Zum Frühstück gibt es ein paar frische Beeren, Regenwürmer und irgendwelche Insekten, von denen ich nicht einmal den Namen kenne. Oliver sammelt mit uns auch Grashüpfer, die, wie er sagt, sogar ganz gut schmecken können. Durch den Regen fällt es uns schwer, ein Feuer zu entfachen, bis Jackson es irgendwann aufgibt. Das Beste, was dabei herauskommt, ist eine tiefschwarze Rauchsäule. Ohne das Feuer können wir auch die Grashüpfer vergessen und Oliver wickelt sie in einen Stofffetzen ein, den die Waschbären erzeugt haben.

Heather und Carter geht es inzwischen wieder gut, bis auf ein paar Prellungen. Kim spürt noch immer die Folgen der Gehirnerschütterung.

Wir packen unsere Sachen zusammen und machen uns auf den Weiterweg.

„Wenn wir zügig und ohne Verzögerungen weiterlaufen, kommen wir in ungefähr zwei Tagen in Timmins an“, meint Max, der die Gegend ja anscheinend gut kennt. Ich hoffe, dass es schneller geht, weil mir mein Arm Sorgen macht und ich nichts lieber möchte, als einen Arzt, der sich darum kümmern kann. Ich nehme mir fest vor, Max zu fragen, wenn wir auf dem Weg sind.

Kim ist heute ausnahmsweise einmal still, sodass man sich fast Sorgen um sie machen müsste. Jayden und ich unterhalten uns die gesamte Zeit, weshalb ich beinahe vergesse, dass ich noch zu Max wollte. Wahrscheinlich ist er sowieso viel zu beschäftigt. Er streitet sich mit Jackson darüber, ob wir nicht die Seite des Flusses wechseln sollten, auf der wir laufen. Es dauert eine Weile, bis Max ihn davon überzeugt hat, dass der Weg auf der anderen Seite viel angenehmer zu laufen ist. Wir suchen uns also eine schmale Stelle des Flusses, an der wir umständlich hinüberklettern. Glücklicherweise werden wir kaum nass. Nachdem alle auf der anderen Seite sind, führen wir den Weg weiter.

Es ist genauso einschläfernd wie auf der anderen Seite, aber plötzlich werden wir durch einen lauten Knall unterbrochen. Ein Gewehr!, schießt es mir durch den Kopf. Die anderen vor uns bleiben stehen und es ist, als würde die gesamte Gruppe gemeinsam den Atem anhalten. Und ich glaube, dass wir alle dasselbe denken: Wir sind in ein Jagdgebiet geraten! Einerseits verspüre ich Angst, dass jemand von uns aus Versehen getroffen werden könnte. Und andererseits auch Hoffnung, dass wir anderen Menschen begegnen könnten, die uns nach Timmins bringen.

Wieder zerreißt ein Schuss die Stille, welche eingekehrt ist. Wir alle zucken zusammen. „Was sollen wir tun?“, schreit jemand panisch.

„Ruhig bleiben!“, ruft eine kalte, beherrschende Stimme. Es ist Max. Er hat eine angespannte Haltung, als würde er dem Geräusch lauschen.

Wieder hören wir hin, um herauszufinden, aus welcher Richtung das Geräusch kommt. Aber es ist verstummt. Wir warten zehn Minuten an ein und derselben Stelle. Doch nichts passiert.

Angespannt und irgendwie auch erleichtert gehen wir weiter. „Wenn hier Jäger in der Gegend sind, müssen auch Menschen in der Nähe wohnen.“ Ich zucke mit den Schultern. Ich muss an Max' Worte denken, als wir das mit den Waschbären hatten. Er ist sich sicher, dass hier keine Menschen in der Nähe sind. Ich weiß nicht, ob ich ihm glauben soll.

Das allgemeine Geplapper stellt sich wieder ein. Heather lässt sich immer weiter nach hinten fallen, wo Jayden und ich am Ende der Gruppe laufen. Ich beende unser Gespräch, um mich Heather zu widmen. Jayden beschließt, nach vorne zu Carter und Logan zu gehen und lässt Heather und mich allein zurück. Mir ist aufgefallen, dass Logan, seit dem Morgen, an dem er mir gestanden hat, dass er auf mich steht, viel stiller geworden ist und nicht mehr den Macho raushängen lässt. Mich treffen wieder die Schuldgefühle.

Wir laufen eine Weile schweigend nebeneinander und lassen uns ein wenig hinter die Gruppe fallen. Heather ist die ganze Zeit ungewöhnlich still. Normalerweise redet und lacht sie ununterbrochen. Doch heute sagt sie nichts. Ich schiebe das auf die Ereignisse in den letzten Stunden. Wir sind alle sehr müde und erschöpft.

WoodkissWhere stories live. Discover now