Die gescheiterte Räuberschwes...

By Mailienchen

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Man nennt sie die Räubergeschwister. Er bleibt eher unauffällig, während sie Händler und Banditen ausraubt. D... More

Prolog - Gefangen
Kapitel 1 - Die Angst
Kapitel 2 - Das Leben im Schloss
Kapitel 4 - Das Auswahlverfahren
Kapitel 5 - Die Verabredung
Kapitel 6 - Die Schatzkarte
Kapitel 7 - Das Wasser
Kapitel 8 - Florenz' Bruder

Kapitel 3 - Die Krönung

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By Mailienchen


Am nächsten Tag wurde er gekrönt. Ich sah dem Spektakel aber nicht zu, sondern nutzte die Gelegenheit um Henry aus dem Kerker zu befreien. Tatsächlich begegnete ich keiner einzigen Wache. Ich lief die Treppen hinunter, dumpf schallte die Musik von draußen zu mir herüber. Ich hatte es bildlich vor mir, wie der König mit einem strahlenden Lächeln da saß, jemand zu ihm hinüberging und ihm die Krone auf den Kopf setzte. Ich hatte keinen Plan, wie lange so eine Krönung dauert, also versuchte ich mich zu beeilen. Endlich kam ich unten an. Ich musste zum Glück nicht lange nach ihm suchen.

„Henry!" Er lag reglos auf diesem „Bett", atmete aber noch. „Henry!" zischte ich. Sofort schlug er die Augen auf und sah zu mir herüber. „Hey..." murmelte er. „Ich hol dich hier raus, versprochen." Ich holte die Büroklammer zum Vorschein, die ich aus dem Büro des Königs geklaut hatte und versuchte, damit das Schloss zu knacken. Henry ist endlich aufgestanden und trat jetzt an das Schloss. „Das klappt nicht." sagte er matt. „Du hast ja viel Vertrauen in mich." Zu meinem Bedauern lächelte er nicht. „I-ich werde dich hier rausholen, versprochen! Ich..."

„Hope? Was machst du hier?" Erschrocken zuckte ich zusammen. Es war aber nur Mirko – der mich bei meinem richtigen Namen genannt hatte. „Mirko! Gut, dass du da bist! Hilf mir!" 

„Warum soll ich dir helfen?" Mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet und ich überhörte sie ganz einfach. „Hast du ein Schlüssel?" Er schwenkte mit dem Schlüsselanhänger. „Gut, dann befreie ihn... bitte." Ich machte einen Schritt zurück, damit Mirko das Schloss aufmachen konnte – was er aber nicht tat. „Warum soll ich das machen?" wiederholte er sich. „Soll das ein Witz sein?! Öffne sofort dieses Schloss!" schrie ich ihn an. „Warum? Ich kenne die Person nicht mal."

„Ja, aber ich kenne sie und du bist mein Freund, oder?" fragte ich ihn. Ich erwartete, dass er Natürlich oder Klar sagen würde, doch stattdessen meinte er: „Du kannst froh sein, wenn ich dich nicht verpetze." Ich stand dann eine ganze Weile einfach so da und versuchte zu begreifen, was mit Mirko los war. „Du hast dich verändert." stellte ich fest. „Kann sein. Ich bin reifer geworden." Ich hätte ihm am liebsten eine reingehauen. „Wenn du mir nicht hilfst, haben wir uns nicht mehr zu sagen." stellte ich klar und begann wieder damit, Henry zu befreien. Doch Mirko ließ es nicht zu. Er nahm meine beiden Hände und schleppte mich aus dem Keller. Ich schrie aus Leibeskräften, wand mich, versuchte mich zu befreien, doch er war zu stark. Er schleppte mich nach draußen, wo ich endlich Ruhe gab, schließlich durften die Leute aus dem Schloss nichts von meinen Ausbrechungsversuch erfahren.

Ich sah den König an, der die Krone schon auf dem Kopf hatte und gerade eine Rede hielt, von der ich kein Wort verstand. Dann wurde angefangen zu Klatschen und der König verschwand nach drinnen. 

Mirko drehte sich zu mir um. „Der König hat dazu aufgerufen, dass er eine neue Frau braucht, weil ja seine Alte tot ist und alle Interessierten können sich bei ihm melden. Bist du interessiert?" berichtete Mirko. Ich schnaubte. „Das ist doch eine rhetorische Frage, oder?" Er lächelte mich an. Irgendwie war es seltsam mit ihm so zu reden, als wäre nichts passiert. Ich fühlte mich von ihm hintergangen. Freunde helfen sich doch gegenseitig. Klar, wir hatten uns in den letzten zehn Jahren nur ab und zu gesehen, aber trotzdem waren wir Freunde... Oder? 

