„Bist du denn durch mit deinen Schulsachen? Ich hoffe, du hast dich nochmal mit Mathe auseinandergesetzt."

Ich weiß nicht genau, was mich mit einem Mal so auf die Palme bringt. Moms Lehrerblick, der Gedanke an die zig durchgestrichenen Blätter oben in meinem Zimmer oder dass ich einfach nur meine Ruhe und Freiheit haben will. Aber die Wut wallt in mir hoch, bevor ich es bemerken oder etwas dagegen tun kann.

„Mom! Es ist Sonntag, gönn' mir doch zumindest etwas Zeit mit meinen Freunden. Und wenn ich durch Mathe durchfalle, ist doch auch egal! Wer braucht schon diesen Scheiß? Im Notfall wandere ich einfach wie Dad aus und lebe in einer kleinen Hütte direkt am Strand, während ich mich von Kokosnüssen und Liebe ernähre."

Ich sehe wie Mom zusammenzuckt, weiß, dass mein letzter Kommentar nicht fair war. Eher, als würde ich in einer offenen Wunde herumstochern. Aber es ist mir egal. Ich schlüpfe einfach in meine Schuhe und schmeiße die Haustür hinter mir zu.

Wieso muss sie alles kontrollieren wollen? Mom beschwert sich doch immer, zu wenig Zeit für sich zu haben. Dann soll sie sich einfach nicht mehr in meine Angelegenheiten einmischen! Reicht ja wohl, dass ich ständig für die Familie koche, wasche und was sonst noch alles anfällt. Es ist wie Noah es gesagt hat: Wer eigenverantwortlich ist, darf auch machen was er will. Und ich will einen Eiskaffee mit meiner besten Freundin trinken.

Als ich an der Bushaltestelle angekommen bin, ziert meine Stirn noch immer tiefe Falten, so grimmig schaue ich. Über meine Kopfhörer Linkin Park anzumachen, hilft dabei auch nicht unbedingt. Aber es ist verdammt befriedigend jeden einfach zu Boden zu starren, der meint,, mich schief anschauen zu müssen.

Erst als ich vor Evas Haus stehe, zwinge ich mich, tief durchzuatmen und schüttle einmal meine Hände aus, um die Anspannung loszuwerden. Sie wird mir trotzdem direkt ansehen, dass etwas nicht stimmt, aber ich bemühe mich um ein sorgloses Lächeln, als sie auf meine Nachricht hin herauskommt. In ihrem luftigen Sommerkleid, der großen Sonnenbrille auf der Nase und ihren honigblonden Locken sieht sie wie einem Film entsprungen aus. Und ich neben ihr wahrscheinlich wie die miesmuffelige beste Freundin. Was ich wohl auch irgendwie bin.

Durch den Gedanken kommt das Lächeln auf meinem Gesicht ins Wanken und Eva, die wie ein Sonnenschein strahlt, runzelt besorgt die Stirn.

„Was ist los, May?"

Ich habe gar keine Zeit für eine Antwort, da liegt mir Eva auch schon um den Hals und bringt mich mit ihrer Überschwinglichkeit zum Lachen. Das ist Evas besondere Fähigkeit: Egal, wie es mir geht, eine Minute mit ihr und ich kann nicht anders als Lächeln.

„Alles gut, einfach etwas... genervt gewesen."

Eva lässt mich los und nachdem sie mich eine Sekunde kritisch mustert, beschließt sie, mir meine Ausrede abzunehmen. „Das schreit nach doppelt Sahne auf dem Eiskaffee. Komm mit! Ich brauche meine tägliche Dosis Zucker."

Lachend lasse ich mich an der Hand mitziehen, obwohl ich den Weg zu unserem Stamm-Eiscafé durchaus selbst kenne. Jeden Sommer verschlägt es uns dort hin, ungeachtet der steigenden Preise.

„Von deinem gestrigen Elend scheinst du dich ja gut erholt zu haben."

Als Eva stöhnend den Kopf in den Nacken legt, grinse ich etwas schadenfroh.

„Gott, erinnere mich nicht daran. Weißt du, wie schwer es war, mich vor meinen Eltern normal zu verhalten? Dabei hab ich es am Essenstisch kaum ein paar Minuten ausgehalten, ohne dass mir speiübel wurde."

„Selbst Schuld, kleine Suffnase."

Evas herausgestreckte Zunge kontere ich mit einem weiteren Grinsen, als wir um die letzte Ecke biegen und uns auf dem kleinen Marktplatz den letzten Platz unter einem Sonnenschirm schnappen. Die Eiskarten liegen bereits auf dem Tisch, aber ich muss gar nicht reinschauen, um zu wissen was ich will. Wir bestellen schon seit Jahren das Gleiche. Umso auffälliger ist es, als Eva beginnt an der Karte herumzunesteln.

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