5 - Beichten und Brüder

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Nicht bearbeitet!  

Eine Stunde später lag Katinka zusammen gerollt auf dem Sofa und schlief.

Nachdem sie eingeschlafen ist hatte ich in der Wohnung nach einer Decke gesucht, um sie über das zierliche Mädchen auszubreiten. Ich hatte beschlossen hier zu bleiben bis ihr Bruder nach Hause kam. Ich wollte mich gerade zurücklehnen als ich hörte wie jemand die Tür aufschloss. Aufrecht hinsetzend sah ich zur Tür. Hinein kam eine große, breitschultrige Gestalt, die mir bekannt vorkam. Sehr bekannt sogar, als ich seine grauen Augen sah, die mich tagelang in meinem Schlaf verfolgten.

Aleksandr, dieser Typ vom Kampf. Er hatte mich gerettet und ich konnte ihm danken, womit ich mein Gewissen ein wenig bereinigen konnte.

Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und in meinem Unterleib fing es so komisch zu kribbeln an. Seine Nase war ein wenig schief und sein Dreitagebart entwickelte sich zu einem Vollbart. Die graue Mütze verdeckte einen Großteil seins dunklen Haares.

"Stalkst du mich etwa?", fragte er belustigt.

„Wie bitte?", fragte ich verwirrt.

"Also ist es Zufall, dass du dich alleine in meiner Wohnung befindest? Wie bist du hier überhaupt rein gekommen?", fragte er und verschränkte die Arme vor der beeindruckenden Brust.

"Es ist kein Zufall. Ich hab deine Schwester nach Hause gebracht. Ihr geht's nicht so gut und ich wollte sie nicht alleine lassen", erklärte ich.

Die Verspieltheit verschwand aus seinen Augen und seine Miene wurde ernst. "Wo ist sie?"

"Sie liegt hier", sagte ich und zeigte neben mich. "Da du ja jetzt hier bist, kann ich nach Hause gehen."

"Warte, wie bist du her gekommen?", fragte er nachdem er seiner Schwester über die Haare gestrichen hatte. Ich fühlte ein Stich in meinem Herzen, weil ich wusste, dass ich niemanden hatte, der mich so behandelte.

"Ich bin mit Katinkas Auto her gefahren", sagte ich als ich an der Tür stand.

"Ich fahre dich nach Hause", sagte er nachdem er aus dem Fenster geblickt hatte. Es regnete mittlerweile in Strömen, aber ich hatte keine Angst vor dem Regen. Ich liebte ihn. Ich fühlte mich frei und ich wusste, dass niemand meine Tränen sehen konnte.

"Nicht nötig", sagte ich knapp.

"Es regnet in Strömen, willst du etwa zu Fuß nach Hause gehen?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Wieso nicht? Ich bin nicht aus Zucker, ich werde auf dem Weg nach Hause schon nicht schmelzen. Außerdem gibt es hier sicher einen Bus, der mich nach Hause bringen kann."

Er schenkte mir ein leichtes Lächeln. "Dann werde ich mit dir gehen und dafür sorgen, dass du nicht schmilzt."

"Ich glaube, das wäre keine so gute Idee", meinte ich mit einem Blick in Katinkas Richtung. "Es wäre besser, wenn sie nicht alleine wäre, wenn sie wieder auf wacht."

"Dann lass mich dich nach Hause fahren", bot er an und kam langsam auf mich zu.

"Wie schon gesagt, das ist nicht nötig."

"Du hast zwei Möglichkeiten. Entweder du lässt dich von mir nach Haus fahren und ich bin wieder zu Hause, bevor meine kleine Schwester aufsteht oder ich geh mit dir zu Fuß mit und bin nicht rechtzeitig da", verkündete er und verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust.

Ich seufzte und sah auf Katinkas schlafende Gestalt hinunter, die immer noch zusammengerollt auf dem Sofa lag und gleichmäßig atmete. Ich wollte nicht, dass sie alleine war, wenn sie wieder aufwachte. Sie würde Angst haben und würde sich alleine fühlen, sie würde ihren Bruder brauchen, der ihr Geborgenheit und Sicherheit versprach. "Na gut."

Er grinste mich breit an und hielt mir die Wohnungstür auf.

"Was ist passiert?", fragte er als wir im Wagen saßen. Ich sah ihn fragend an. "Mit meiner Schwester. Was ist passiert, dass meine Schwester sich schlecht fühlt."

"Das soll sie dir selbst sagen. Es ist nicht meine Aufgabe aus dem Nähkästchen zu plaudern", sagte ich und zuckte mit den Schultern. Er nahm es mit einem Nicken zur Kenntnis.

"Woher kennt ihr euch?"

"Wir gehen auf das gleiche College."

„Wieso hat Blake dich letzte Woche angegriffen?" Das war ja mal ein plötzlicher Themenwechsel.

„Weil es ihm nicht gefallen hat, dass ich gewonnen habe. Danke übrigens."

„Kein Problem, würde ich immer wieder machen. Wie-„

Hör mal, wir müssen keinen Smalltalk führen. Es ist ja nicht so, als ob wir uns bald wieder sehen werden. Das heute war eine Ausnahme und wird nicht wieder vorkommen", unterbrach ich ihn barsch.

"Was spricht dagegen, wenn ich dich kennen lernen will?"

"Du musst und wirst mich nicht kennen lernen", sagte ich harsch.

"Wieso nicht?"

"Weil es so besser ist", sagte ich und der Rest der Fahrt verlief schweigend. Ich brauchte Nichts und Niemanden, der mich an mein altes Leben erinnerte und dieser Typ war genau das. Eine Erinnerung an mein altes Leben.

"Danke", sagte ich knapp nachdem wir angekommen waren und stieg aus. „Ich nehme an, dass wir hiermit quitt sind."

Er wartete draußen bis ich im Gebäude verschwunden war und es kostete mich übermenschliche Kraft mich nicht einfach umzudrehen und noch einen letzten Blick auf sein dunkles, attraktives Gesicht zu werfen.



Mit zittrigen Fingern griff ich in der Schublade nach dem gelben Kuvert. Ich wollte wissen, wie viel Geld sich in dem Umschlag befand.

Tief durchatmend riss ich den oberen Teil weg und drehte den Umschlag um, sodass der Inhalt auf mein Bett fiel.

Unglaublich. Auf meinem Bett befanden sich fünf dicke Rollen Geld, die mit einem Gummiband zusammengehalten wurden.

Zehn Minuten hatte ich für das Zählen benötigt und ich war mir fast sicher, dass ich mich verzählt hatte. Obwohl ich drei Mal gezählt hatte, war ich mir sicher, dass ich falsch lag.

Bei einem Stück Lasagne und einem Glas Wasser dachte ich nach und versuchte herauszufinden, ob ich mir das alles eingebildet hatte.

Nie im Leben befanden sich in dem Umschlag vierzigtausend Dollar. Niemals.

Lachend ließ ich die Gabel auf meinen Teller fallen und betrachtete ungläubig die grünen Scheine. Meine Kosten für das College konnte ich abbezahlen, meine Miete und Essen. Ich musste mir für einen gewissen Zeitraum keine Sorgen darum machen, wie ich an Geld kommen konnte.

Mein Lachen wurde schnell zum Schluchzen, als ich realisierte, dass ich glücklich war. Heute Nach würde ich gut schlafen.



Alex & Ich [Leseprobe]Där berättelser lever. Upptäck nu