Mirko zog mich wieder ins Schloss hinein zum Thronsaal. Dort hatte sich einiges geändert. Etwa zwanzig Stühle waren in zwei Reihen aufgestellt. Die Stühle standen so, dass man die Person aus der anderen Reihe direkt in die Augen blickte. Nur, dass sich jetzt keine Personen auf den Stühlen befanden. Mirko zerrte mich zur Wand hinüber, an der mehrere Bedienstete und Wachen standen. Wir standen gegenüber vom König, der auf seinem Thron saß, die Krone immer noch auf dem Kopf. Er sah aus dem Fenster, wandte den Blick aber nun zu uns. „Bist du fertig?"

„Ja, Meister." Erst jetzt bemerkte ich einen kleinen Jungen, der auf dem Boden hockte und etwas auf ein Blatt Papier schrieb. „Gut, gib es Shadow. Mirko, du begleitest ihn." Mirko verbeugte sich, ehe er mit Shadow den Raum verließ. Shadow hatte das Blatt, auf dem vor kurzem noch der Junge drauf geschrieben hatte, in der Hand. „Linus, du kannst gehen." 

„Ja, Meister." Der kleine Junge huschte aus dem Zimmer. Irgendwie war er ziemlich süß. Er war höchstens zehn Jahre alt, hatte dunkelbraune Haare und ein süßes Gesicht übersäht mit Sommersprossen. 

„Ihr habt eure Arbeit erledigt, ihr könnt auch gehen." Ich beobachtete, wie die Bediensteten und die Wachen ebenfalls den Saal verließen. Zögernd folgte ich ihnen. „Du bleibst hier." Sofort stellte ich mich wieder an die Wand.

Wir beide waren jetzt ganz alleine. Der Herrscher stand von seinem Thron auf und ging auf mich zu. Er blieb genau vor mir stehen. Ich versuchte Ruhe zu bewahren, obwohl ich keine Ahnung hatte, was er von mir wollte. Es war nicht gerade beruhigend, dass er an seinem Gurt ein Messer befestigt hatte. Ob Mikro mich verpetzt hatte? Wollte der König mich jetzt töten? 

„Du hast mir nich nicht meinen Kaffee gebracht. Er kommt leider nicht von alleine." Das war alles? Ich wollte gerade gehen um ihm seinen Kaffee zu holen, da zischte er: „Habe ich gesagt, dass du gehen darfst?" Ich schluckte. Was wollte er noch von mir? „Nein, Herr." antwortete ich und verbeugte mich sogar. „Stell dich wieder hier hin." Ich nickte und stellte mich wieder vor ihm hin. „Wie ist deine Beziehung zu Mirko?" Was? Was sollte diese Frage? Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. War Mirko immer noch mein Freund? „Unsere Eltern sind befreundet. Wir kennen uns schon seit unserer Geburt." antwortete ich dann. „Seid ihr zusammen?" Wie kam er denn darauf? Ich sah ihn nur fassungslos an. „Nein." Er sah mich nochmal forschend an, ehe er murmelte: „Ich bin mir sicher, dass er Gefühle dich hat." Ich sah ihn wütend an. Was ging ihm mein Liebesleben an?! „Tun Sie nicht so, als wüssten Sie, was Liebe ist." verlangte ich gereizt. „Ja, du hast Recht. Ich weiß nicht, was Liebe ist, aber er hat mir gestanden, dass er was für dich empfindet." Soll das ein Witz sein? „Warum sagen Sie sowas? Soll das witzig sein?!" 

„Ich meine es ernst." Ich schüttelte nur den Kopf. „Warum sollte er Ihnen sowas sagen?" hackte ich nach. Er lächelte verdächtig. „Weil er mich nicht anlügen darf." Ich glaubte ihm immer noch kein Wort. Dann ging ich, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Zum Glück hielt er mich nicht auf.

...

Am nächsten Tag war viel los. Ich begegnete meist nur weiblichen Geschöpfen, die ich alle nicht kannte. Ich wusste, was hier vorging. Der König hatte alle interessierten Mädchen, die seine Frau werden möchten, eingeladen. Bei all dem Trubel war es mir zu riskant wieder zu meinem Räuberbruder zu gehen. Also saß ich die ganze Zeit im Garten und beobachtete kichernde Mädchen. Plötzlich räusperte sich jemand. Direkt neben mir. Erschrocken sah ich hoch. Es war Shadows Freundin! „Was gibt es?"

