woraufhin ich meine Hand behutsam an seinen Hinterkopf legte, „aber dank dir, habe ich mich nie alleine gefühlt."

„Dann lass mich dafür sorgen, dass du weiterhin nicht alleine sein musst!", raunte ich gegen seinen Kopf und setzte einen sanften Kuss auf diesen, während ich zu dem Tor herüberschielte. Nur noch wenige Meter und das Licht, würde im Erdboden verschwinden; uns blieb nicht mehr viel Zeit.
„Das möchte ich", flüsterte der Hellhaarige und tränkte mit seinen Tränen den Stoff meines Pullis, „mehr als alles andere möchte ich, dass du bei mir bleibst. Dass ich mich nicht einsam fühlen brauche... dass ich deine Wärme, deine Liebe jeden Tag spüren kann..."

„Dann lass es zu!", flüsterte ich mit Nachdruck und bemerkte, wie sich der Hellhaarige etwas aus meiner Umarmung löste und mich ansah.
„Das möchte ich", erwiderte er schluckend und ließ seine Hand ebenfalls in meinen Nacken wandern, während sein Blick auf meinen Lippen landete.
„Das möchte ich wirklich", hauchte er ein weiteres Mal, ehe er sich vorlehnte und seine Lippen auf meine drückte. Seufzend hielt ich seinen Kopf und verlor mich für einen Moment in dieser Nähe zu ihm.

Ich konnte Taes Hände spüren, die sich fest an mich klammerten und dafür sorgten, dass sich unsere Körper so nah wie möglich kamen. Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. Alles hielt an. Die Zeit, das Tor, der Kreislauf des Gleichgewichts. Alles verschwamm in Belanglosigkeit. In diesem Moment gab es keine Welten, keine Prophezeiung, keine Verdammnis. In diesem Moment gab es nur Taehyung und mich und wir beide gehörten zusammen.

„Ich liebe dich", raunte er zwischen unseren Lippen, was meine Mundwinkel ein Stück nach oben wandern ließ. Mein Herz hämmerte wie wild gegen meine Brust, doch es hämmerte vor Freude. Mich ein weiteres Mal küssend ließ Taehyung seine Hände auf meine Brust wandern und löste sich wieder sanft von mir.
„Ich liebe dich, Jungkook", wiederholte er, „und weil ich dich so sehr liebe, kann ich das nicht zulassen."

Noch bevor ich seine Worte realisierte und verstand, spürte ich seine Hände , die einen überraschend starken Druck auf meine Brust ausübten. Ehe ich reagieren konnte, wurde ich von dem Hellhaarigen heftig zurückgestoßen und zu Boden katapultiert. Perplex landete ich auf dem Rücken. Meine Sicht brauchte einen Moment, bis sie sich regeneriert hatte und so sah ich bloß das verschwommene Bild von Taehyung vor mir, welcher traurig auf mich hinuntersah und langsam zurücklief.

„Es tut mir leid", war alles was er murmelte, ehe er sich umdrehte und durch das Tor sprang, welches inzwischen nicht mehr war, als ein letzter winziger Funken. Die plötzliche Leere machte mir klar, was hier gerade passiert war. Tae hatte mich zurückgelassen. Er hatte mich von sich gestoßen und war alleine zurückgekehrt. Panisch stützte ich mich auf und rannte auf das Tor zu, doch meine hektische Art brachte mich zum stolpern und ließ mich schmerzvoll zu Boden fallen. Entschlossen raffte ich mich auf die Knie und eilte kriechend auf den letzten kleinen Funken zu. Tae konnte mich nicht so einfach zurücklassen. Ich hatte ihm doch gesagt, dass er nichts an meiner Liebe zu ihm ändern konnte... hatte er mir denn nicht zugehört?

Panisch streckte ich meine Hand nach dem kleinen Funken zwischen den beiden Bäumen aus. Ich musste es berühren. Ich musste das Tor irgendwie berühren. Doch gerade als ich glaubte, es erreicht zu haben, löste sich der Funken ruckartig in Luft auf. Wie erstarrt hielt ich inne und blickte zwischen den beiden Bäumen hindurch. Da wo zuvor immer dieses Leuchten gewesen war, sah man nun nicht mehr als weitere Bäume - Wald, stinknormalen Wald. Nichts bot noch einen einzigen Hinweis darauf, was sich hier vor wenigen Sekunden befunden hatte. Es war weg. Das Tor war weg... geschlossen.

Erst langsam, doch dann immer heftiger fing meine Hand, die ich nach dem letzten Funken ausgestreckt hatte, an zu zittern. Das konnte nicht wahr sein. Das durfte einfach nicht wahr sein! Alles in mir schien zusammenzubrechen und dumpf schlug mein Körper auf dem Waldboden auf. Wimmernd krallte ich meine Finger in den moosbewachsenen Boden und starrte in die Leere, als ich es begriff...

Er war weg. Für immer weg. In einer anderen Welt. Getrennt von mir.

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