„Du sollst zum König." Ich sah sie erwartungsvoll an, doch sie verriet mir nichts Weiteres. 

Als ich im Thronsaal ankam, bemerkte ich, dass die Stühle jetzt besetzt waren. Von zwanzig Mädchen, die ihrem gegenüber aufmerksam in die Augen guckten. Ich schlürfte zum König hinüber und verbeugte mich knapp vor ihm. Dann raunte er mir ins Ohr: „Du sollst mich beraten. Suche die zehn Besten aus." Was? Hatte ich das gerade richtig verstanden? Ich sah ihn nochmal sicherheitshalber an, doch er meinte es ernst. Ich raunte ihm zurück: „Für mich sehen alle gleich aus." Und das stimmte auch. Alle hatten ein blaues Kleid an, die blonden Haare elegant hochgesteckt, gleicher Schmuck, gleiche Schuhe. Nur die Gesichte sahen anders aus, doch so von Schminke zugekleistert, dass jede hässlich aussah.

„Das Problem habe ich doch auch." beichtete mir der König in normaler Lautstärke. „Vielleicht sollten Sie ihre Frau nicht nach dem Aussehen wählen, sondern nach ihrem Charakter." schlug ich vor. „Dafür habe ich keine Zeit. In spätestens fünf Tagen muss ich verheiratet sein." Das ist wirklich wenig Zeit. „Vor der Tür stehen noch hundert Andere." Er seufzte. Auf einmal hatte ich eine Idee. „Die Mädchen können doch einen Fragenbogen ausfüllen, wo zum Beispiel draufsteht, was für Hobbies sie haben, was ihr Lieblingsessen ist und so weiter. Vielleicht finden Sie so besser Ihre Traumfrau." Der König lächelte mich zufrieden an. „Perfekt. Sie sind dafür verantwortlich. Ich verlasse mich auf sie." Was?! Das wollte ich damit nicht erreichen. „Aber..." Mit einer Handbewegung brachte er mich zum Schweigen. Wütend auf mich selbst verließ ich den Raum. Warum war ich nur so gütig und wollte ihm helfen? Jetzt hatte ich den Salat. Ich konnte doch nicht mal Schreiben! Wie sollte ich solche Fragebögen entwerfen? Die einzige Lösung die ich hatte, war Mirko. Aber er war mit Shadow immer noch unterwegs... 

Genau in dem Moment knallte ein kleines Etwas gegen mich. Es war zwar klein, aber so schnell unterwegs, dass ich nach hinten taumelte. „Oh, tut mir leid." Es war der kleine Junge von gestern. Wie hieß er noch mal? Lukas? Ich war grottenschlecht im Namenmerken. Aber eins wusste ich noch. „Du kannst Schreiben, oder?" 

„J-ja. Ich bin der persönliche Schreiber von der Majestät." antwortete mir der kleine Junge. „Perfekt, ich habe einen Auftrag für dich von der Hoheit. Du sollst Fragebögen für die Frauen entwerfen."

„Wie? Was?" Er war schwer von Begriff. „Also, die Majestät sucht zurzeit eine neue Frau. Um sie besser kennenzulernen, dachte er sich, dass sie einen Fragebogen ausfüllen müssen."

„Das ist genial. Mein Meister ist einfach der Größte!" schwärmte der Knirps. „Ja, und du hast die wundervolle Aufgabe, diese Fragebogen zu erstellen." erinnerte ich ihn. „Was für Fragen soll ich aufschreiben?" Mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet. „Äh, zum Beispiel: Was tust du, wenn du Königin bist? Oder Was willst du in deinem Leben erreichen? Oder einfach auch Was ist deine Lieblingsfarbe?"

„Gut... Wie viele Fragen sollen es sein?" hackte er weiter nach. Erst jetzt bemerkte ich, dass er ein kleinen Zettel herausgeholt hatte, auf dem er alles aufschrieb. „Äh... Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Das überlasse ich dir."

„Sollen es auch solche Fragen sein, wie Wie alt bist du?

„Ja, ja. Mach was du willst." Ich hoffte einfach nur, dass er mit der Fragerei aufhörte. Zum Glück wurde ich erhört. „Gut, ich werde mir schon etwas einfallen lassen. Jetzt muss ich aber weiter, ich habe noch einen anderen Auftrag." verabschiedete er sich. „Mach die Bögen aber noch heute fertig!" rief ich ihm hinterher. Dann schlenderte ich gutgelaunt in mein Zimmer.

🌸

Der kleine Typ hatte zum Glück alles alleine gemacht und der König schien zufrieden zu sein. Ich stand im Thronsaal und beobachtete, wie die Frauen alles ausfüllten. Einige waren am heulen, da sie wahrscheinlich nicht schreiben oder lesen konnten und somit die Fragen nicht beantworten konnten. Die Anderen, etwa die Hälfte, füllten eifrig den Bogen aus. Als alle abgegeben hatten, auch die, die nichts aufgeschrieben hatten, kamen die nächsten rein und alles ging wieder von vorne los. Zwei Stunden lang. Nach etwa zehn Minuten hatte ich mich auf den Boden hingesetzt, auch wenn es mir eigentlich nicht gestattet war, aber der König hatte zum Glück nicht rumgenörgelt. Als alle ihr Papier ausgefüllt hatten, durfte ich dem König wieder seinen Kaffee bringen. 

Als ich wieder in den Saal kam war der König verschwunden. Ich lief hinauf in sein Büro, wo er an seinem Tisch saß und sich einen Zettel durchlas. 

„Du hast vergessen zu klopfen." begrüßte er mich. „V-verzeihung." Ich verbeugte mich kurz, ehe ich an seinen Tisch trat und den Kaffee abstellte. 

„Das mit den Fragebögen war eine großartige Idee gewesen. Die Hälfte hatte gar nichts hingeschrieben und einige haben vergessen ihre Namen draufzuschrieben. Wirklich ärgerlich, sich so eine Chance einfach entgehen zu lassen..." Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Ob ich überhaupt was sagen sollte. „Ich habe noch eine letzte Bitte an dich." Er hielt mir einen leeren Fragebogen entgegen. Oh nein, bitte nicht! „Füll ihn bitte jetzt aus, ja?" Er reichte mir noch einen Stift. „I-ich kann nicht schreiben." gab ich zu. Er betrachtete mich einen Moment, ehe er anfing zu lachen. War ja klar, dass er sich über so etwas lustig machte. „Jetzt verstehe ich auch, warum du Linus beauftragt hast. Gut, dann lese ich dir die Fragen vor und du beantwortest sie ehrlich, in Ordnung?" Bevor ich etwas erwidern konnte, riss er mir den Zettel aus der Hand. „Erste Frage: Wie alt bist du?" Ich zuckte mit den Schultern, was er aber nicht sah. „Deine Antwort." 

„Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie meinen Geburtstag gefeiert." Der König nahm den Blick vom Zettel und musterte mich eingehend. „Gut. Jetzt bist du 16. Hobbies?" Menschen ausrauben. „Ähm... ich singe gerne. Und ich mache gerne Erkundungstouren..."

„Singenund wandern..." murmelte er, während er es aufs Papier schrieb. „Wo siehst dudich in zehn Jahren?" lautete die nächste Frage. „Immer noch im Schloss." DerKönig zögerte, dann verlangte er: „Genauer." Ich seufzte, setzte mich auf denStuhl der vor dem Tisch stand und antwortete: „In zehn Jahren werde ich immernoch eine Bedienstete sein, aber hoffentlich verheiratet und zwei Kindern haben.Natürlich werden es mit der Zeit mehr." Eigentlich hoffte ich, in zehn Jahrenmit Henry verheiratet zu sein, zwei süße Kinder zu haben – ein Mädchen namensElisha und ein Junge namens Tobias. Natürlich werden wir nicht mehr hier sein,sondern in einem hübschen Haus leben, was Henry selbst gebaut hat, weitabgelegen von jeglicher Zivilisation. Bei diesem Gedanken musste ich lächeln. „Irgendwelchebesondere Fähigkeiten?" hackte die Hoheit weiter nach. Besondere Fähigkeiten... So dumm, wie es sich vielleicht anhört, aberich hatte keine. Ich würde nicht sagen, dass ich gut im Ausrauben war. Henrymusste mich eigentlich jedes Mal retten. Lesen oder Schreiben konnte ich auchnicht, geschweige denn Schwimmen. „Also...?" Er klang genervt. Warum auch immer.„Nichts. Ich habe keine besonderen Fähigkeiten."

Er stellte mir noch ein paar lästigeFragen, ehe ich gehen durfte.


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